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Kulturtheorie

Kultur ist der Inbegriff menschlicher Anstrengung, die eigene innere wie die äußere Natur zu bändigen, aber auch, diese zu pflegen und zu vervollkommnen. Wobei nach und nach die „innere menschliche Natur“ alles das umfasst, was die menschliche Subjektivität ausmacht, seine Fähigkeiten und Anlagen zum Beispiel.

 

Diesen schrittweisen Übergang von der Natur zur Kultur beschreiben wir als Teil der „allgemeinen Entwicklung“. Die Kultur hat dann nicht nur die anfängliche Veränderung der Natur zum Ziel. Sie hat ihren Begriff wesentlich erweitert und alle Bereiche der menschlichen Umgebung im Visier. Das Ziel der Kulturentwicklung ist die Entwicklung der geistigen und der natürlichen Werte, die Entfaltung des Individuellen wie der gesellschaftlichen Beziehungen in gleichem Maße

Diese etwas verschwommenen und allgemeinen Aussagen zu dem, was Kultur ist, begegnen uns bereits mit dem historischen Beginn der philosophischen Reflexion über den Begriff der Kultur. So wird bei Herder, Kant und Schiller als das Ziel der Kultur die Humanität, die Hervorbringung eines vernünftigen Wesens mit der höchsten Fülle von Dasein, Selbständigkeit und Freiheit gesehen. Heute kommt es nun darauf an, diese Vornahmen straffer zu fassen – dabei soll die Philosophie helfen..

Das Ziel der Veränderung der Natur durch den Menschen hat zwei Seiten, die durch die Begriffe der „Bearbeitung“ und dem der „Nutzbarmachung“ der Natur angedeutet werden..

Das menschliche Subjekt stellt die Wechselwirkungen – eventuell über Werkzeuge vermittelt – seiner eigenen Natur mit der äußeren her. Man kann diese Wechselwirkungen, Arbeitsabläufe und Methoden in der von uns zuvor beschriebenen Weise systematisieren, als N-G- und N/G-Verfahren.

Alle diese Verfahren und Methoden sollen die Natur menschlichen Bedürfnissen dienstbar machen. Sie sind von Interessen, Wünschen und Hoffnungen ( I ) gesteuert; das besagt das Ziel des „Nutzens“ zum Beispiel.

Unsere philosophische Systematisierung bedarf jetzt noch der Hervorhebung der E-Seite. Die E-Seite hat hier charakteristischerweise zwei Aspekte, den des Mittels zur Erzeugung von Kultur wie auch die Kultur selber, als Kulturgüter oder als kultivierte Verhaltensweisen.

Wir stellen die Entwicklung der Kultur in einen weiteren philosophischen Zusammenhang. Die Naturverhältnisse betrachteten wir bereits und zwar als „enge“ I/E-Relationen. Die allgemeine Entwicklung ist jetzt bestimmbar als schrittweise Trennung dieser I/E-Zusammenhänge. Mit der Folge, dass die beiden voneinander befreiten Seiten, im Grade ihrer Trennung sich eigenständig und in Maximierungsprozessen verwirklichen. Dabei werden die Eigenarten beider durch die ebenfalls bereits beschriebenen Funktionen der E- und der I-Sphäre bestimmt.

Eine der Folgerungen aus diesem relativ objektiven Entwicklungsprozess ist die historische Ausdehnung des menschlichen Eingriffs in die Natur sowie die Expansion der Erkenntnis. Das kann im geschichtlichen Aufkommen der europäischen Leistungsgesellschaft erkannt werden. Es zeigt sich vor allem auch in der Durchdringung der Natur mit Hilfe der „mechanischen-idealistischen Wissenschaften.

In allen diesen Varianten des objektiven Entwicklungsprozesses werden I/E-Verhältnisse zu E- Gebilden, zum Beispiel als positives Wissen und als Werkzeuge, Produktionsmittel, Kapital. Sie werden deshalb als „entfremdete“Objekte gesehen, als solche mit „Warencharakter“, weil ihr Sinn ( I/E ) verlorengegangen scheint. Wir sehen das als eine Folge der völligen Abtrennung ihrer I-Seite von der E-Seite. Zur Erinnerung, „Sinn“ war als lockere, weit gefasste Beziehung der I zu den passenden E beschrieben worden.

Die Trennung der I/E-Relationen hat mit der „Befreiung“ der beiden Seiten auch zur Folge, dass die Anzahl der E-Varianten und die Fülle der Produktionsmittel sowie der Konsumgüter außerordentlich anwächst. Das ist eine Voraussetzung für das gleichzeitige Anwachsen der möglichen I-Funktionen. Da es jedoch hier um ein unbegrenztes Feld des Überganges von enger, weiter und fehlender Beziehung zwischen I und E geht, können auch diese Güter als Kulturträger gelten.

Eine weitere Folge ist, dass die überkommenen Streitigkeiten zwischen kulturellen Ansprüchen nicht mehr in sich gegenseitiger Ausschließung bestehen müssen.

