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Geschichtsphilosophie

Die wissenschaftlichen Theorien über die Geschichte der menschlichen Gesellschaft sowie deren philosophische Analysen werden hier in zwei Schemata dargestellt: Innerhalb der weltanschaulichen Modellierung als die vier Eckpunkte „Natur“, „gesellschaftliche und individuelle Subjektivität“ und „objektiver Geist“. Sodann werden diese vier Entwicklungsphasen darüber hinaus als „I,E,N,G-Modell“ analysiert.

 

Erste geschichtsphilosophische Konzeptionen suchen die Einflüsse der Natur auf den Menschen, der Kämpfe des Einzelnen mit Kollektiven- wie beispielsweise mit der Familie und dem Staat – als fassbaren Kern von Geschichtlichkeit zu verstehen.

Die zugleich dabei herrschende Vorstellung vom schicksalhaften Walten Gottes oder – wie Polybios meint – ein sich in den geschichtlichen Vorgängen durchsetzendes teleologisches Weltprinzip – was beides als Konkretisierung des „objektiven Geistes“ anzusehen ist – wird bei Thukydides abgelöst. Die menschliche Subjektivität ist nun der Träger von Geschichte. Wesentliche Erkenntnis aus diesem Fortschritt ist, wenn der Mensch seine Geschichte selbst macht, kann diese nicht ständige Wiederholung sein, wenn er das nicht will.

Der geschichtsphilosophische Charakter dieses fortschreitenden Prozesses wird bereits als I-Konfiguration erahnbar. Als Willensakte und Interessen – zum Beispiel als Kampf zwischen „dunklen und hellen Mächten“ – und als fortschreitender Prozess, der mit dem Ziel höherentwickelter Phasen verbunden ist.

Auch gesellschaftliche Interessenkonflikte, die nach und nach im geschichtlichen Ablauf in systematischen Geschichtskonzeptionen deutlicher werden – so zuerst als Kampf zwischen „Arm“ und „Reich“ und schließlich zwischen unterscheidbaren ökonomischen, politischen und kulturellen Interessen-Konstellationen – gibt es schon früh. Oft verstanden als die – zum Teil sozialkritische – Sicht auf Geschichte als Prozess in Richtung auf ein „Goldenes Zeitalter“ oder auf eine in der Zukunft zu realisierende ideale Gesellschaft.

Wir interpretieren derartige „Utopien“ als eine Vorwegnahme der „unendlichen I-Sphäre“, einer historischen und gesellschaftlichen Lage, in welcher der Entwicklungsstand der E- Varianten es nicht nur zulässt, dass die individuellen Wunschvorstellungen ( I ) tendenziell unbegrenzt zunehmen, sondern es genau darauf ankommt, dass das geschieht, weil nur so das Gleichgewicht I/E als gesellschaftliche „Praxis“ erhalten werden kann.

Zum theoretischen Kern gehört hier, dass es normalerweise immer wieder zu solcher individueller und kollektiver Leistung kommt, bei der die radikale Trennung der I von der konkreten E-Situation gelingt. – zum Beispiel als individuelle Wunschvorstellungen. Einer derartigen Leistung steht jedoch die Notwendigkeit entgegen, die I stets mit den zur Verfügung stehenden „Mitteln“ ( E ) abzugleichen, ein I/E – Gleichgewicht zu bilden.

Am europäischen Mittelalter wird besonders deutlich, dass der eine Gesichtspunkt, die E-Seite in ihrer Entwicklung – besonders bei Augustinus und Thomas von Aquin – als Zentrum der Geschichtsdynamik dargestellt wird, und zwar in Entwicklungstheorien, die sich die Annäherung an Gott ( G ) und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott zum Ziel gesetzt haben.

Eine moderne Metaphysik kann in der philosophisch-idealen Idee „Gott“ die radikale E-Abstraktion und E-Konzentration sehen. Dieser „konservativen“ E-Betonung ist die „progressive“ Seite, welche eher die I-Entfaltung im Blick hat und den Überfluss an Zielsetzungen vertritt, zur Ergänzung zur Seite zu stellen.

Bis heute werden weiterhin ähnliche Varianten von E- und I- Strukturen geschichtsphilosophisch vertreten. Die E-Seite bemüht sich dabei meist um eine „rationale“ Erklärung geschichtlicher Zusammenhänge und Ereignisse. Sie stützt ihre Erklärungsversuche auf E-Phasen wie solche geographisch-naturalistischer Art, oder die „Natur des Menschen“ oder eine „naturgemäße“ gesellschaftliche Ordnung. In der Marxschen Lehre hat die Hervorhebung der E-Seite als Basis von Geschichte ihren Höhepunkt. Dort werden aber die E , zum Beispiel die materiale Natur, die Vergesellschaftung und das menschliche Subjekt in einem Gesamtprozess geschichtlicher Entwicklung vereint, der zugleich Ursache wie Ziel der Geschichte ist; mithin wird sich bemüht, E mit I zu vereinen.

Stützen sich die geschichtsphilosophischen Hypothesen zum angenommenen Geschichtsverlauf nur auf die E-Entwicklung oder allein auf die I-Seite, dann muss das als einseitig gelten. Erst das Zusammenspiel I/E führt zur wirklichen Aufhebung des Gegensatzes von der Erinnerung und dem bloßen Gerede über das, was war und dem, das kommt und kommen soll, und das geschieht durch die aktive Gestaltung mittels I auf der Grundlage alles bisher Gewordenen, also auf dem  E als dem kulturellen Bestand, dem gesellschaftlichen Wissen, den technologischen und ökonomischen Mittelvorrat..

Die Idee des notwendigen geschichtlichen Fortschritts durchzieht fast alle Theorien zur Geschichtlichkeit. Einerseits ist kaum zu bestreiten, dass der geschichtliche Prozess vom praktischen materiellen Leben der Gesellschaft und dem Wissen darüber, auch als sozialtheoretisches Denken zum Beispiel, bestimmt wird. Andererseits aber bedeutet eine Fesselung an die materiellen Verhältnisse, an „naturgemäße Vernunft“, rationale Ordnungen, also an den E-Bereich, aber auch eine Beschränkung.

In theoretischer wie in praktischer Hinsicht ist es daher für die geschichtstheoretische Analyse eine Notwendigkeit, das Wechselwirkungsgeflecht der E-Seite mit der I-Seite zu sehen. Das heißt beispielsweise, dass das technologische, ökonomische und gesellschaftliche Sein die Geschichte solange objektiv determiniert als diese noch vorbürgerliche und „kapitalistisch-bürgerliche“ Geschichte ist. Weil die Ziele dieser Gesellschaftsformationen ( Ig ) darin bestanden, den E – Vorrat – zum Beispiel Landbesitz, Besitz an Wissen, Eigentum an Geld, an Kapital oder an Konsumgütern – zu maximieren Das „objektive“ Ziel der bürgerlichen und auch der sich als nicht-bürgerlich verstehenden Leistungsgesellschaften ist nicht nur die Maximierung der E in allen Bereichen, sondern sogar der Versuch, die E zu einem Abschluss, zu einer Vollendung zu bringen. Ob es in der geschichtlichen Abfolge jedoch zur Befreiung von diesen Fesselungen durch die E , die Techniken, die gesellschaftlichen Strukturen und traditionellen Normen kommen kann, wenn weiterreichende I als neue Normen und gesellschaftliche Zielsetzungen erzeugt werden?

Dabei erübrigt sich auch der alte Gegensatz von Geschichte als finalem Prozess und die strikte Ablehnung einer derartigen Idee. An deren Stelle tritt die Zweiteilung in asymptotische Annäherung an einen E-Endphasenbereich und die parallel dazu sich schrittweise entfaltende I-Sphäre als konkrete Erweiterung jeder begrenzten Zielsetzung..

Für mich geht es darum, zu zeigen, dass „Geschichte“ vor allem darin besteht, wie sich die I-Seite von der sie bestimmenden E-Seite nach und nach löst. Der technologisch-ökonomische Entwicklungsgrad ( E ) gestattet es den Menschen heute in höherem Maße als je zuvor, die Geschichte nach eigenen individuellen und kollektiven Zielvorstellungen zu beeinflussen und praktisch zu gestalten.

Mit den allgemeinen Freiheiten aus der Entwicklung wachsen stets auch Chancen für die Entstehung und Praktizierung von Zielsetzungen, welche nicht unmittelbar von den ökonomischen und technischen Strukturen getragen werden und mit gesellschaftlichen Lebensprozessen notwendig verbunden sind. Auf die Eröffnung immer neuer geschichtlicher Chancen durch eben diese Abläufe, ist die Weltgesellschaft angewiesen.

In eher formaler wissenschaftlicher und geschichtsphilosophischer Theorie bedeutet das, die Zukunft wird so gestaltbar wie die Vergangenheit interpretiert wurde und die Gegenwart analysiert wird, nämlich als Resultat von Veränderungen, deren Ziele ( I ) sich eng auf die vorhandenen E beziehen und die als Erzeugnis jener E gelten können, welche in ihren Grundzügen und Möglichkeiten in einem objektiven Determinierungszusammenhang stehen. Als Konglomerat von abstrakten, „utopischen“ I -Konstruktionen einer idealen Gesellschaft, wie auch von Zielsetzungen im praktischen Nahbereich.

