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Ökonomie

Man kann die philosophische Grundproblematik der Wirtschaftswissenschaften gleichfalls im Verhältnis der E-Seite zur I-Seite manifestiert sehen. Für die theoretische Erfassung besteht dann die E-Seite in der Gewinnung ökonomischer Theorien, welche empirisch gehaltvolle Beschreibungen der wirtschaftlichen Realität darstellen. Die I-Seite stellt die wirtschaftspolitisch relevanten Einflüsse der Willensbildungen dar.

 

In einer weniger abstrakten Analyse kann man zum E- Bereich alle jene Einflüsse zählen, die aus verschiedenen sozialkulturellen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens stammen und die die vorgegebenen natürlichen Faktoren, der Stand der Technik, der Bildung und der Wissenschaft sind. Die I -Seite der Ökonomie wird unter anderem auch aus Bereichen wie dem der Politik, des Rechts, der Ethik bestimmt.

Das sind jedoch immer noch nur äußerliche Strukturen, die dem Zusammenspiel der E-Seite und der I-Seite zugrunde liegen; genauer gesagt, die das Wechselverhältnis von E-Entwicklung und I-Entfaltung bilden.

Zu unseren Hypothesen gehört, dass es eine allgemeine und „objektive“ Entwicklung der E-Seite gibt. Die Ökonomie ist ein Ausschnitt der allgemeinen E-Entwicklung. Diese stellt sich historisch zum Beispiel als die Entstehung der „Leistungsgesellschaft“ dar. Stets sind mit den E-Entwicklungsphasen – wie die der Technologien und die Höhe der Kapitalansammlung – spezifische I-Entfaltungen als notwendige Zielsetzungen und möglich gewordene Interessenverfolgungen verbunden.

Die allgemeinen Strukturen dieser beiden miteinander verbundenen Bewegungen ( I/E ) werden aus den jeweils vorhergehenden Entwicklungsabschnitten erzeugt.

Die Ökonomie ist eine gesellschaftliche Erscheinung. Bei uns bedeutet das, es kommt auf das Verhältnis der Ii zu den Ik und dem Ig an. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Ii eine Bandbreite von Freiheiten und Eigenständigkeit gegeneinander und gegenüber den Ik und den Ig haben. Diese relative Freiheit wird inhaltlich durch derartige Vorstellungen gefüllt, die in der Sprache der wissenschaftlichen Ökonomie als „Konkurrenz“ bezeichnet werden. Vor allem aber ist es das „Marktprinzip“, welchem formal die wechselseitige Einflussnahme der vielen gleichberechtigten individuellen Zielsetzungsfunktionen zu Grunde liegt.

Dieser Struktur, die aus der I-Sphäre stammt, steht in enger Verbindung die Struktur der E-Sphäre in einem dynamischen Verhältnis gegenüber.

Die E-Entwicklung ist dabei das Zentrum der philosophischen Analyse. Es geht in dieser Phase der E-Entwicklung darum, – nach den Maßstäben der Leistungsgesellschaft – durch menschliches Handeln, durch Arbeit eine Steigerung des Wertevorrates und der Qualität der Werte ( I ) zu erreichen. In der ökonomischen Sprache erscheint das zum Beispiel als die Erreichung eines Maximums von Werten als Gewinnen. Das geschieht mit dem angewendeten Mittelvorrat ( E ) an Kapital als Produktionsmitteln, Geld und Wissen. Diese Variante des I/E – Verhältnisses kann auf unterschiedliche Weise ausgedrückt werden. Als Erzeugung von „Mehrwert“ oder als Sicherung der „Rentabilität“ sowie als „Investition“ und „Akkumulation“oder politisiert als „Profit“ und „Ausbeutung“, um die gesellschaftliche, ökonomische Wichtigkeit der Kombination der Zielsetzungen ( I ) mit dem historisch gewordenen Vorrat an Arbeitsmitteln ( E ) hervorzuheben.