Die Kämpfe der Kulturen sind nicht neu, ob zwischen religiösen Bewegungen oder zwischen bourgeoiser und proletarischer Kulturvorstellung oder zwischen nationalen und ethnischen Anschauungen. Die Schaffung einer Weltkultur ist darauf angewiesen, allen möglichen Varianten Gleichberechtigung zu garantieren. Philosophisch gesehen, hängt das unmittelbar mit der Strukturierung der I-Sphäre zusammen; mit dem Anwachsen der I.-Anzahl , und vor allem mit der Gleichberechtigung aller I. Das gilt darüber hinaus auch für die Zunahme der Fähigkeiten der Individuen, Ziele für sich zu setzen und diese mit passenden E so zu verbinden, so, dass daraus individual-kulturelle Strukturen entstehen.

Ein formales Spezifikum an diesem Vorgang der allgemeinen Entwicklung ist, dass diese E-Varianten sich im Laufe ihrer „Befreiung“ einerseits von der I – Seite immer leichter abtrennen lassen, aber andererseits beliebige I sich mit jedem E verbinden lassen. Das gilt auch und gerade für die Kulturgüter. Das dabei wirkende Prinzip der I-Freiheit kann jedoch auch dazu führen, dass I zwar formuliert, aber nicht mit passenden E verbunden werden, wenn beispielsweise gesellschaftliche Defizite keine E oder nur „falsche“ E zur Verfügung stellen lassen.

Die Folgen werden von seiten der gelungenen I/E-Relationierungen kritisch eingeschätzt, zum Beispiel als „Kulturverfall“ oder als kulturelle Krisensituation.

Dieser Teil des allgemeinen Entwicklungsprozesses geschieht durch menschliches Handeln, beispielsweise durch Arbeit an der Natur. Die Struktur der Handlungs- und Arbeitsverfahren besteht darin, mit eigenen Zielsetzungen ( I ) den autonomen Zielen des Naturgegenstandes zu begegnen, um diese im menschlichen Sinne zu verändern. Dazu werden in einem ersten Schritt Methoden der Identifikation ( G ) eingesetzt, so die empirische Beobachtung und die Auswahl. des zu bearbeitenden Gegenstandes.

Die eigentliche Veränderung des Naturgegenstandes erfolgt mit einer breiten Palette von begrifflichen und konkreten Methoden, die wir als N/G und auch N-G modellieren.

Das Ergebnis dieser Arbeitsprozesse ist philosophisch stets gleichartig, die N/G-Methoden helfen die menschlichen Interessen und Ziele ( I ) gegenüber denen der Natur durchzusetzen. Und die N-G-Methoden identifizieren das damit entstandene neue Gebilde als E , als Produkt oder eben als Kulturgut

Das kann man theoretisch verallgemeinern. Die Abgrenzung der Naturwissenschaften zu den Kultur- und Geisteswissenschaften bezieht sich nur auf jene „mechanistisch-ideellen“ Naturwissenschaften, bei denen die klassische Logik und die identifizierenden, nomothetischen Methoden im Zentrum der E- Bildung stehen. In den genauer forschenden heutigen Naturwissenschaften und in den Kulturwissenschaften kommen die N/G-Methoden – wie es die Dialektik, die „Kritik“ und die Hermeneutik beispielsweise sind – zusätzlich zum Einsatz. Vor allem durch sie treten die I/E-Relationen in den Vordergrund. Ein mögliches neues Paradigma besteht in der Erkenntnis, dass beide methodischen – N-G, N/G – und inhaltlichen, sachlichen Seiten – I – E, I/E – stets zugleich und gleichberechtigt wirken.

Die jeweiligen Schwerpunktsetzungen sind aus abgeleiteten und zusätzlichen Motiven – Ii, Ik oder Ig – erklärbar, zum Beispiel aus der Nähe früher naturwissenschaftlicher Forschung zur Praxis der Lebenswelt.

Das lässt sich auch am Begriff der Kultur-Theorie demonstrieren. Sie gehört zu jenen Bereichen, in denen versucht wird, wissenschaftlich die geschichtlich gewachsenen und daher wandelbaren und einmaligen Erscheinungen im gesellschaftlichen Zusammenhang zu verstehen. Dennoch wird in jedem Kollektiv versucht, die „Kulturgüter“ und die sie tragenden kollektiven Ziele ( Ik ) in zeitloser Gültigkeit als Kulturtraditionen im E-Status zu halten.

Es steht aber und dagegen ebenso fest, dass die E und die I im I/E-Verhältnis sich in technisch-ökonomischer und in politischer Weise in Entwicklungen verändern – und heute geschieht das in beschleunigtem Tempo. Die konkreten Bereiche wie Wissenschaft, Kunst, Bildung und Alltag werden dadurch zu immer neuen Möglichkeiten der kulturellen Schöpfungen veranlasst; unter Einbezug immer weiterer Gebiete der globalen Gesellschaftlichkeit und der menschlichen Persönlichkeit.

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