Für die methodologische Seite gilt diese zweifache Verursachung gleichfalls. Die bewusste praktische Gestaltung der geschichtlichen Zukunft – mit G-Methoden – und zugleich die freien ungeplanten Abläufe jenseits jeder theoretischen Vorhersage, rationalen Gesetzmäßigkeit und Erklärung – wobei N/G-Methoden wichtig sind.

Daraus aber zu schließen, alles geschichtliche Geschehen sei sinnlos oder begrenzt, ist unrichtig. Gerade aus der Widersprüchlichkeit beider wird nahezu unbegrenzt Zukunft möglich.

4.4.2.1      Geistesgeschichte

Auch die „Geistesgeschichte“ soll in der I- ;E- und N-G -, N/G – Systematik dargestellt werden. Dabei gilt weiterhin das Entwicklungsmodell, das man als Formel so zeigen kann: „ I wird über N-G und N/G zu E ; und E wird mit Hilfe von N, G zu I´ und so unbegrenzt weiter“.

Zur Geistesgeschichte gehört die Kultur-, Wissenschafts-, Philosophie-Geschichte

 Einmal wird dabei E , dann wieder I , mal I/E – in der Kunst- und Kulturgeschichte – und mal E – I – in der Wissensschaftsgeschichte – betont.

Wie kann „Geist“ als I und E dargestellt werden? Die reichlich genutzten Abwandlungen des Begriffes „Geist“ versuche ich als Wechselbeziehung zwischen je vorhandenem „Wissen“ ( E ) und emotionalen Strukturen, vor allem der individuellen und gesellschaftlichen Willensbildung ( I ) zu verstehen. Diese Beschreibung der I/E-Relation ist nur eine Annäherung an die Relation, in welcher die gesamte E-Entwicklung mit der I-Entfaltung in Beziehung steht.

Geist ist wie die „Materie“ sowohl durch I , E als auch durch N,G zu fassen. Nur so und wegen dieser Gemeinsamkeit von Geist und Materie ist der Entwicklungs-Übergang zwischen Materie und Geist denkbar. Deshalb spielt in der Geistesgeschichte sowohl die Erklärung eine Rolle, welche die autonome rationale Selbstdarstellung des Geistigen bevorzugt wie auch jene Erklärung, die die konkrete Abhängigkeit des Geistigen von „materiellen Bedingungen“, wie zum Beispiel von den Technologien und den Produktionsverhältnissen im Blickfeld hat.

Zur hinreichenden Erfassung geistesgeschichtlicher Abläufe gehört gleicherweise „die allgemeine Entwicklung“ in der von uns konstatierten Art. Erst aus ihr ergeben sich die zwei hier genutzten Unterscheidungen, die von Geist und Materie. Deren Antinomie ist aber auch – wie Hegel und andere es sahen – der Antrieb der Entwicklung und also der Geschichte des Geistes. Geistesgeschichte ist in unserem Abstraktionsverfahren das antagonistische Zusammenspiel beider Seiten, in deren Verlauf sich sowohl die E von den I trennen ( I – E ) als auch und zugleich I und E sich immer enger aufeinander beziehen lassen ( I/E ).

Im kultur- und kunstgeschichtlichen Teil der Geistesgeschichte haben die freien I tragende philosophische Funktion, während in der Geschichte der Wissenschaften die Trennung der E von den I Erklärungsstärke zeigt. Die freien I bilden die Möglichkeit unbegrenzter Kreativität und die E-Betonung ist die Identifikation von Begriff und Begriffenem, wie sie vornehmlich in den Wissenschaften Bedeutung hat.

Manchmal wird geleugnet, dass es jeweils eine Geschichte der Einzelbereiche – des Rechts, der Geschichte, Ökonomie, der Malerei oder der Literatur, der Wissenschaften und der freien Phantasien – gibt. Das kann ich in einer Hinsicht bestätigen, nämlich dann, wenn man statt von einer sektoralen Selbstständigkeit der historischen Entwicklung allein auszugehen, die gemeinsamen und transitorischen Strukturen hervorhebt. Es kann weder darum gehen eine jegliche spezifische Geschichtlichkeit noch die allgemeine Entwicklung zu leugnen.

Allgemeiner gesagt, das Werden der Gesamtgesellschaft und das Werden dieser und jener Teilbereiche stehen in einem komplizierten Zusammenhang. Die Differenzierungen und Verbindungen stützen sich auf die Tatsache, dass sich durch die „allgemeine Entwicklung“ die E-Strukturen und die I -Funktionen sowohl verändern als auch dass sie beibehalten werden; und zwar unterscheidbar. bei allen selbständigen inhaltlichen E und I , also in allen Bereichen des Geisteswissenschaftlichen.

Diese Lage kann konkreter gefasst werden. In jenen Bereichen, in denen die E-Entwicklung überwiegt – meist in den „exakten“ Wissenschaften – ist der Fortschritt evident. Dessen Entstehung aus dem internen Sachzusammenhang. ist etwas anderes als die „historische“ Entwicklung. Das „Ziel“ ( I ) ist dort die Erstellung des jeweiligen “Werkes“ oder Denkgebildes ( E ) So ist beispielsweise die Lösung eines mathematischen Projektes nur sekundär an den historischen Zeitablauf mit allen seinen kulturellen Konkretisierungen gebunden. Auf solche Differenzierungen kommt es in diesen epistemologischen Überlegungen an. Man muss aber hier ergänzen, beide Abläufe, der sachliche und der historische, sind lediglich Aspekte der „allgemeinen Entwicklung“.

Die historische Entwicklung ist die Fortsetzung der Naturgeschichte. In der Naturgeschichte werden in „objektiver Weise“ Ziele angestrebt, wie die Entstehung des Lebens oder die Menschwerdung aus dem Biologischen. Das Ziel des je spezifischen Entstehungsablaufs – wie zum Beispiel die Lösung einer mathematischen Gleichung – liegt zwischen den I der objektiven Naturentwicklungen und den relativ frei wählbaren Zielen der Kulturbereiche. Als Kulturgeschichte geht es dann um Zielsetzungen, die deshalb „freier“ sind, weil die I von den E nicht mehr derart stringent beeinflusst werden wie das in Naturabläufen der Fall ist. Die Geistesgeschichte ist jedoch nicht nur die des allgemeinen und freien Geistigen oder das Arbeiten an der sachgebundenen Konstruktion, sondern beides.

Das Zusammenspiel der E mit den I erweist sich hier wieder als das von beiden Größen errichtete unendliche Übergangsfeld, auf welchem viele endliche Lösungen möglich sind, wie die absolute Trennung und Verselbstständigung von E und I oder die totale Einheit beider; aber eben auch alle endlichen Zwischenlagen. So nehmen zum Beispiel viele erarbeitete und gesellschaftlich anerkannte Werke und Erkenntnisse ausschließlich den E-Charakter an und widerstehen als gewordenes Wissen, isoliert und vollendet, damit aller weiteren Entwicklung; so etwa architektonische und literarische Werke.

Auch für nicht wenige Schöpfungen der Mathematik und der Technik ist die geistesgeschichtliche Entwicklung mit der Gewinnung einer gewissen E –Vollendung abgeschlossen..

Schließlich gibt es zum anderen Werke – es sind jene, bei denen die I – Funktionen eine größere Rolle spielen – die sich mit jeder historischen Epoche und jeder gesellschaftlichen und individuellen Umgebung verändern lassen, die angepasst oder neu interpretiert werden können.. Des weiteren gibt es Bereiche wie die der Politik und der Ökonomie, die sowohl eine relative Autonomie – mit der Tendenz zur Verselbstständigung und zur „Verdinglichung“ ( E ) – haben, wie sie gleichfalls durch die Eigenschaft konkurrierender und neuer I beeinflusst werden können..

Die Entwicklung hängt davon ab, inwieweit die I Spielräume haben, das heißt, wieweit sie von den E getrennt sind oder trennbar sind. Was auf der anderen Seite bedeutet, dass die E ihrerseits durch eine derartige Trennung isoliert und dadurch historisch unveränderlich werden.

Diese Situationen hängen auf der von uns vorgegebenen philosophischen Ebene eng zusammen. Es sind I/E -Gebilde, deren Beweglichkeit durch ihren Anteil an E oder an I quantitativ bestimmt wird. Man kann das auch parallel auf der methodischen Ebene sehen, in jedem dieser Teilbereiche wirken G und N/G ; die G-Methoden bewirken Selbstbezug und die N/G-Methoden nehmen Verbindung zu allem Anderen auf, die N/G-Methoden sind immer auch eine Form der Weltauslotung. Beides bestimmt damit die Richtung der Entwicklung, der Geschichte der geistigen Strukturen .

Die Möglichkeit zur Erkenntnis ist unbestritten, gleichgültig ob die Werke der geistigen Arbeit nur im Zusammenhang ihrer Zeit darzustellen sind, oder ob sie vielmehr in jeder historischen Zeit in dem Maße zu erkennen und zu verstehen sind, in welchem eine Verbindung zwischen dem was gewesen ist und dem was heute ist besteht, und genau diese Eigenschaft hat die „allgemeine“Entwicklung, die die E-Seiten aller historischen Phasen durch die Übergangsmechanismen dicht verknüpft. Dazu verbindet sich die damalige I- Seite der geistigen oder künstlerischen Werke mit den heutigen Zielsetzungen auf Grund der spezifischen I-Sphären-Struktur, welche grundsätzlich keine Abgrenzungen zwischen den I zulässt.

