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Technik

Das Handeln, die Arbeit, auch die wissenschaftliche Leistung lassen sich durch die Methodik analysieren. Die Absicht des methodischen Handelns besteht stets darin, E – Varianten zu erarbeiten; ob zum Beispiel als Güter oder als positives Wissen. Der Sinn und das Ziel dieser Tätigkeiten wird dagegen von der I-Seite bestimmt.

 

Somit ist jede Technik eine I/E-Relation, es sind die Wechselbeziehungen von Arbeitsmitteln, Zielsetzungen und Arbeitsergebnissen. Wobei diese E mittels der N,G mit den I vermittelt werden.

Es liegt an der prinzipiellen Art der I , dass deren Anzahl groß und ihr „Sinn“ äußerst vielfältig ist, und dass dieser wenig gesichert sein kann. Daher sind heute zum Beispiel Ziele, wie die „Naturbeherrschung“ durch technischen Fortschritt oder das „wirtschaftliche Wachstum“ umstritten.

Das objektive Anwachsen der E-Seite ist nichtsdestoweniger die Basis dafür, dass in immer erheblicherem Umfang materielle und intellektuelle Bedürfnisse ( I ) erzeugt und befriedigt werden.

Herkömmliche Wissenschaft ist – bis heute – der Versuch gewesen, jeglichen I-Einfluss systematisch zu eliminieren, während die E-Seite hervorgehoben wird. Die oft beobachtete Selbstverständlichkeit, mit der Technik und Wissenschaft immer schon in unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden, rührt aber daher, dass die einzelwissenschaftlichen Bereiche auch eigene I-Strukturen besitzen. Diese I sowie die gesellschaftlich gesetzten Zwecke und Ziele machen eine Verbindung von Wissenschaft und Technik möglich. In unserer philosophischen Systematik kann man hier vom Verhältnis „E zu I/E“ sprechen.

Technik hat seit jeher den Sinn des Machens, des Herstellens. Die Methoden der traditionellen Wissenschaften, zum Beispiel die Empirie oder die Logik, zielen darauf ab, mithilfe von G und E derart unexakte Begriffe zu reduzieren, während methodische Vorstellungen, die darüber hinaus gehen – wie „Arbeit“, „Handlung“ – und die die Praxis-Wirklichkeit in ihrer ganzen Breite und Tiefe zu durchdringen versuchen – die I-Seite und die E-Seite auf spezifische Weise in die Methodik einbeziehen. Diese Kombination der N-G-Relation mit den I und E ist eine die „Technik“ charakterisierende Eigenheit.

Und entsprechend zeigt sich die Entwicklung aller Technologien als historische Tendenz zur E-Vollendung und zur I-Entfaltung, welche beide in ihrem Zusammenspiel die philosophische Situation der Verbindung von Wissenschaften und Technik wiedergeben.

Selbstverständlich laufen die Wissenschaften und die ihnen zugeordneten Techniken in ihrer Entwicklung parallel – als Teil der allgemeinen E-Entwicklung. In den Naturwissenschaften sind es vor allem die Methodik, wie die Mathematik , welche die Wissenschaft vorantreibt; woanders sind es die technischen Erfahrungen, die als erweitertes Experimentieren dann auch der Wissenschaft zugute kommt.

Neben diesem wechselseitigen Zusammenspiel von E – als wissenschaftlicher Erkenntnis – und I/E sowie der N,G-Methoden, gilt, dass je tiefer die Wissenschaften begründet werden können, umso weiter wird der Horizont der technischen Möglichkeiten. Und die dadurch sich vollendende E-Seite eröffnet Chancen für zunehmend zahlreichere und neue I .

Die modernen Wissenschaften entdecken außerdem in ihren Grundlagen zunehmend die I-Seite, so dass sie als konkrete Varianten der I/E-Relationierung beschreibbar sind; dadurch nähern sie sich der Definition von „Technik“ an.