Stets aber ist es das gleiche I/E – Grundprinzip, nämlich die individuelle, kollektive und gesellschaftliche Zielsetzung, die darin besteht, Steigerungen des E-Vorrates, zum Beispiel an Wissen, technischen Produktionsmitteln oder auch an Konsumgütern – die ökonomisch als Mittel für die Arbeitsleistung gelten – zu erreichen

Eine alle Gesellschaften heute durchziehende Kritik hat das Ungleichgewicht zwischen dem Mittelvorrat und den I-Freiheiten im I/E-Verhältnis zum Gegenstand. Und in der Tat, wenn die E-Entwicklung – zum Beispiel als „Durchkapitalisierung“ der Welt – sich allzu weit von der eigentlich dazu gehörenden I-Entfaltung entfernt – den relativ autonomen Willensbildungen der Menschen und Gemeinschaften – kann es zu ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Krisen kommen. Solche einseitigen, ungleichgewichtigen Abläufe gestalten sich in weniger entwickelten Ländern heute noch als relativer Mangel an E – Mitteln im Verhältnis zu den individuellen und gemeinsamen Wünschen und Interessen.

Die als „I/E“ modellierte Gesamtbeziehung, das Wechselverhältnis beider Grundgrößen kann umfassend konkret ausdifferenziert werden. Zum Beispiel ist die Rückwirkung des Reichtums, an E auf die I-Bildung und damit auf die Politik und auf die Rechtssphäre ebenso möglich wie die Rückwirkung von freien Zielsetzungen auf die Weiterentwicklung der E , die sich als technische Neuerungen darstellen.

Die Komplexität des Erfahrungsobjektes „Ökonomie“, und gar deren globale Strukturen und Funktionen, sind verglichen mit anderen Bereichen der Praxis und der Wissenschaften, deswegen so groß, weil die Anzahl der E-Strukturen und die der relativ freien I-Funktionen hier nahezu unbegrenzbar ist.

Für die Philosophie ergibt sich jedoch die Möglichkeit der Reduktion der Komplexität des Ökonomischen mit Hilfe der I- und E-Darstellung. Auf dieser kann dann die Einzelwissenschaft von der Ökonomie aufbauen. Für eine wissenschaftliche Erfassung bleibt allerdings die Notwendigkeit bestehen, der I-Seite einerseits einen systematischen Platz einzuräumen und auch die Methodik als N/G- und N-G -Methoden umfassend systematisch zu integrieren. .

Obwohl der wissenschaftstheoretische Charakter in solchen Bereichen wie der Wirtschaftswissenschaft überwiegend von N/G und I/E bestimmt wird, kann man auch die dort nomologisch-rationale und logische Methodik nicht vernachlässigen. Denkmodelle, die den Untersuchungsgegenstand gedanklich konstruieren und dabei vereinfacht darstellen, gestatten durchaus, die logischen Implikationen rational begründbarer Handlungsmaximen abzuleiten. Jedoch sind die so – etwa durch eine formale Entscheidungslogik – gewonnenen Erkenntnisse oft von geringem empirischen Gehalt. Allein nomologische Aussagen – mittels G-Methoden gewonnene E-Aussagen – über das Erkenntnisobjekt zu haben, die eine strikte Trennung zwischen dem Objekt und dem Beobachter voraussetzen, ist nicht allzu sinnvoll.

In experimentellen Situationen wird das Erkenntnisobjekt selbst verändert; auch manchmal bei Messungen. Diese Eingriffe in die Wirklichkeit, welche ein Experiment erfordert, unterscheiden sich nicht wesentlich vom normalen praktischen wirtschaftlichem Handeln, durch das mit Mitteln Ziele erreicht werden sollen. Man kann also sagen, in diesen Bereichen ist die Trennung von Wissenschaft und Praxis aufgehoben.