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Selbstverständlich können die Inhalte der E und der I in der jeweiligen historischen Zeit verschiedene sein, es geht ja bei der E-Entwicklung stets auch um Veränderungen, und bei der I-Entfaltung entstehen historisch zwar nicht grundsätzlich neue I , es werden jedoch von den neuen E möglicherweise andere I hervorgehoben als die der Entstehenszeit der kulturellen Werke.

Insgesamt gehe ich davon aus, dass das E-Niveau und die I-Weite in qualitativem und quantitativem Sinne ständig umfassender werden. So ist der Wissensstand ( E ) nicht nur eines Wissenschaftlers heute zum Beispiel höher denn je, und die Chancen erweiterter Interessenbildung ( I ) aller Menschen sind ebenfalls größer als in allen historischen Zeiten zuvor.

Die Entstehung des Geistigen aus dem Materiellen – und umgekehrt – und besonders der Übergang vom subjektiven zum objektiven Geist, sowie die Entstehung des Geistigen in der menschlichen und gesellschaftlichen Subjektivität und schließlich auch die innergeistige Anordnung im objektiven Geist, das alles geschieht nach dem formalen Mechanismus der „allgemeinen Entwicklung“ – mit der Abnahme der S-Funktionen und der Trennung in E und I .

Auch in einer zeitgenössischen philosophischen Version ist die Beziehung von Materie und Geist immer noch entscheidend. Zumal angesichts der ungelösten Gehirnfunktionalität sowie der Erkenntnisse in der Quantenphysik, die als eine Annäherung der Naturgesetzlichkeit an das geistige Geschehen gesehen werden können.

An Stelle einer möglicherweise verabsolutierten Geistesgeschichte setzen wir auch hier den Gedanken der „Entwicklung“. Mit deren Hilfe wird sowohl die begriffliche Erfassung dessen, was Natur meint, als auch die Einbeziehung des subjektiven und des objektiven Geistes in eine umfassendere Diskussion möglich. Letztlich ist es der „große Kreisschluss“ um den es hier geht. „Von unten“, das heißt in der Entwicklung hängt Materielles und Geistiges „mehr oder weniger“ eng zusammen. „Von oben“ her, also aus der Sicht des objektiven Geistes, wird alles beispielsweise als „Identisches“ ( E ) wahrgenommen.

Die allgemeinen wissenschaftlichen und philosophischen Aussagen über das, was „Geist“ ist, kann man in wenigen systematischen Projekten erfassen. Zum Beispiel in der Dynamik der Entwicklung, in der der Geist in seiner einfachsten Form als „Abstrahierungsverlauf“ definiert wird. Genauer wurde das im Übergang von der Erzeugung des subjektiv-menschlichen Geistes zum objektiven Geist – als „absoluter Geist“ vor allem von Hegel – dargestellt. Die Unendlichkeit des Übergangsfeldes bringt es mit sich, dass dieser entscheidende Entwicklungsschritt oft und meist unterschiedlich geschildert wird, so beispielsweise als das Zusammenwirken von menschlicher, weltimmanenter Geistdimension und dem „spirituellem“ Geist.

Unter der unbegrenzten Anzahl möglicher Verendlichungen wird auf diesem Unendlichkeitsfeld wichtig, dass sich Formen dort finden, die „weniger“ als der menschliche Geist sind und solche die „mehr“ als dieser sind. Das erscheint in der Einwendung Gadamers gegen eine einseitig subjektivistische Erklärung des objektiven Geistes, wenn man – wie Dilthey es tut – das Verstehensmuster zum objektiven Geist dem menschlichen Individuum entlehnt, oder darin, wenn Autoren sich am herkömmlichen naturwissenschaftlichen Methodenparadigma orientieren; das heißt, allein an „N-G, E“ festhalten.

Was alternativ bleibt als eine erweiterte Hermeneutik zu umschreiben, wie sie auch in Heideggers Analyse des Verstehens als Selbstauslegung des Daseins in seiner Geschichtlichkeit versucht wird, ist nichts anderes als die Aufzählung philosophischer Projekte –„Verstehen“, „Selbstauslegung“, „Dasein“, „Geschichtlichkeit“– das jedes für sich weiter zu analysieren ist. Sie alle vereinen und führen zu E, I, I/E und N/G ; während der Versuch Hegels in gleicher Angelegenheit N/G in den Vordergrund stellt.

Diese Analyse als „I/E und N/G“ etc. hat in allen wissenschaftlichen Bereichen ihre Konkretisierungsstufen, von denen her jene Verallgemeinerung der Hermeneutik immer wieder aufs Neue entwickelt werden kann. So vertrat Dilthey zum Beispiel diese Basierung fast ganz im Konkret-Psychologischen. Und wenn es in der Geschichte der philologischen Wissenschaften um die Auseinandersetzung geht, ob man die „wissenschaftliche Philologie“ strikt von der „ideologischen Philologie“ trennen kann, so geht es um nichts anderes als um die Trennung der E-Seite von der I-Seite. In anderen Ansätzen wiederum nähert man sich der Ergänzung der E-und G -Seite durch die I-Seite.

Die Betonung der E-Seite in der Geschichte des „Geistes“ war auch stets verbunden mit erweiterter Perspektivität, wie etwa die Hervorhebung der Wichtigkeit des Überkommenen. Solche „Traditionsbewusstheit“, welche das historisch und gesellschaftlich Erarbeitete bewahren will, hat in der Überhöhung der philosophischen E- Seite durchaus ihre Berechtigung. Es kann allerdings zur Illusion und zur reduzierten Ideologie werden, wenn die Grenzen der E-Betonung unreflektiert bleiben.

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Scheinbar eigenständige Fassungen des Geistes sind in anderen philosophischen Ansätzen zur Beschreibung des Geistes und dessen Veränderung angedeutet worden. So wurde beispielsweise der Geist als Schöpferkraft, der das Ganze dynamisch erzeugt und selbst wandelbar in seiner gleichzeitigen Einheitlichkeit, Elementarität und Totalität ist, verstanden. Der Begriff des historisch erforschbaren Geistes wandelte sich derart vom „Gottesbegriff“ zur Schöpferkraft, Wandelbarkeit und Einheitlichkeit und zu ähnlichen Abstrakta, jetzt aber die „Formen des Seienden ohne einfühlendes Interesse“ eines Gottes lassend.

Eben diese alten und bis heute als letztmöglichen Verbalisierungen und Fassungen von philosophischen Ahnungen in Alltagsbildern, sind zu bearbeiten. Die geschichtliche Weiterentwicklung vom Sammel-Abstraktum „Gott“ ( E ) führte zur Hereinnahme von I/E-Konfigurationen, wie der Gedanke von Wandelbarkeit und gleichzeitiger Einheit, und zu N/G- Methoden, wie der Intuition und der Interpretation. Es waren das erste aber erst formale Schritte. Sehr bald musste man fragen, welche konkreten Ziele ( I ) eine solche Schöpfung hat und haben kann und wie diese I zu den vorhandenen E passten.

Wir behandeln das Geist-Projekt als begriffliche Gliederung des Seienden in Natur, in menschlicher Subjektivität, Gesellschaftlichkeit und objektivem Geist. Diese Strukturierung der Realität ist keine willkürliche.Vielmehr können wir philosophisch den nächsten Schritt machen und diese Strukturen in der Systematik der Entwicklung der I, E , N , G erfassen.

Auf den alten Streit, ob die ideellen Gebilde eine selbständige Geschichte haben, ob es die großen Persönlichkeiten sind oder die materiellen Verhältnisse, welche die Geschichte der Ideenwelt voran bringen, kann mit Hilfe unserer Systematik näher und genauer eingegangen werden.

Der Hypothese von der Geschichte machenden Persönlichkeit liegt als bestimmende philosophische Systematik der Kerngedanke der I -Sphäre zugrunde, dass es die Ii , die individuellen kreativen Zielsetzungen sind, welche Neues erzeugen können.

Die Ii haben die prinzipielle Eigenschaft, von Menschen vorweggenommen zu werden. Als Tätigkeit der Phantasie wirken die Ii vor allem in den Bereichen der Kunst und Literatur. Die Wissenschaften und Technologien sind dagegen von der E -Entwicklung und der zentralen Sicht, dass es die E-Sphäre ist, welche durch ihre Entwicklung Neues verwirklichen lässt, sehr viel mehr bestimmt.

Unser Standpunkt in dieser philosophischen Problematik kann dann nur jener sein, der beide Meinungen systematisch vereint, und das in entsprechender Konsequenz. Das ist dann der Fall, wenn I/E gebildet werden können. Wenn nur die I überwiegen – wie das bei Kunstwerken der Fall ist – dann ist ein echter Fortschritt in der empirischen Wirklichkeit ebenso wenig wahrscheinlich, wie konkret Neues beim Überwiegen der E unmöglich scheint..

Dennoch besteht die Entwicklung – hier die des Geistes – stets auch in der Option, die enge Verbindung I/E aufzutrennen, in E – I .

Konkreter gefasst bedeutet das, dass beide Einflüsse im engeren und im erweiterten Maße beim Entwicklungsablauf des Geistigen wirksam sind. Dann wird der Konkurrenzaspekt zwischen E als „Materialität“ und I als die Subjektivität „großer Personen“, überflüssig.

Woher rühren dann aber solche festen Haltungen, wie die, nach der der Zusammenhang zwischen der Entwicklung allein mit dem „materiellen Seienden“ so selbstverständlich ist wie andererseits die Verselbständigung des Geistigen ebenso deutlich als einzige Ursache der Entwicklung erfahrbar erscheint?