Technik, die den Maßgaben von E-Entwicklung und I-Entfaltung gehorcht und beide kombiniert, ist von der Qualität beider Seiten abhängig. Hierher gehören ebenso Erscheinungen des Missbrauches von Technik, wenn die I entsprechende sind; oder Unbegrenztheiten, wenn die wissenschaftliche Fähigkeit zur Verallgemeinerung die E-Seite über die Grenzen gegebener Ressourcen hinaus treibt. Das Bestreben der Techniken, ungehemmt auf alle Bereiche des Lebens zuzugreifen, verdankt sich also der objektiven E-Entwicklungsdynamik und deren Beschleunigung, sowie der daraus folgenden I-Freiheit und deren Dynamik – welche zum Beispiel als die Zunahme der individuellen und der gesellschaftlichen Zielsetzungen erscheint.

Die Durchkapitalisierung der Welt mit ihrer Reduzierung aller Verhältnisse auf Geld – Kapital und Geld sind zwei Varianten, die den E-Charakter in extremer Weise repräsentieren – sowie die ständig weitergehende wissenschaftliche Durchdringung der Realität sind Entwicklungen der E-Sphäre. Festzuhalten ist aber, diese wissenschaftlichen und ökonomischen Abläufe haben zwar den E-Charakter und sie sind Mittel, die die Tendenz haben sich zu „vollenden“, aber sie haben den Zielsetzungen gesellschaftlicher Vorgaben zu folgen. In der historischen Praxis gibt es zwar doch schließlich immer wieder I/E-Kombinationen, aber die Zwecksetzungen ( I ), denen die Techniken heutzutage folgen, die zunehmend und grundsätzlich vielfältig sind, werden zugleich anwachsend widersprüchlich; bis hin zum Verstoß gegen das Fundamental-Ziel der menschlichen Selbsterhaltung.

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Kulturtheorie

Kultur ist der Inbegriff menschlicher Anstrengung, die eigene innere wie die äußere Natur zu bändigen, aber auch, diese zu pflegen und zu vervollkommnen. Wobei nach und nach die „innere menschliche Natur“ alles das umfasst, was die menschliche Subjektivität ausmacht, seine Fähigkeiten und Anlagen zum Beispiel.

 

Diesen schrittweisen Übergang von der Natur zur Kultur beschreiben wir als Teil der „allgemeinen Entwicklung“. Die Kultur hat dann nicht nur die anfängliche Veränderung der Natur zum Ziel. Sie hat ihren Begriff wesentlich erweitert und alle Bereiche der menschlichen Umgebung im Visier. Das Ziel der Kulturentwicklung ist die Entwicklung der geistigen und der natürlichen Werte, die Entfaltung des Individuellen wie der gesellschaftlichen Beziehungen in gleichem Maße

Diese etwas verschwommenen und allgemeinen Aussagen zu dem, was Kultur ist, begegnen uns bereits mit dem historischen Beginn der philosophischen Reflexion über den Begriff der Kultur. So wird bei Herder, Kant und Schiller als das Ziel der Kultur die Humanität, die Hervorbringung eines vernünftigen Wesens mit der höchsten Fülle von Dasein, Selbständigkeit und Freiheit gesehen. Heute kommt es nun darauf an, diese Vornahmen straffer zu fassen – dabei soll die Philosophie helfen..

Das Ziel der Veränderung der Natur durch den Menschen hat zwei Seiten, die durch die Begriffe der „Bearbeitung“ und dem der „Nutzbarmachung“ der Natur angedeutet werden..

Das menschliche Subjekt stellt die Wechselwirkungen – eventuell über Werkzeuge vermittelt – seiner eigenen Natur mit der äußeren her. Man kann diese Wechselwirkungen, Arbeitsabläufe und Methoden in der von uns zuvor beschriebenen Weise systematisieren, als N-G- und N/G-Verfahren.

Alle diese Verfahren und Methoden sollen die Natur menschlichen Bedürfnissen dienstbar machen. Sie sind von Interessen, Wünschen und Hoffnungen ( I ) gesteuert; das besagt das Ziel des „Nutzens“ zum Beispiel.

Unsere philosophische Systematisierung bedarf jetzt noch der Hervorhebung der E-Seite. Die E-Seite hat hier charakteristischerweise zwei Aspekte, den des Mittels zur Erzeugung von Kultur wie auch die Kultur selber, als Kulturgüter oder als kultivierte Verhaltensweisen.