Eben das sagt die Modellierung „N/G zu I/E“ aus. Sie verweist damit auf eine erweiterte Wirtschaftstheorie, deren methodischer Fundus sich nicht darin erschöpft, das an den Objekten gleich Bleibende oder Regelmäßige zu identifizieren. Die Suche nach allgemein gültigen funktionalen Zusammenhängen muss sich auch auf die I- und die I/E-Seite beziehen. Es geht dabei nicht darum, einer strikten Gesetzmäßigkeit das „einmalige Ereignis“, das methodisch ja auch nur deskriptiv-identifikatorisch erfasst wird, gegenüberzustellen. Die Überprüfung derartiger singulärer Hypothesen beruft sich dann auf anderweitig bestätigte singuläre Sätze, die in anderen wissenschaftlichen Disziplinen auf dieselbe oberflächliche Weise für gültig befunden wurden. Die eigentliche Einordnung in eine theoretische Systematik wird so umgangen. Dabei geht es vielmehr darum, in jeder ökonomischen E-Konstellation die I-Seite zu entdecken, um sie mit der Fülle der möglichen alternativen I zu verbinden. Und in der I/E – Relation geht es zum Exempel darum, die Adäquatheit der I zu den E zu prüfen.

Der Objektbereich der ökonomischen Theorie gilt im allgemeinen als ein offenes System, in dem die Anzahl der zu berücksichtigenden Variablen und der theoretischen Strukturen unbegrenzt ist. Fehlerhaft wäre es aber, von dieser Unbestimmtheit und den dadurch möglichen „willkürlichen“ Entscheidungen auf eine prinzipielle Theorielosigkeit zu schließen. Auch ist es nicht richtig, Abweichungen der realen Entwicklung von Modellannahmen abstrakt auf die nicht kontrollierbaren Bedingungen der Realität zurückzuführen Es geht dagegen darum, aus einer strukturierten I/E-Sphäre die willkürlichen I-Entscheidungen systematisch zu begrenzen. Das erst wäre das „Rationalverhalten“, auf das sich ein Großteil der ökonomischen Schulen beruft. Es geht aber ebenso darum, die vorwärts weisende Kreativität der I-Seite zu nutzen. Wenn in den hoch entwickelten Industriestrukturen jede I-Erzeugung unter den Verdacht der Irrationalität, Willkür und Utopie gestellt wird und nicht systematisch die Angepasstheit möglicher E an die neu erzeugten I geprüft wird, dann verliert die Ökonomiepraxis an Dynamik.

Die E-Seite stellt sich zum Beispiel dar als die vorhandenen Produktions- und Kapitalmittel, und die I-Seite als die investiven und konsumtiven Bedürfnisse. Die I/E-Relation ist dann das ökonomische Grundproblem der Verwendung knapper Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse.

Mit der Einführung von I und I/E wird auch der alte Methodenstreit erweitert, in welchem die Hermeneutik ( N/G ) und die Deduktion ( N-G ) auf ihrem jeweiligen Autonomieanspruch beharrten. Tatsächlich kann aber gezeigt werden, dass beide mit einer gewissen philosophischen Notwendigkeit gemeinsam ein unendliches Feld des Überganges bilden. Und eben dieses Feld hat auch die beiden „Pole“ E und I .

6.2.3.1 Ökonomie der Finanzmärkte

Jetzt geht es darum, am Beispiel eines wissenschaftlichen und praktischen Bereiches die E –, die I – und die I/E – Verhältnisse zu veranschaulichen In den Erscheinungsformen der heutigen Industrie- und Leistungsgesellschaft konkretisiert sich die allgemeine E-Entwicklung mit der Ausweitung der E in quantitativer und qualitativer Weise. Zum Anwachsen der Vorräte an E-Mitteln treten die Möglichkeiten, die individuellen und gesellschaftlichen Zielsetzungen ( I ) in gleichem Maße zu erweitern.

Zugleich geht es mir auch darum, meine Behauptung zur „Beschleunigung“ der E-Entwicklung und der I-Entfaltung zu belegen.

Der Träger dieser Beschleunigungen ist hier der Handel und da wiederum der Handel mit Geld, Krediten, Versicherungsleistungen und anderen Diensten.

Diese Leistungen erlauben es in besonderem Maße, die Arbeitsweisen und deren technologische Grundlagen – die wir zu den Arbeitsmitteln ( E ) zählen – in kurzen Zeitabständen immer wieder „umzuschlagen“, zu erneuern und zu modernisieren. Dadurch wird unter anderem der Arbeitsprozess insgesamt beschleunigt.