Es ist das das spezielle Problem des Überganges vom subjektiven zum objektiven Geist, der sich im Menschen als seine ureigenste Bestimmung abspielt. Der Mensch als Konkretisierung jener unendlichen Übergangsfelder zwischen Materiellem, subjektivem und objektivem Geist, ist der Hintergrund, auf dem sich die philosophisch-idealistische Seite von der „Selbständigkeit des Geistes“ als eine mögliche Verendlichung berufen kann

Diese historische Entwicklung versucht zwar die I beim Übergang von der Position des subjektiven emotionalen Geistes zum objektiven Geist zu eliminieren, aber indem dann nur noch die abstraktesten Strukturen E , N und G des objektiven Geistes erzeugt werden, gibt es innerhalb des objektiven Geistes auch keine „Geschichte“ des Geistes mehr.

Der objektive Geist ist insofern eine anthropologische Größe als die einfachsten Strukturen – wie G, E, I, N – immer schon vollendet sind und vorausgesetzt werden können. Das Wirken der vier, welches seit dem Übergang vom Biologischen zum Emotional-Rationalen gleichbleibend das Denken bestimmt, sollte aber nicht verwechselt werden mit der geschichtlichen Entwicklung der Reflexion über die vier Grundgrößen. Ihre gesellschaftliche Bewusstwerdung ist ein langwieriger Prozess in der Kulturgeschichte.

Zum objektiven Geist gehört zum Beispiel die Logik. Auf solche geistigen Gebilde kann sich derjenige Theoretiker durchaus stützen, der „vom ewigen Leben des Geistes“ redet. Er muss aber zugleich wissen, dies sind Randformen des prinzipiell sehr viel variantenreicheren menschlichen Geistes.

Aber auch die Erkenntnismethoden insgesamt, mit denen auf dem subjektiven Übergangsfeld von der Emotionalität zur Rationalität gearbeitet wird und die als Charakteristika des „Geistes“ verstanden werden,.sind erst die notwendige Vorbereitung auf Erkenntnisse, noch nicht die hinreichende. Tatsächlich sind diese Methoden – die des rationalen Identifizierens und die der Hermeneutik, der Intuition, der Einfühlung oder auch der Wesensschau – nur durch ihren Bezug auf die E und I und die Möglichkeit und die Notwendigkeit jederzeit I/E bilden zu können, das was in allen historischen Varianten als Geist bezeichnet wurde.

Um welche „Inhalte“ ( I/E ) und um welche I und E geht es beispielsweise?

Oberflächlich und angenähert ging es seit frühen historischen und damit geistesgeschichtlichen Phasen um den religiösen Charakter geistiger Strukturen. Die hatten Einfluss auf Lebensdeutung und geistige Führung, den sie auch durch die Kunst und die Dichtung gewannen.

Das differenziert sich bis heute in vielen psychologischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Ressourcen, welche für die Begründung der Entwicklung des Geistes sowie auch als Deutung der Geschichte allgemein verantwortlich sind, gleichgültig ob es „große Menschen“ sind oder führende ideologische, philosophische Systeme oder nur Reduzierungen auf Kürzel des kollektiven Geistes wie zum Beispiel „das Schöne, Wahre, Gute“.

Wir führen das was in diesen einzelnen Beispielen und verallgemeinert unter „Geist“ verstanden wird, auf das gesellschaftliche Wissen ( E ) und auf die Zielsetzungen der Kollektive ( I ) zurück. Beider Relationen zueinander – I/E und I – E – lassen in den historischen Darstellungen von „Geist“ Strukturen erkennen.

Sind die E-Seite und die I-Seite als I/E oft eng aufeinander bezogen und wegen dieser innigen Verbindung als einzelne Seiten einer geistigen Vorstellung daher unerkennbar – beispielsweise in der Vorstellung vom „Weltgeist“, oder auch in allem Ästhetischen – so werden sie in den Wissenschaften und im Ethischen erkennbarer, weil hier die E-Seite – meist sehr strikt – von der I-Seite getrennt wird.

Bevor es um die zwei wesentlichen Relationierungs-Arten der I mit den E geht – die Wechselbeziehung I/E und beider Trennung, I – E – kommt es in der Geistesgeschichte erst einmal zu einseitigen Betonungen; entweder nur von E oder nur von I .

Zu den absoluten Höhepunkten der E-Betonung in der Geistesgeschichte zählen die philosophischen Hauptargumente von Fichte. In seiner doppelte Einheit, dass „ ich mir Gegenstand bin“; macht sich das Bewusstsein, der subjektive Geist zum Dasein, setzt sich als sich selbst, und es erscheint im Denken die reine Philosophie als „eine in der Zeit fortschreitende Existenz“.

Der Gedanke, der wesentlich Gedanke ist, ist an und für sich, ist ewig“. Die Geschichte des Geistes, das heißt der Philosophie ist die zeitliche Entwicklung zu diesem Ziel. Die I-Seite, die das Fichtesche „Ich“ nur noch in Spuren enthält, verschwindet in solchen Darstellungen gänzlich, sie weicht der unendlichen reinen, aber leeren E-Seite.

Wenn Hegel noch einen Schritt weiter geht, indem er das Wissen systematisch vom Wissenden abtrennt, so ist auch seine Geistphilosophie, als die Geschichte des Geistes, der Aufstieg zum mit sich selbst identischen und alles umfassenden Sein, die reine Form des E-Modells.

Mit der Annäherung an dieses selbstidentische E und alles was sich darauf beruft, kann keine Veränderung verbunden sein. Geist kann dann „Geschichte“ nur im Sinne eines Teilaspekts der Entwicklung haben, nämlich als Abstraktionsverfahren.

Auch für die philosophischen Schulen, die die idealistische Linien beibehalten – wie der Positivismus oder der abstrakte Empirismus – ist Geistesgeschichte eine Sammlung reiner Fakten, begrifflicher Tatsachen und Aussagen ( E ).

Es gab hin und wieder philosophische Erklärungen von „Geist“ und seiner Geschichte aus der von E getrennten I -Perspektive. Ethische Theorien und auch Philosophen wie Schopenhauer und Nietzsche hoben die Wichtigkeit der Zielsetzung in den Bereichen des Denkens und der menschlichen Tätigkeit hervor.

Bezeichnenderweise konnten diese Philosophen aus der I -Seite keine geschichtliche Veränderung ableiten; sie betonten sogar das Gegenteil von Entwicklung. Der philosophische Idealismus, der nur die E-Seite betont, kann auf seine Art geschichtliche Veränderungen zwar ebenfalls nicht begründen, aber er nutzt doch Teilprozesse der allgemeinen E-Entwicklung.

Meine These ist, erst die Relation I/E bewirkt die die Geschichte – und hier die Geistesgeschichte – kennzeichnenden Veränderungen. Die Allgemeinheit dieser Behauptung wird durch die konkreten Entwicklungsphasen von E und durch die Entfaltungen von I veranschaulicht.

Die Grundlinie der heutigen Darstellungen des „Geistigen“, der philosophische Materialismus und die „bürgerlichen“ Philosophien, gehen in einer eher „spontanen“ Weise von I/E- Relationen aus. Das zeigt sich in den Begriffskonglomeraten „Arbeit“, „Praxis“ und „Handlung“. Deren Stärke besteht darin, die Mittel ( E ) und die Ziele ( I ) der „Handlung“ mit den Methoden zu vereinen. Die Schwäche dieser Vorgehensweise ist von der Ununterscheidbarkeit dieser wichtigen Elemente gekennzeichnet. Ich analysiere die geistigen Seiten dieser synthetischen und umfassenden Begriffe einerseits als die Ziele, die I –Funktionen der Subjekte und der Kollektive, deren Wünsche und Hoffnungen, und andererseits als ihr Wissen ( E ), aber auch ihre phantasierten Vorstellungen, imaginierten E .

Geht es nicht ohne die beiden, I und E , sowie um die Relation zwischen ihnen, den geistigen Mitteln, dem positiven Wissen des Alltags und der Wissenschaft ( E ) und den Zielen und Interessen der Menschen; so dürfen auch die geistigen Methoden der Vermittlung zwischen E und I in der Analyse solcher Begriffe, wie Handeln und Arbeit nicht fehlen. Sie reduziere ich wiederum auf N und G .

Die geschichtsmaterialistische Variante der Philosophie hatte sich auf die Dialektik Hegels, das heißt auf eine Variante der N/G-Methode und auf die vielfachen Ausformungen der I/E- Relation – zum Beispiel auf die wechselseitige Bestimmung von Gruppeninteressen und Technologien – gestützt. Das werde ich in unserer Bestimmung der philosophischen Formen beibehalten, aber inhaltlich erweitern. Das Zusammenspiel der E-Seite und der I-Seite berücksichtigt dadurch alle nur denkbaren und phantasierbaren geistigen Entitäten als I/E, das heißt als Ziele und Wünsche ( I ) und als vorgestellte, erdachte E–Figurationen zugleich.

Und eben deren beider enger Verbund I/E, die wechselseitige Relation von E und I wird für die Weiterentwicklung, für die Geschichte des Geistes, des Wissens und der Interessen verantwortlich gemacht.