Wir stellen die Entwicklung der Kultur in einen weiteren philosophischen Zusammenhang. Die Naturverhältnisse betrachteten wir bereits und zwar als „enge“ I/E-Relationen. Die allgemeine Entwicklung ist jetzt bestimmbar als schrittweise Trennung dieser I/E-Zusammenhänge. Mit der Folge, dass die beiden voneinander befreiten Seiten, im Grade ihrer Trennung sich eigenständig und in Maximierungsprozessen verwirklichen. Dabei werden die Eigenarten beider durch die ebenfalls bereits beschriebenen Funktionen der E- und der I-Sphäre bestimmt.

Eine der Folgerungen aus diesem relativ objektiven Entwicklungsprozess ist die historische Ausdehnung des menschlichen Eingriffs in die Natur sowie die Expansion der Erkenntnis. Das kann im geschichtlichen Aufkommen der europäischen Leistungsgesellschaft erkannt werden. Es zeigt sich vor allem auch in der Durchdringung der Natur mit Hilfe der „mechanischen-idealistischen Wissenschaften.

In allen diesen Varianten des objektiven Entwicklungsprozesses werden I/E-Verhältnisse zu E- Gebilden, zum Beispiel als positives Wissen und als Werkzeuge, Produktionsmittel, Kapital. Sie werden deshalb als „entfremdete“Objekte gesehen, als solche mit „Warencharakter“, weil ihr Sinn ( I/E ) verlorengegangen scheint. Wir sehen das als eine Folge der völligen Abtrennung ihrer I-Seite von der E-Seite. Zur Erinnerung, „Sinn“ war als lockere, weit gefasste Beziehung der I zu den passenden E beschrieben worden.

Die Trennung der I/E-Relationen hat mit der „Befreiung“ der beiden Seiten auch zur Folge, dass die Anzahl der E-Varianten und die Fülle der Produktionsmittel sowie der Konsumgüter außerordentlich anwächst. Das ist eine Voraussetzung für das gleichzeitige Anwachsen der möglichen I-Funktionen. Da es jedoch hier um ein unbegrenztes Feld des Überganges von enger, weiter und fehlender Beziehung zwischen I und E geht, können auch diese Güter als Kulturträger gelten.

Eine weitere Folge ist, dass die überkommenen Streitigkeiten zwischen kulturellen Ansprüchen nicht mehr in sich gegenseitiger Ausschließung bestehen müssen.

Die Kämpfe der Kulturen sind nicht neu, ob zwischen religiösen Bewegungen oder zwischen bourgeoiser und proletarischer Kulturvorstellung oder zwischen nationalen und ethnischen Anschauungen. Die Schaffung einer Weltkultur ist darauf angewiesen, allen möglichen Varianten Gleichberechtigung zu garantieren. Philosophisch gesehen, hängt das unmittelbar mit der Strukturierung der I-Sphäre zusammen; mit dem Anwachsen der I.-Anzahl , und vor allem mit der Gleichberechtigung aller I. Das gilt darüber hinaus auch für die Zunahme der Fähigkeiten der Individuen, Ziele für sich zu setzen und diese mit passenden E so zu verbinden, so, dass daraus individual-kulturelle Strukturen entstehen.

Ein formales Spezifikum an diesem Vorgang der allgemeinen Entwicklung ist, dass diese E-Varianten sich im Laufe ihrer „Befreiung“ einerseits von der I – Seite immer leichter abtrennen lassen, aber andererseits beliebige I sich mit jedem E verbinden lassen. Das gilt auch und gerade für die Kulturgüter. Das dabei wirkende Prinzip der I-Freiheit kann jedoch auch dazu führen, dass I zwar formuliert, aber nicht mit passenden E verbunden werden, wenn beispielsweise gesellschaftliche Defizite keine E oder nur „falsche“ E zur Verfügung stellen lassen.

Die Folgen werden von seiten der gelungenen I/E-Relationierungen kritisch eingeschätzt, zum Beispiel als „Kulturverfall“ oder als kulturelle Krisensituation.

Dieser Teil des allgemeinen Entwicklungsprozesses geschieht durch menschliches Handeln, beispielsweise durch Arbeit an der Natur. Die Struktur der Handlungs- und Arbeitsverfahren besteht darin, mit eigenen Zielsetzungen ( I ) den autonomen Zielen des Naturgegenstandes zu begegnen, um diese im menschlichen Sinne zu verändern. Dazu werden in einem ersten Schritt Methoden der Identifikation ( G ) eingesetzt, so die empirische Beobachtung und die Auswahl. des zu bearbeitenden Gegenstandes.