Die gehandelten Dienste und Güter, beispielsweise vielfältige neue Formen der Finanzinnovationen, der Geldanlage, eignen sich für diese Beschleunigung, da sie zunehmend abstrakter werden und von daher ihrer Flexibilisierung und Beweglichkeit keinerlei Widerstand entgegensetzen.

Die ideologischen, politischen und juristischen Begleitmaßnahmen, wie die Deregulierung des Finanzsektors oder die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs, gründen in jenen gesellschaftlichen Zielsetzungen ( I ), welche als Interessen in den Subsystemen des theoretischen und praktischen Konstruktes „Leistungsgesellschaft“ als Globalisierug und grenzenlose Konkurrenz erscheinen.

Die Entwicklungstendenzen der E – und der I -Seite, die sich in der Verschärfung der globalen Konkurrenzsituation, in den Zentralisierungen, Rationalisierungen und Diversifizierungen in formaler Weise zeigen, stehen zunächst alle unter dem inhaltlichen Ziel, die Rentabilität zu steigern. Das ist das wichtigste strategische Ziel ( I ) in dieser historischen Entwicklungsphase. Alle anderen Ziele werden diesem tendenziell untergeordnet, so das Ziel, alle technischen Möglichkeiten zu entwickeln – zum Beispiel die weitgehende Automatisierung der Bankgeschäfte, oder die Kostensenkungen durch Personalabbau als eine auch vom ökonomischen System erzwungene Strategie, maschinelle E-Konfigurationen an die Stelle von Menschen zu nutzen.

Es zeigen sich für diese Entwicklungsphase im ökonomisch-technologischen Bereich deutliche Strukturierungen. Für die E-Entwicklung der Wertformen – wie Geld und Kapital – gilt jetzt,dass sich die Art und Anzahl dieser Mittel immer weiter vermehrt – und es gibt die Tendenz, nach der auch E- Größen aus anderen Bereichen zu technologischen und ökonomischen Mitteln ( E ) werden.

Wie sieht es mit der I-Seite aus? Gibt es neben dem strategischen Hauptziel der Gewinnerzielung noch genügend weitere I ? Zu den wichtigeren Ursachen von ökonomischen Krisen zählt man, dass es für die gesteigerten Machbarkeiten vermöge des angehäuften Mittelvorrats ( E ) kein Gleichgewicht zu deren Einsatz und Nutzung gibt. Es fehlen dort die Zielsetzungen ( I ), zum Beispiel für Investitionsentscheidungen, aber gleichfalls fehlen rentable Perspektiven ( I ) in Konsumbereichen. Nur die Kreation neuer individueller und kollektiver Ziele ( I ) kann das notwendige I/E-Gleichgewicht herstellen.

Durch die vielfältigen neuen Arten von Konten, Wertpapieren, Kreditarten etc, beim Handel mit ausländischen Währungen oder mit Derivaten erschließen sich die Banken und die institutionellen Anleger zusätzlich neue Märkte. Das strategische Ziel aller dieser Neuerungen bleibt, die Erweiterung im E-Bereich zu verbessern. Die beschleunigte Entwicklung der Industrie und des Handels kann als die Sicherung einer langfristig hohen Rendite interpretiert werden. Das aber verstärkt die alleinige Zielsetzung, die in der weiteren Beschleunigung einer einseitigen E-Entwicklung besteht. Alle anderen möglichen strategischen weltgesellschaftlichen Zielsetzungen werden nicht direkt verfolgt.

Man kann jedoch unterstellen, dass diese sich beschleunigende Konzentrations- und Zentralisationsdynamik der formale und erste Schritt ist, der die Möglichkeit bietet, solche Ziele ( I ) für die Weltgesellschaft zu erarbeiten. Die transnationalen Zusammenschlüsse aus Banken, Versicherungen, Investmentfonds u.ä., – und auch immer noch in Industrie- und Handelskonzernen – werden aus einem objektiven Eigeninteresse weltweite strategische Orientierungen ( I ) erzeugen müssen, welche über das Vorantreiben der E-Entwicklung als die Durchkapitalisierung der Gesellschaften hinausreichen.

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