Ähnlich und analog zu der Einschätzung der N/G-Methoden erscheint die I/E-Relation auf der rekonstruierenden philosophischen Ebene manchem als ein Einzug von „Relativismus“ oder als bloße „Intuition“ und auch als „Irrationalität“; manchmal auch in der Bewertung als „Volks-, Kulturgeist, Zeitgeist“. Die Ursache für solche Art der Beurteilung ist in der N-G, E- Urteilsbildung zu finden. Es ist der – schwierige – Versuch, I/E- und N/G-Relationen durch E- und G-Kategorien zu erfassen.

Wie hängen die reinen E und die I/E-Relationen zusammen? Die geistigen E sind Endprodukte einer sachlichen allgemeinen Entwicklung, deren letzte Phase als abstrahierendes Denken bekannt ist. Dass der objektive Geist, dessen Kern das E als identisches Sein ist – zum Beispiel das Identische in der klassischen Logik – nicht nur in der Geschichte der Philosophie schon sehr bald Gegenstand philosophischer Reflexion war, und wohl auch anthropologisch-biologisches Differenzierungs- und Konstituierungsmerkmal ist, verweist auf eine frühe Abgeschlossenheit, die keiner weiteren geschichtlichen Entwicklung fähig war. Das macht den E-Charakter aus.

So wie die eigentliche Ursache für die Verunsicherungen in der Methodik die Hereinnahme von N ist, um N/G zu bilden, muss die Anbindung von I an E als ein weiteres Problem gesehen werden. Die N- Seite wie die I – Entfaltung werden von mir als Basisgrößen bestimmt, deren Eigenschaften denen von E und G diametral entgegenstehen. Durch die I und die Relationierung der G mit den N sind, im Gegensatz zu den Reduktionsbestrebungen aller G-Methoden auf E–Varianten – zum Beispiel auf mathematische „Einheiten“ oder auf das in der Philosophie gern genutzte „Ganze“- die N/G und die I/E–Relationen Bestrebungen, welche unbegrenzte Verbindungen herzustellen suchen. Insbesondere werden durch I/E- und N/G-Prozesse Beziehungen zwischen „Geist“ und der so genannten Materialität hergestellt, und allgemein werden alle Bereiche mit allen anderen Bereichen dadurch verbunden.

Vor allem aber geht es darum, aus den getrennten I/E und N/G die I/E/N/G – Relation zu erzeugen. Sie ist der Basismechanismus der Entwicklung

Die geistige Realität kann, als Phase der Entwicklung, also auch als eine Einheit aus den getrennten E-I und N-G und den vier aufeinander bezogenen Größen E/I/N/G. dargestellt werden, und wie bei der materiellen Phasen müssen E-Entwicklung und I – Entfaltung berücksichtigt werden, jedenfalls soweit sie „geistiger“ Art sind. Die Geistesgeschichte ist ein Teil der Gesamtrealität, in der es um diese strukturierte Komplexität von tendenziell unbegrenzt vielen E- und I-Formationen geht.

Von daher hängen materiale und ideelle Entwicklungen zusammen. Die „Produktionsweise“ im Geistigen ist nichts anderes als eine bestimmte Variante der „sachlichen Entwicklung“. Die Ideengebäude, symbolischen Ordnungen und ähnliches sind Varianten der allgemeinen Entwicklung der E-Seite. Gemeinsam ist ihnen, dass sie unbedingt auf dem historisch vorfindbaren Vorrat an E beruhen und aufbauen, ob das Technik, Produktionsmittel, Wissen oder letztlich auch solche fertigen Netzwerke sind wie die Logik oder die gesellschaftliche „Vernunft“. Ein Teil dieser E-Vorräte wird von der individuellen und kollektiven geistigen Tätigkeit, der Entwicklung von einem „niederen“ E zu einem „höheren E besonders intensiv genutzt

Überall im Geistigen gibt es tendenziell total abgetrennte, isolierte E- Gebiete. Die philosophische Konsequenz sollte klar sein, Gedankenbereiche, die die Eigenschaft haben, sich selbständig zu entwickeln, unabhängig von den materiellen Bereichen der Realität – also unabhängig von Gesellschaftlichkeit, Natur, Ökonomie etc. – das heißt von I- und I/E-Relationen, werden in dieser ihrer speziellen und reduktiven Entwicklung stets beim objektiven Geist ( E ) landen.

Wenn man aus dem Kontext der Sachzusammenhänge oder aus dem Zeitfluss ein bestimmtes Ereignis oder eine „Epoche“ herausschneidet und diese als Einheiten oder Elemente, als E versteht, dann besteht die Gefahr, dass solche einfachen Einheitsbildungen zur „Entfremdung“ führen. Der Kern der Entfremdung liegt in einem objektiv vorgegebenen Strukturzug der E-Sphäre, der Möglichkeit nämlich, zur unendlichen Wiederholung der E-Existenz. Eine Entwicklung findet dort nicht statt. Diese sich unendlich oft selbsterzeugende und bestätigende Kategorie bleibt daher leer, trägt jedoch den ganzen mitgegebenen Zwang, der dem objektiven Geist eigen ist, in sich. Durch beides wird die „Entfremdung“ wie auch die „Verdinglichung“ bestimmt.

Jetzt einige Bemerkungen zur I-Seite , sie ist leichter zu verstehen. Die materielle Produktion ist eine Modifikation der „Entwicklung“. Sie verlangt individuelle und gesellschaftliche Zielsetzungen, Wünsche, Erwartungen ( I ). Nach demselben Muster haben geistige Erzeugungsprozesse, gesellschaftliche Diskurse und andere begriffliche, sprachliche, geistige Vorgänge , die I zu ihrer Basis.

Bemerkenswert ist, dass es immer wieder Gesellschaften gab, in denen versucht wurde, die Geschichte zu gestalten, indem einzelne individuelle I oder Ik in dezisionistischer Weise zu gesellschaftlichen Ig gemacht wurden. Solches Vorgehen in großem Maßstab ist das Gegenstück zur E-Überbetonung , also zur Entfremdung. In beiden Fällen führt das in historischen Gebilden zu deren hoher Labilität.

Wenn man davon ausgeht, dass der Teil der als „Geist“ und als geistige Entwicklung darin besteht, dass Menschen sowohl die I/E-Konstellationen wie die E-I- Konstellationen nutzen, dann kann man eine philosophische Systematik von relativer Einfachheit bekommen. Das gilt ebenso für die allgemeine methodische Relationalität. Das heißt, der menschliche Geist nutzt die N-G-Methoden und die N/G-Verfahren, um die Welt, die Realität in der besagten Weise auf E und I zu reduzieren.

Ich sehe in vielen philosophiegeschichtlichen Ansätzen Hinweise und Vorarbeiten zu diesen Thesen. Werden in der Geistesgeschichte die I und E zunächst noch mit den N und G zusammengefasst und relativ summarisch als „menschlicher Verstand“ als „Sinn“ oder als „intellektuelles Leben einer Nation“ und deren „Gesinnung“ bezeichnet, so wird das bald abstrakter gefasst und als „Subjekt“ sowie als „Objektivationen des Geistes“ beschrieben.

Mit W.Dilthey wird in der Beschreibung dessen, was Geist ist und wie dieser sich historisch entwickelt, endgültig in einer Begrifflichkeit gearbeitet, die der Sprache der Wissenschaften, der Logik und des Alltags bereits eng verbunden ist. Aber Ausdrücke wie „Selbstdurchsichtigkeit im geschichtlichen Bewusstsein“, das „Wegdenken alles Festen, alles Fremden“, „geistige Lebendigkeit“, „Selbstbewusstsein des lebenden Geistes“, „das Moralisch-Intellektuelle“, das“ Zusammenfallen von Geist und Welt“ lassen zwar spüren, dass sich zum Beispiel der Psychologie als Wissenschaft angenähert wird, jedoch istdie Einflussnahme einer wissenschaftlichen und einer philosophischen Systematik noch zu gering .

Zu den Voraussetzungen der Psychologie als Wissenschaft gehört für Dilthey, die dialektische Methode Hegels einzubeziehen; das verweist in dieser formalen Hinsicht auf die N/G-Methodik. Die Hermeneutik nähert sich dieser Problematik gleichfalls. In inhaltlicher Hinsicht sehen wir die Möglichkeit, jene noch vorwissenschaftlichen Begriffskonstrukte, durch die versucht wurde und wird, das individuelle und kollektive Geistige zu beschreiben, durch I/E-Relationen zu erfassen, wenn man die einzelnen und konkreten I und E in ihrer Entwicklungsdynamik in dem Modell I/E und dem Modell E – I in ihren Wechselbeziehungen sieht.

Auch Spranger verbalisiert die Strukturen der Geistesgeschichte auf eine ähnliche vorsystematische Art: „Der andrängende Weltstoff gibt dem Ich einen Erlebnisinhalt, der wieder nach Ausdruck drängt. In diesem Wechselspiel von Eindruck und Ausdruck entstehen mannigfaltige Geistesformen. Diese müssen als Ganzes verstanden und dargestellt werden.“ Wir übersetzen das als die Funktionen von I/E :Die vom „Ich“ zu Geist zu verarbeitende Welt, wird ihm als E („Eindruck“) gegeben, dann kann dem E ein I („Ausdruck“) als Interessen , Ziele, auch Emotionen des Ich zugeordnet werden, um aus beider Wechselwirkung, I/E, ein neues E´ zu erzeugen. Dieses  E´ wird besonders von Dilthey als „Ganzes“ verstanden und als das einer Generation, einer Nation, einer Epoche konkretisiert.