Die eigentliche Veränderung des Naturgegenstandes erfolgt mit einer breiten Palette von begrifflichen und konkreten Methoden, die wir als N/G und auch N-G modellieren.

Das Ergebnis dieser Arbeitsprozesse ist philosophisch stets gleichartig, die N/G-Methoden helfen die menschlichen Interessen und Ziele ( I ) gegenüber denen der Natur durchzusetzen. Und die N-G-Methoden identifizieren das damit entstandene neue Gebilde als E , als Produkt oder eben als Kulturgut

Das kann man theoretisch verallgemeinern. Die Abgrenzung der Naturwissenschaften zu den Kultur- und Geisteswissenschaften bezieht sich nur auf jene „mechanistisch-ideellen“ Naturwissenschaften, bei denen die klassische Logik und die identifizierenden, nomothetischen Methoden im Zentrum der E- Bildung stehen. In den genauer forschenden heutigen Naturwissenschaften und in den Kulturwissenschaften kommen die N/G-Methoden – wie es die Dialektik, die „Kritik“ und die Hermeneutik beispielsweise sind – zusätzlich zum Einsatz. Vor allem durch sie treten die I/E-Relationen in den Vordergrund. Ein mögliches neues Paradigma besteht in der Erkenntnis, dass beide methodischen – N-G, N/G – und inhaltlichen, sachlichen Seiten – I – E, I/E – stets zugleich und gleichberechtigt wirken.

Die jeweiligen Schwerpunktsetzungen sind aus abgeleiteten und zusätzlichen Motiven – Ii, Ik oder Ig – erklärbar, zum Beispiel aus der Nähe früher naturwissenschaftlicher Forschung zur Praxis der Lebenswelt.

Das lässt sich auch am Begriff der Kultur-Theorie demonstrieren. Sie gehört zu jenen Bereichen, in denen versucht wird, wissenschaftlich die geschichtlich gewachsenen und daher wandelbaren und einmaligen Erscheinungen im gesellschaftlichen Zusammenhang zu verstehen. Dennoch wird in jedem Kollektiv versucht, die „Kulturgüter“ und die sie tragenden kollektiven Ziele ( Ik ) in zeitloser Gültigkeit als Kulturtraditionen im E-Status zu halten.

Es steht aber und dagegen ebenso fest, dass die E und die I im I/E-Verhältnis sich in technisch-ökonomischer und in politischer Weise in Entwicklungen verändern – und heute geschieht das in beschleunigtem Tempo. Die konkreten Bereiche wie Wissenschaft, Kunst, Bildung und Alltag werden dadurch zu immer neuen Möglichkeiten der kulturellen Schöpfungen veranlasst; unter Einbezug immer weiterer Gebiete der globalen Gesellschaftlichkeit und der menschlichen Persönlichkeit.

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Kunst, Ästhetik

Kunst ist mehr noch als „Kultur“ es schon ist, eine Betonung und Befreiung der I-Seite in dem und aus dem I/E-Verhältnis.

 

Bereits Hegel erkannte, dass es sich bei der Ästhetik und den anderen Wissenschaften lediglich um zwei verschiedene „Stufen“ der Erkenntnis handelt. Der Unterschied zwischen Kunst und den Objekten und Methoden der traditionellen Wissenschaftsbereiche liegt in der Betonung der E-Seite sowie der N-G-Methoden durch die empirischen und positivistischen Wissenschaften, gegenüber der Betonung der I-Seite bei den Künsten. Der Erkenntnismodus der traditionellen Wissenschaften ist die Betonung von E und G . Jedoch die modernen Wissenschaften lassen sich dadurch charakterisieren, dass sie die N/G-Methoden nutzen und die I -Seite berücksichtigen. Somit verkleinert sich der Unterschied zwischen Wissenschaft und Ästhetik in für unsere philosophische Systematik signifikanter Weise.

Es wäre aber ein Missverständnis, wenn die Bedeutung der zusätzlich erfolgenden „Schwerpunktbildung“ innerhalb des wissenschaftstheoretischen Feldes unterschätzt würde. Die Nähe der Ästhetik zu Bereichen wie beispielsweise dem der Psychologie, der menschlichen Affektivität – N/G und I/E – ist größer als zu  solchen Bereichen, wie zum Beispiel dem der mathematischen Formung der Realität – E und G .

Die Betonung der I-Seite drückt sich beispielsweise darin aus, dass in der ästhetischen Praxis und in der Theorie zwei wesentliche Strukturaspekte der I:Sphäre hervorgehoben werden, die Ii in ihrer prinzipiell alleinigen Fähigkeit zur Kreativität und die formale I-Funktion der freien Vorausschau, der Vorwegnahme möglicher Zukunft. Absolute und ewig gültige Normen der Kunst kann es deshalb nicht geben, weil „Gültigkeit“ „Unveränderlichkeit“ philosophische Kategorien aus der E-Sphäre sind, die in der I-Sphäre nicht allzuviel zu suchen haben.

So wie es objektive – zum Beispiel physikalische – Gesetze gibt, die unabhängig vom Willen des einzelnen wirken, und wie der Mensch einen spezifischen Erkenntnismodus ( G, E ) zur Feststellung der „Wahrheit“ mobilisieren kann, so hat auch jeder Mensch ein historisch gewordenes utilitäres und ästhetisches Verhältnis zur Welt, unabhängig davon, ob diese I-Seite als ein bewusstes subjektives Affekt-Engagement oder gar in Gestalt von ihm erzeugten Kunstwerken manifest wird.

In der Weise schafft es der Mensch, nicht nur sich seiner und der Vergangenheit seiner Gattung, sowie seiner Gegenwart zu vergewissern. Er kann durch die aktive Erzeugung der I seine zukünftige subjektive und gesellschaftliche Verwirklichung in der Wirkungsweise der Kunst vorwegnehmen und sogar im Spiegel dieser Ziele und Hoffnungen die Gegenwart interpretieren.

So wie die E-Seite mit den Methoden des N-G-Typs verbunden ist, wird die I-Seite von N/G-Methoden erzeugt: Die künstlerische Aktivität wie auch die Wirkung der Kunstwerke ist eine aktive dialektische Auseinandersetzung widerstreitender Prozesse. Eindeutigkeiten und Bestätigungen – also G-Varianten – sind eher am Rande liegende Ausnahmen. Kunst wirkt zwar auch direkt und „positiv“, aber nur dann, wenn die Ziele der Kunst festliegen, vorgegeben sind und gefestigt werden sollen. Wegen des philosophisch grundsätzlich möglichen Überganges von N/G zu N-G wird der alte Streit darüber, ob Kunst auch „bloße Kopie“ des Bestehenden sein kann oder allein an der schöpferischen Ermittlung der Zukunft mitwirkt, leicht beigelegt. Der ästhetische Bereich ist bevorzugt derjenige, der in sinnlich fassbarer Weise beides artikuliert: Das was bereits besteht und das was noch nicht Wirklichkeit ist.

Daher kann man ein „Wahrheitskriterium“ für Kunst darin sehen, dass sich die Bestehendes identifizierende G-Methodik und die Neues erzeugenden N/G-Methoden wechselweise aufeinander beziehen. Während es in den herkömmlichen Wissenschaften darum geht, Methoden zu nutzen, die durch Identifikation  – empirische oder logische – die Gegenstände geistig aneignen lassen,  bestimmen N/G-Methoden die ästhetische Aneignung. Diese sind, neben der identifikatorischen Abbildung, als ein Prozess der Schöpfung zu interpretieren. Wie in allen anderen „Bereichen“ sind auch in der Praxis und Theorie, die sich mit der Kunst befassen, grundsätzlich alle Methoden und damit die zwei Hauptarten philosophischer Methodologie, „N-G“ und „N/G“, zu finden.

Aus N-G entsteht E , aus N/G entsteht I , so dass sich der Übergang zur Beurteilung des Ästhetischen auch auf inhaltliche Weise, das heißt auf Basis der I , E und I/E anschließen lässt. Das Eigenartige der Kunstbereiche ist einerseits, dass sich in ihrer philosophischen Analyse alle diese Basisstrukturen vereint zeigen, dass aber zugleich – und vielleicht eben deswegen – dem Ästhetischen verhältnismäßig geringe funktionelle Notwendigkeiten im Gesamt der historischen Erscheinungen zukommen.