Bei Methoden wie es die N/G sind, deren Grunderkenntnisse nur die formale Relationalität ist und welche deshalb allein Begriffe bilden können, welche das „Eigenwesen derselben“ darzustellen vermögen, also die typische E-Charakteristik vertreten, lkann man natürlich nachfragen, wie dann noch „Geschichtsentwicklung“ möglich ist. Aber Dilthey und andere Denker dieser Richtung sind dennoch „Geisteshistoriker“. Denn wenn auch ständig und auf unterschiedliche Weise und mit sprachlich-begrifflichen Alternativen versucht wird, Geistesbegriffe auf E zu reduzieren, verweist gerade deren Vieldeutigkeit auf deren E/I-Gestalt.

Wo ist da beispielsweise die I-Seite von Einfluss? Bei den Inhalten geht es um emotionale, individual- und sozialpsychologisch einzuordnende Inhalte; zum Beispiel das Kunstwerk und das Gedankenwerk als Zentralerlebnis seines Schöpfers. Zu fragen ist, welche Motive ( I ) waren in welchen Schöpfern wirksam. Die Notwendigkeit der „Leitung der Erkenntnis“ im unbegrenzten Bereich der geschichtlichen Realität wird von Philosophen wie Dilthey wenig bezweifelt, wenn es von ihnen auch „dem Genie des führenden Denkers“ überlassen bleibt, die Richtung vorzugeben, zu bestimmen, was sein soll ( I ).

Die Unterscheidung der philosophischen Schulen betrifft die Geistesgeschichte signifikant. Hegels Extremisierung des „Formalen“, sein Übergang allein zum Bereich des objektiven und absoluten Geistes vereinfacht und vollendet Geistesgeschichte sehr schnell – so wie es traditionell vor ihm auch stets geschehen war.

Marx geht zwar formal in dieselbe Richtung, er kritisiert aber Hegel in Bezug auf die „I/E“. Die Inhalte sind zusätzlich andere als die der bürgerlichen Philosophie. Die „Motive“ ( I ) sind im gesteigertem Maße kollektive, zum Beispiel gesellschaftliche Interessen, und die E-Seite betont das technologische und ökonomische Wissen, sowie die Einflüsse der kollektiven Organisationen und der Natur auf die geistige Arbeit des Menschen.

Die Hermeneutik, die Lebensphilosophie, Phänomenologie und ähnliche Selbstbegrenzungen und Reduzierungen auf die individuelle und gesellschaftliche Innerlichkeit stehen einer tendenziell unbegrenzten und scheinbar unanalysierbaren Fülle von „Fakten“ ( E ) und „Motiven“ ( I ) als „Geistiges“ in der Geschichte des Geistes gegenüber. Diese Fakten und Motive sind indes durch ihren Charakter als geistige Entitäten und durch ihren Relations-Charakter unbedingt prädestiniert, Entwicklung im geistigen Bereich zu erzeugen und damit Geistesgeschichte zu fundieren. Was jedoch dabei hinderlich ist, es fehlt eine geeignete philosophische Ebene, welche die Voraussetzung für eine Analyse dieser Geschichtlichkeit wäre. Die Undurchsichtigkeit solcher Methoden, wie die der „Intuition“ zum Beispiel, und solcher Inhalte wie das „Leben“, sowie – zusammengefasst und durchaus konsequent – die Tendenz, Geist und Geschichtlichkeit zu identifizieren, können durch die Modellierung als I, E,N,G-Relationen in ein umfassenderes philosophisches Gleichgewicht, in ein System gebracht werden. Wenn unsere Theorie der alle Entwicklungsphasen umfassenden, in I/E modellierten doppelten und tendenziell unendlichen Dynamik berücksichtigt wird, dann können psychische Strukturen ebenso darauf reduziert werden wie ökonomische, ästhetische etc., ohne dass dabei Wesentliches verlorenginge.

Es wird üblicherweise behauptet, dass der eigentlich wichtige Gegensatz in der Frage, was Geist und Geschichte sei, zwischen Hegel sowie der hermeneutisch arbeitenden Lebens- und Subjektphilsophie einerseits und dem historischen und dialektischen Materialismus andererseits liege. Wie unterscheiden sich die beiden Auffassungen? Der Materialismus hat systematische Ansätze zur Strukturierung der I-Seite, die als philosophisch wichtig eingestuft werden müssen. Die  I-Seite erscheint als Gruppeninteresse und als „gesellschaftlicher Nutzen“ und sie wird auch auf die wissenschaftliche und philosophische Analyse des individuellen Subjektes ( Ii.- Ig ) angewandt, während die idealistische, „bürgerliche“ Geistphilosophie das Ii eher aus sich heraus zu erklären versucht. Beide bedeutenden philosophischen Lehrgebäude haben allerdings nicht in systematischem Maße das Analyse-Instrument der I-Sphäre für sich entdeckt.

Kurz gesagt, die Geistphilosophie, kann zwar meinen, dass sich der menschlich-gesellschaftliche Geist geschichtlich entwickelt, es fehlen aber wichtige Hinweise darauf, wie das analysierbar und rational darstellbar sein sollte, während die E-Entwicklung in ihrer Relation zur I-Entfaltung. ( I/E ),durchaus ein Wegstück in dieser Problematik weiterführen kann.

Was die beiden philosophischen Weltanschauungen einander nahe bringt, ist, dass ihre gemeinsame Struktur im Entwicklungsverlauf immer „irrationaler“, chaotischer, weil komplexer wird. Das ist der N/G-Methodik, zum Beispiel der Dialektik und der Zunahme und der Differenzierung der E-Seite und der I-Seite und damit der I/E-Wechselbeziehung zu verdanken. Das drückt sich beispielsweise darin aus, dass gesellschaftliche Gemeinsamkeiten weniger Chancen haben, oder darin, dass das Marktgeschehen unübersichtlicher wird. Solche und ähnliche Erscheinungen beruhen auf der Wechselbeziehung methodischer und inhaltlicher Art, bei denen die Entwicklung der E-Seite und die Entfaltung der I-Seite ständige Zunahme der Komplexität im Inhaltlichen bedeutet; wie zugleich die Wechselwirkung der G mit den N im Methodischen. Von dieser formalen Seite der geistesgeschichtlichen Entwicklung – und nicht nur in dieser – sind sowohl die idealistischen wie die materialistischen Schulen betroffen.

Wird auch die Trennung zu den einfachen, weil prinzipiell reduzierenden N-G- Methoden und zu inhaltlichen E-Positionen fortlaufend größer, muss Geistesgeschichte dennoch als Meta-Relation der beiden angesehen werden: Als „N-G zu N/G zu I-E zu I/E“.

    1. 4.4.2.1.1    Geschichte der Philosophie

Wie alle geistigen Vollzüge sind auch die Wissenschaften und die Philosophie in die allgemeine Entwicklung eingebunden. Sie sind daher von den allgemeinen Strukturzügen der Entwicklung bestimmt; zum Beispiel dem, der als „Selbstverwirklichung“ des Geistes verstanden werden kann, und welcher dazu zwingt, als ständiges unbedingtes Moment weiteres Wissen zu erzeugen.

Die Einzelwissenschaften sind nur bis an eine je eigene Grenze in diesen Entfaltungsprozess einbezogen. Die Philosophie dagegen ist da weniger begrenzt. Die philosophischen Ideen des Absoluten als tendenziell unbedingte, sind ja keine Grenze. Es wäre jedoch ein Irrtum, hier endliche Bestimmungen gegen unendliche  zu stellen und damit auch die Wissenschaften mit der Philosophie zu konfrontieren. Jede Phase der allgemeinen Entwicklung, ob das die Einzelbegriffe und Methoden der Wissenschaften sind oder die absoluten Begriffe des objektiven Geistes oder einzelne Bereiche wie der der Subjektivität, sie alle haben stets beides, endliche und unendliche Momente.

Das betrifft neben dem Bereich des „Ich“ auch alle anderen Phasen der Entwicklung, da es die Struktur und die Funktion der allgemeinen Entwicklung charakterisiert. Unter allen diesen Phasen, deren wichtigste von mir auch als „weltanschauliche Eckpunkte“ bezeichnet werden, ist allerdings das „Ich“ in spezifischer Weise wesentlich.

Genauer gesagt ist es so, dass die Entwicklung – und damit auch die Geschichte der Philosophie – durch die wechselseitigen Relationierungen der Mannigfaltigkeit aller dieser Phasen, beziehungsweise Eckpunkte vorangetrieben wird.

Das heißt zum Beispiel, im Ich bildet sich nicht nur eine Dynamik aus dem Gegensatz zwischen Ich und Nicht-Ich, vielmehr sind an der dynamischen Entwicklung zur Entstehung weiterer Entwicklungs-Phasen auch die Phasen der physikalischen und der biologischen Natur, der Emotionalität, der Gesellschaftlichkeit usw. beteiligt.

Wie das „Ich“ in der allgemeinen Entwicklung eine neue Phase wurde, weil in ihm alle vorhergehenden Phasen vereint sind, so werden im Bereich des subjektiven und objektiven Geistes – also auch in den Wissenschaften und in der Philosophie – das sachliche und historische Fortschreiten auf die gleiche grundlegende Weise erzeugt.

So lässt sich eine Theorie der Entwicklung des endlichen Wissens gewinnen, die in keinem wesentlichen Gegensatz zu anderen Abschnitten der allgemeinen Entwicklung steht – also etwa zu der biologischen der Lebensentstehung.