Die Ursache für diesen unsymmetrischen Zustand liegt in der historischen Entwicklung der E und I .Die wissenschaftliche, technologische, ökonomische Entwicklung ist die der E-Seite. Es geht dabei um die Produktion von Wissen und Gütern, deren Ziel zum großen Teil wiederum die Erstellung von Gütern und weiterem Wissen ist. Eine systematische Erweiterung der Zielsetzungen ( I ) kann dabei nur mit Rücksicht auf die E-Seite erfolgen. In der Erzeugung von Kunstwerken stünde aber die I-Funktion, gegen alle tatsächliche Einflussnahme von den E-Bereichen , an erster Stelle. Hierher gehört auch der Gedanke, dass es die Aufgabe der Kunst ist, parallel zu den Vermehrungen der E, die I in quantitativer und qualitativer Weise zu fördern, um das vorzubereiten, was als „utopische“ unendliche I-Sphäre gelten kann. Das bedeutet, mit der sich erweiternden E-Sphäre und mit deren zukünftig wahrscheinlichen Begrenzungen ist ein historischer Trend zur Erweiterung der I-Sphäre vereinbar Die Anzahl der I- Funktionen, die sich verwirklichen lassen, ist dann unbegrenzt, wenn die dafür notwendigen E-Strukturen als sich selbst und also auch I/E erhaltende Größen ausreichend zur Verfügung stehen.

In jenen Fällen, in denen die Ziele und die „Zukunft“ erst individuell und kollektiv zu finden und zu erarbeiten sind, sind die N/G-Methoden in den Abläufen unumgänglich. Die N/G -Methodik ist in einer abstrakten Variante jene „Möglichkeit“ der Kunst, die Aristoteles meint, wenn er die Kunst gegen das positive Geschehen, das zum Beispiel die Geschichtsschreibung wiedergibt, abgrenzt. Wenn man sich von der Methode der Beschreibung dessen was ist oder was war löst, also bei den G-Methoden nicht stehenbleibt, dann werden die Methoden der künstlerischen Produktion und Rezeption offen für Phantasie und Freiheit in jeglicher Gestaltung. Eben das aber ist eine Grundeigenschaft der N/G-Methodik.

Wenn man die Entstehung künstlerischer Werke und ihre Wirkungen mit den geistigen Lebensprozessen einer historischen Epoche verknüpft, dann geht es in erster Linie bei diesen individuellen und gesellschaftlichen Bewusstseinsinhalten um deren I-Seite. Die gesellschaftliche Bedeutung der Kunst besteht dann darin, dass die Kunst die Funktion hat, individuelle ( Ii ), kollektive ( Ik ) und gesellschaftliche Zielsetzungen ( Ig ). vorwegzunehmen, zumindest diese anzudeuten. Die künstlerischen Prozesse sind ihrem Wesen nach ein Element des gesellschaftlichen Lebens, mit dessen Hilfe der Mensch sich in sinnlich fassbaren Bildern die Alternativmöglichkeiten seiner Selbstverwirklichung vergegenwärtigt.

Dies Hinausgreifen über das Gegenwärtige kann ein entsprechendes Zukunftsbewusstsein voraussetzen, es geschieht aber zumeist auf spontanem Weg. Derartige Spontaneitäten manifestieren Bewertungen in psychischen, sozialen, ethischen Bereichen des individuellen und des kollektiven Lebensprozesses des Künstlers und des Betrachters.

Die Erkenntnis, dass die die Kunst begründende ästhetische Wertaxiomatik eng mit den individuellen und kollektiven Zielsetzungen und Interessen verbunden ist, war in Theorien zuvor bereits vertreten worden. Jedoch fehlte in diesen Beschreibungen noch eine systematische Verbindung zu Strukturen der I – und der E-Sphäre. Es waren lediglich umschreibende Reden von Formierungen nach dem „inhärenten Maß der Dinge“ und dem organisierten und bewussten Gattungsleben des Menschen. Die in ihm wirksamen persönlichen Beziehungen seien ständige „Entscheidungen und Parteinahmen“, die den eigentlichen „Gegenstand der Kunst“ bilden würden.

Mit der Hervorhebung der Kunst als eine Weise der Hervorhebung der individuellen und kollektiven Wünsche, Zielsetzungen und Interessen tritt diese damit in Konkurrenz zu „Politik“ und ähnlichen Bereichen, vor allem auch zu dem der Ethik. Die Abgrenzung zwischen dem ästhetischen und dem ethischen Wert eines Kunstwerkes ist seit jeher umstritten. Das Problem betrifft die Struktur der I-Sphäre; eine Abgrenzung zwischen den I ist vom Prinzip her nicht möglich. Aber in der gesellschaftlichen Praxis geht es konkret um unterscheidbare I- Inhalte und um deren unterschiedlichen E- Rahmen, das heißt um I/E-Bestimmungen. Die I/E-Relationen haben aber von der E-Sphäre her die Eigenschaft der Abgrenzung.

In der ästhetischen Aktivität des Menschen nimmt die Erzeugung der I-Funktionen einen wesentlichen Platz in der Gestaltung seines Lebens und der Beziehungen zur Welt ein. Wenn man sagt, dass der Mensch in der ästhetischen Tätigkeit der Gegenstandsseite das dem Menschen inhärente Maß anlegt, dann ist das jedoch wenig verständlich. Ästhetik sei die Theorie der Verwirklichung der menschlichen Wesenskräfte, der Gattungsnatur durch Wechselwirkung mit den Gegenständen der objektiven Realität. Was aber sind die „Wesenskräfte“ und die „Gattungsnatur“? In einem formalen Sinne lässt sich die menschliche Fähigkeit zur Freiheit der Zielsetzung womöglich so benennen und verstehen. Die Einteilung in Ii und Ig trägt dann zur inhaltlichen Erläuterung dieser abstrakten I-Funktion bei. Indem der Mensch sein Verhältnis zur Natur und zu sich selbst reflektiert und seinem eigenen Wollen unterwerfen kann, sind die Künste ein Teil der Möglichkeiten, mit denen er als Einzelner und als kollektives historisches Subjekt seine Lebensziele und Zukunftsaussichten vorwegnimmt.

Diese I beziehen sich in der Kunst auf bestimmte Teile der gegebenen physikalischen, physiologischen und kulturellen Wirklichkeit ( E ). Die Differenzierung der Künste in Musik, Film, Malerei, Tanz, Skulptur, Literatur etc. ist die Folge.

In den künstlerischen Produktionsvorgängen und Werken erscheinen vordergründig die zu bearbeitenden Rohmaterialien und ein gewisser Entwicklungsstand der Werkzeuge. Diese E-Seite tritt dann in eine komplizierte Relation mit Hoffnungen, Wünschen, Sehnsüchten, Ahnungen und Willensimpulsen ( I ) der Künstler und der Rezipienten der Werke.

In der historischen Entwicklung der Kunst wird die befreiende Trennung der I-Seite von der E-Seite deutlich. Waren die I zuvor an kultische Funktionen gebunden und damit an vorgegebene Ideen und deren Organisation ( E ), so nimmt ihre Autonomie im Trennungsvorgang der Entwicklungsmechanik laufend zu. Waren diese ursprünglichen künstlerischen Aktivitäten allgemeines Vermögen der Gruppenmitglieder und allgemeiner Bestandteil des gesellschaftlichen und individuellen Lebensprozesses, so bewirkt der Entwicklungsprozess, als einer der umfassenden Trennungen, die gesellschaftliche Arbeitsteilung und somit die künstlerischen Spezialisierungen. Für die Vollendung der künstlerischen Leistungen wird die relative Verselbstständigung einzelner Bereiche künstlerischer Aktivität wichtig. Solche Formen der Trennung der E voneinander und der I von den E-Seiten haben nicht nur deren abstrakte Befreiung zur Folge. Vielmehr wird die Bahn frei für die Entwicklung aller E-Möglichkeiten und aller I-Entfaltungen.

Trotz dieser Trennungstendenzen kann daraus nicht gefolgert werden, dass Kunst von den Bedingungen des materiellen Lebensprozesses der Gesellschaft und des Künstlers entbunden sei. Sowohl die E-Seite wie die I- Zusammenhänge verhindern das in prinzipieller Weise. Aber der ästhetische Bereich ist unter den vielen Bereichen und Wissenschaften jener, in dem die Tendenz zur vollständigen Befreiung der I gleichberechtigt mit der Bindung der I an die E und an andere I ist.