Solche Konsequenz des allgemeinen „Entwicklungsbegriffes“ für die Vermehrung der philosophisch-wissenschaftlichen Kenntnisse soll an dieser Stelle nur behauptet werden. Auch unsere Kategorialität mit ihren fundamentalen Strukturmomenten – I , E , N , G – lässt sich erst später in den geschichtlich hervorgetretenen repräsentativen Gestalten philosophischer Reflexion nachweisen.

Dabei soll eine Entwicklungsdynamik gezeigt werden, in welcher die philosophischen Überlegungen zu alltäglichen Erfahrungen und zu wissenschaftlichen Einsichten im Zusammenhang mit mythischen Weltbildern und in kritischer Auseinandersetzung mit konkurrierenden Philosophien als Annäherung an das I,E,N,G-Modell zu sehen sind.

                                                                                                                              4.4.2.1.1.1        Religion

Es werden als religiös empfundene Probleme – wie die Frage nach dem Sinn des Lebens oder des Leidens – nur dann zu beantworten sein, wenn es systematische Relationierungen zwischen dem, was maximal abstrakt als „Göttliches“, „Heiliges“ gilt – was von mir dem objektiven Geist zugeordnet wird – und der einzelmenschlichen psychologischen Gefühls- und Erfahrungswelt gibt. Die empirisch und phänomenologisch erkennbaren einzelmenschlichen Gefühle stehen für den subjektiven Geist, und die kulturell vorgegebenen Dogmen traditioneller und moderner Religionen sind weitere Formbeispiele für den objektiven Geist.

Bei der wissenschaftlichen methodologischen Erforschung und Interpretation des Phänomens „Religion“ gehe ich daher vom Verhältnis des subjektiven zum objektiven Geist aus.

Der subjektive Geist stellt sich in der Religion als eine Form menschlicher Emotionalität dar. Das ist auch die philosophisch-wissenschaftliche Darstellung des begrifflichen Zentrums der Einzelwissenschaften Psychologie und Sozialpsychologie.

Der objektive Geist ist die kleine Anzahl abstraktester Begriffe, zu denen Sein, Nichts, Unendlichkeit, Freiheit und ähnliches gehören. Sie sind bereits von hoher Abstraktheit, befinden sich aber noch auf dem Übergangsfeld zwischen subjektivem und objektivem Geist. Ihre weitere Reduzierung führt zu E,I,N,G. Den Formen des objektiven Geistes – E , das als „Ganzes“, als ewig selbstidentisch Bestehendes verstanden werden muss und I , das als unendliche Zielsetzung und zum Beispiel auch als „Hoffnung“ gelten kann, nähern sich dann religiöse Begriffe wie der des monotheistischen Gottes beispielsweise.

Ein Mangel dieser Elemente des objektiven Geistes ist ihre „Abstraktheit“. Durch den Bezug des objektiven Geistes auf den subjektiven Geist kann dieser Nachteil geheilt werden. Die Beziehungen zur Erfahrungswelt und zur Emotionalität sollten nicht abreißen. Die subjektive Erfahrung des Göttlichen und Heiligen wird dadurch eine eigenständige Dimension des Mentalen. Religionsphilosophisch geht es dann darum, beides zugleich zu erreichen und zu berücksichtigen, maximale Abstraktheit und menschliche Emotionalität.

Die Relationen zwischen den „weltanschaulichen Eckpunkten“ begründen das, was man die „praktischen“ Bereiche nennen kann. Die Wechselbeziehungen zwischen den beiden Eckpunkten subjektiver und objektiver Geist konstituieren dann die religiösen Eigenarten der praktischen Religionsausübung, so die traditionellen religiösen Vorstellungen – zum Beispiel magische und heilige Orte, Sachen, Personen, und die Verhaltensweisen, wie das Tabuisieren, die Scheu, das zwanghafte Erfüllen kultischer Pflichten. Es verweist zugleich auf unveränderliche Strukturen des objektiven Geistes und auf die Bewegtheiten des psychische Erlebens

Der philosophisch-religiöse Entwicklungsschritt, den das „Christentum“ gegenüber früheren Religionen tat, besteht wesentlich darin, das dynamische Gleichgewicht zwischen „Gott“ als relativer Konkretisierung des objektiven Geistes und der menschlichen Subjektivität in der religiösen Gestalt „.Christus“ darzustellen. Da es hierbei um den Versuch geht, das unendliche Übergangsfeld zwischen den beiden Entwicklungsphasen subjektiver und objektiver Geist in endliche Formen zu bringen, ergeben sich „Probleme“ – jene der Trinität – in prinzipieller Weise.

Die Philosophiegeschichte und die Religionsgeschichte haben ihre Entwicklungsstufen innerhalb der Gesamt-Entwicklung. Wie auch auf anderen Gebieten der Philosophie erhalten die Begriffe der Religion in der geistesgeschichtlichen Entwicklung immer umfassendere und allgemeinere Inhalte, ohne die Strukturzüge der Tradition dabei zu verlieren;

Die Religionsstrukturen nehmen also nicht unbedingt die Züge an, die dem Entwicklungsstand der Gesellschaft entsprechen. Vielmehr sind beide an der „allgemeinen Entwicklung“ orientiert. Wobei auch für sie gilt, dass sie wie alle anderen kulturellen Bereiche durchaus auch Freiheitsgrade zur Abweichung vom objektiven Entwicklungspfad haben. So wird es stets auch vorrangige individuelle und kollektive Lebensinteressen geben, die die kulturellen und religiösen Funktionen beeinflussen können.

Die technisch-ökonomisch bestimmte Gesellschaftsstruktur ( E ) ändert sich vor allem mit der Fortentwicklung der Naturwissenschaften. Die individuellen und kollektiven Interessen ( I ) versuchen darauf Einfluss zu nehmen und beides bestimmt auch die jeweiligen religiösen Auffassungen. Typisch für das religiöse Phänomen ist aber, dass versucht wird, in dieser Dynamik die Strukturen des objektiven Geistes zu erhalten.

Es gibt also durchaus  – und wenn auch nur mittelbar – die Einflüsse von den vier Eckpunkten Natur, Gesellschaft, Subjektivität und objektiver Geist., die praktisch und konkret voneinander untrennbar sind und die zusammen jene „allgemeine Entwicklung“ bilden, die ich als E-Entwicklung und I-Entfaltung analysiere.

Es gilt nun weiterhin, die religiösen Einzelerscheinungen genauer darzustellen. Dabei ergeben sich für mich drei Problemkreise, die Darstellung als E , die Berücksichtigung von I und die Integration dieser beiden Seiten zu I/E.

Der „Gott“ der Großreligionen ist zunächst nichts anderes als eine Veranschaulichung der E-Konstitution. Die zahlreichen Umschreibungen des „allmächtigen Gottes, der nicht nur Schöpfer, sondern zugleich auch seine eigene Schöpfung ist“, fokussieren in der dynamisch selbstbezogenen Identität der E-Sphäre: Da das E eng mit dem „N-G“ der Methodologie verbunden ist, gibt es für die Erschaffung Gottes auch die Denkmöglichkeit ex nihilo entstanden zu sein.

Vereinbart man den durch die unendliche Leere der E -Kategorie abstrakt total freien Gott mit dem Gott, der das Nichts bereits schon in sich hat, dann ist das allerdings eine N/G-Konstruktion. Auch in ihr gibt es ein E , als punktuelles endliches Gleichgewicht zwischen den beiden unendlichen Bewegungen von N und G . Es ist offenbar, dieses ist der Ansatz Hegels. Endlichkeit ( E ) und die Ewigkeit dieser beiden unendlichen – wenn auch leeren – Bewegungen (N/G) sind dann in einer begrifflichen idealistischen Konstruktion als dieses Gleichgewicht aufgehoben, das man mit Hegel ebenfalls Absolutum oder Gott nennen darf.

Als grundlegendes Prinzip ist die reflexive E-Bezogenheit der I-Sphäre in einer übergeordneten philosophischen Systematik strikt entgegengesetzt, jedoch ist Religion auch auf der weniger abstrakten Ebene der „Praxis“ theoretisch beschreibbar, als I/E-Relation.

Alle von der I-Seite und der E-Seite zugleich bestimmten Bereiche, wie die Ethik oder auch die Politik, sind Disziplinen der praktischen Vernunft und der praktischen Durchsetzung von Normen. Zielorientierte Versuche sind mit der E-Struktur des „ewigen Gottes“ theoretisch kaum zu vereinbaren. Dennoch ist Religion aber als ein praktisch-historisches Projekt denkbar.

Von daher versuchen die Religionen, die E-Seite mit I – Modulationen als „lebendige Begegnung mit Gott“ zu verbinden.

Unter der philosophischen Ägide „Gottes“, also des allgemeinen E-Inhaltes, läuft das darauf hinaus, dass die christliche Ethik und Soziallehre nur verallgemeinerungsfähige Normen propagieren kann. Die eigentlich stets konkrete I-Seite wird von der an der Verallgemeinerung orientierten E-Seite beherrscht. Es werden dann abstrakt Menschenrechte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit vertreten, aber auf einen ethisch-politischen Wahrheitsanspruch im Detail muss von der Religion als theoretischem Gebilde verzichtet werden, wie das tendenziell und analog in den Bereichen jener „mechanistischen“ Wissenschaften abgelaufen war, die die I- und die I/E-Konstellationen aus ihrem Kompetenzbereich ausgeschieden haben.

Es kann als die spezifische geistesgeschichtliche Stärke der christlichen Religion gelten, dass sie versucht, durch die Heraushebung der E-Sphäre – mit ihren Strukturen der „Ewigkeit“, „Ganzheit“, usw. – die E-Seite abstrakt mit der I-Seite zu verbinden: Wenn man philosophisch großzügig ist , kann man das als dialektische Verbindung zweier getrennter Denkbereiche verstehen. Aber tatsächlich geht es der religiös-philosophischen Aufgabenstellung hier darum, auch die I-Seite als E zu erfassen, die I-Sphäre in deren konkreten und einzelnen Zielen, Wünschen, Hoffnungen zu verallgemeinern. Die I-Sphäre ist aber durch ihre Stellung im philosophischen System jene, die – von der E-Seite her gesehen – als „unempirisch“, „unrational“ und nicht verallgemeinerungsfähig gelten muss. Im Religiösen wird das zum Beispiel darin konkretisiert, dass „die Liebe als das einzige Gesetz zu denken“ ist. Die Liebe wird also hier als Zusammenfassung aller jener emotionalen, sozialen Zielsetzungen verstanden, welche jedem Menschen eigen sind, als ein Ausschnitt aus der Palette oberster individual- und sozialpsychologischer I/E – und letztlich E- Funktionen.

Aber auch außerhalb der ideologischen Reichweite religiöser Organisiertheit gibt es derartige Konkretisierungen des praxisrelevanten Zusammenspiels der E-Seite – so als Fortschritte der Wissens- und Mittelanhäufung – mit der I-Sphäre.; beispielsweise als Hoffnungen auf eine bessere Zukunft, oder auf die Erschaffung einer erfüllten Gegenwart. Es sind das Varianten der I/E-Relation, die vor allem im Typ der Leistungsgesellschaft verbreitet sind.

Die historisch-praktische sozialpsychologische Lage in entwickelten Gesellschaften ist dadurch gekennzeichnet, dass alle jene politischen, sozialen oder alltäglichen I – Varianten zwar existieren, aber dass sie dem jeweiligen E-Etwicklungsniveau untergeordnet werden. Sie bilden zusammen einen weiten Begriff von gesellschaftlicher „Vernunft“ als mögliches öffentliches, sozial-kooperatives Faktum. Da finden sich nicht nur praktische, politische Begründungen. Es gehen auch epistemische Vermutungen in diese kollektive Kompromisshaltung ein; die freilich ob ihrer Unklarheiten bezüglich einer durchreflektierten Erkenntnistheorie oft nur den Charakter formaler Toleranz haben.

Wird in der historischen Praxis versucht, sowohl die Trennung der E von den I aufrechtzuerhalten und zugleich die enge Relation I/E zu bilden, so spielt sich auf der methodischen Seite Ähnliches ab. Die Glaubens- und Offenbarungsmethodik – eine Konkretisierung der allgemeinen N/G-Methodik – kommt ohne einen Bezug zur Rationalität – einer Modifikation von N-G – nicht aus, und ebenso umgekehrt. Das Problem stellt sich bei jeder idealistischen Grundentscheidung und so auch hier im Bereich der Religion, wenn die „ rationale Vernunft“ der „Reinigung durch den christlichen Glauben bedarf“ und die „Vernunft ihren Sinn aus der lebendigen Begegnung mit Gott“ erhalten soll.

Aber die Wechselbeziehungen der Methodenarten sind eine Frage der abstrakten Begrifflichkeit und keine der ganzen Wirklichkeit, insbesondere nicht der historischen Praxen.

In der Methodik der Religion erscheint diese Schwierigkeit als Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft.

Ist eine ethische Orientierung der Vernunft möglich, ist sie stets mit Glauben verbunden? Diese beiden Methoden sind markante Vertreter der N-G und der N/G-Art. Moderne Philosophie und die heutigen Wissenschaften sollten davon ausgehen, dass es um beider Superrelation geht. Diese Relation der Relationen – „N-G zu N/G“ – systematisiert und relativiert den bisherigen Wettbewerb der Wissenschaft und Religion um die kulturelle Vormachtstellung, und es lässt erkennen, jede dieser Methoden hat ihre spezifischen Eigenschaften; die N-G -Methoden sind die der traditionellen wissenschaftlichen Wahrheitsgeltung und der identitätsstiftenden E-Konstituierung, und die N/G-Methoden sind die der I-Erzeugung, beispielsweise die der ethischen Orientierung.

                                                                                                   4.4.2.1.1.2           Marxismus

Der Marxismus ist – gleichfalls – ein Teil der Geschichte der Philosophie. Das Marx`sche Projekt stellt in spezifischer Konsequenz eine Fortführung zahlreicher Grundlinien der abendländischen Philosophien dar, vor allem aber nicht nur der Systematik Hegels, und das Werk steht im Kontext mit der Philosophie Engels` und Lenins.

Das gilt sowohl für die Seite der „Begrifflichkeit“ wie für die Seite der Methodik. Ich deute hier allein meine Absicht an, die philosophiehistorischen Verbindungen für die „Begrifflichkeit“ als E und I und als I/E-Relation und für die Methodik als N-G und N/G darzustellen.

In der Geistesgeschichte gibt es zunehmend den Versuch – der sich dann nach Marx fortsetzt – die I-Kategorie in den Einzelwissenschaften und in der Philosophie hervorzuheben. Bei Marx erscheint die I-Seite in der philosophisch-systematischen Form einer gesellschaftlich-kulturellen Größe; zum Beispiel als „Interesse“. Die traditionell betonte E-Größe, die schon immer als „Sein“ von höchstem philosophischen Anspruch war und bei Hegel im „absoluten Geist“ und im „Ganzen“ kulminiert, erscheint jetzt bei Marx als wichtige, aber konkrete Erscheinung, so als die allgemeine Mittelsphäre ( E ), zum Beispiel als die ökonomisch-technologischen Verhältnisse und noch anschaulicher als Produktionsmittel.

Zugleich aber wird in der marxistischen Theorie die E – Sphäre heftig „kritisiert“. Diese Kritik erscheint zum Beispiel als Basis der Theorien über die „Verdinglichung“ und „Entfremdung“. Jedoch ist das nicht mehr als eine abstrakte Teilargumentation dessen was eigentlich gemeint ist, und das ist die – implizit bleibende – Andeutung der E-Entwicklung.

Auch wird die E – Seite in ihren mannigfaltigen Ausdifferenzierungen der einzelwissenschaftlichen Kritik unterworfen, wobei der E-Charakter ökonomischer, sozialpsychologischer, politischer Strukturen in seiner Isolierung in Beziehungen zu bringen ist. Diese Art der Kritik kann im Zusammenhang des marxschen philosophischen Ansatzes – der die Ii und vor allem die Ik und Ig stets und gegenständlich ins Spiel bringt – nur eine Verweis-Relation auf die I-Sphäre sein; es wird also I/E gebildet.

Der methodologische Aspekt stützt sich auf die Erkenntnis Hegels über die Entstehung des absoluten Geistes. Indem Marx die dialektische Methodik auf materielle Verhältnisse appliziert, eröffnet sich die Möglichkeit, wissenschaftliche Methoden in neuer systematischer Weise zu begreifen. Gekennzeichnet ist diese neue Situation vom Verhältnis der dialektischen N/G-Methodik zur I – und I/E-Seite und einer Entwicklung, welche jene Entstehung des absoluten Geistes generalisiert.

Mit den Konsequenzen der methodischen Erfassung der modernen Physik wurde immer deutlicher, dass die Naturbeschreibung bisher auf einer Methodik beruht, die von der klassischen Logik über die Alltagsmathematik und die „Mechanik“geprägt ist und die ich als N – G, E modelliere. Jede genauere Beschreibung der materiellen Naturverhältnisse, wie die neuzeitlichen Theorien zur Physik und deren Mathematisierung, sowie die theoretische Erfassung des Biologischen sind allerdings nur noch begrenzt mit den Begriffen der abstrakten Identifikation zu begreifen. Ich bemühe mich, zur Beschreibung der Natur eine erweiterte Methodik und auch die I -Kategorie zu verwenden.

Marx nutzt die philosophischen Vorgaben der dialektischen Vereinigungsmethodik Hegels ( N/G ) und ergänzt diese durch wissenschaftliche Entwicklungstheorien, vor allem solche der historischen Art, welche sowohl durch die N/G-Methoden wie durch die enge Wechselbeziehung I/E beschreibbar sind.

In dieser Situation der geistesgeschichtlichen Entwicklung waren erste Versuche zur Vereinigung der Methodenarten des traditionellem Materialismus (N-G ) mit denen des dialektischen Idealismus ( N/G ) willkommen.

Mit der teilweisen Ausarbeitung dieser begrifflichen ( I/E ) und methodischen Grundzüge wird es beispielsweise für Engels möglich, den Einzelwissenschaften jeweils eine philosophisch verbürgte Axiomatik zu geben; welche sich bemüht, die traditionelle Methodik ( N-G ) mit dialektischen Methoden zu vereinen. Dieser Versuch kann als noch unabgeschlossen bezeichnet werden.

Das erkennt man daran, dass die alte Konfrontation in der Behauptung vom letztlichen Primat der Materie stets wieder aufbricht, während es inzwischen darum geht, eine Metaebene zu finden, auf der diese Konfrontation nur als eine von zwei gleichberechtigten methodischen Grundverfahren zu gelten hat, nämlich die der N-G und die N/G-Methoden.

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