In der Geschichte zur Theorie der Künste spürten die Philosophen von Platon bis Hegel, dass die Philosophie sich primär mit den abstrakten E zu beschäftigen hat. Da der Gegenstand der Erkenntnis in der Ästhetik aber zuvörders die I/E-Relation ist, galt dies Wissen als abgeleitete, geringerwertige Form der Wahrheit.

Genauer gesagt, in der Geschichte der philosophischen Erforschung der Ästhetik wechseln sich die Standpunkte ab. Die alexandrinische Schule im Hellenismus hebt den funktionellen Zusammenhang zwischen dem materiellen Medium der Sprachform ( E ) und dem künstlerischen Gehalt, dessen Wertkriterium „Tugenden“ sind ( I ), hervor. Diese relative I/E-Bindung löst sich in römisch-imperialer Zeit auf; die individuellen und gruppenspezifischen Zielsetzungen ( Ii , Ik ) gewinnen an Bedeutung, was als „bloße Orginalitätssucht“ von der vorhergehenden historischen Sicht kritisiert wird. Die mittelalterlichen scholastischen Theorien der Künste reduzieren nun wiederum die gesamte ästhetische Wertordnung auf die göttliche Offenbarung. Das Göttliche aber und damit Kunst kann nicht sinnlicher Natur sein, sondern „Ordnung und Proportion“ wie Augustinus meint. Kunstwerke – wie zum Beispiel die gotischen Kathedralen – sind Realisationen von Zahlenverhältnissen als Ausdruck des Universell-Transzendenten.

Nach diesen theoretischen Aussagen ( E und G ) der Scholastik zur Kunst setzt die beginnende europäische Aufklärung wieder auf I/E- Relationen als Basis von ästhetischen Erscheinungen. Der Quell des Schönen wird zunächst noch verklausuliert als „menschliche Gattungsnatur“. Ursprung, Wesen und Funktion der künstlerischen Aktivität beruhe – nach Dante – auf der sinnlichen Schönheit der Sprache und dem Vernunftgehalt der Poesie, sowie beider intensiven harmonischen Beziehung.

Bald werden die Fronten deutlicher: Die Natur gilt von Leonardo bis Diderot und noch beim jungen Goethe als das Primäre, als der Quell der künstlerischen Inspiration. Es ist weniger die unmittelbare materielle Natur, die gemeint ist, als die Hervorhebung der gegebenen Wirklichkeit ( E ) als Bruch mit den mittelalterlichen Ansichten. Zum Teil parallel mit diesem theoretischen Trend zum Naturalismus entwickelt sich im Prozess der „Vermenschlichung des Menschen“ die philosophisch-ästhetische Reflexion um die Erarbeitung der I-Seite. Aut prodesse aut delectare war der abstrakte Streit zur Funktion der Kunst. „Nutzen“ und „Genießen“ sind beides Varianten der I-Seite. Und die I-Funktion der Künste zeigte bald, es geht um eine prinzipielle und ständige Ausweitung der Ziele. Das dynamische Wesen der Kunst wird durch die I-Funktion erreicht. Für Montesquieu, Voltaire, Rousseau ist die künstlerische Aktivität die Parteinahme für die Zukunft, ein Teil des Kampfes um die Erreichung von Zielen wie das der „menschlichen Würde“, der Freiheit und der Gleichheit. Es hatte sich jetzt zwar die E-Seite von der I-Seite getrennt, aber die Trennung beider ist nur ein Aspekt des ästhetischen Phänomens.

Sowohl die genannten geselschaftlichen, allgemeinmenschlichen Ziele wie „Freiheit“ oder „Gleichheit“ hatten den Charakter von E-Größen angenommen, als ontologische und metaphysisch vorgegebene Ziele der Menschheit. Und auch der Kunst und ihrer Wertbestimmung wurden in dieser historischen Entwicklungszeit absolute Regeln und objektive Gesetze zugeschrieben. Der absolute Geltungsanspruch derartiger Strukturen verhängte den Blick darauf, dass Kunst sich immer im I/E-Verhältnis dieser zwei unendlich dynamischen wechselbezogenen Größen ausdrückt.

Die französische Aufklärung hat recht, wenn sie meint, dass objektive Gesetze das ästhetische Geschehen beherrschen und dass zugleich der künstlerischen Produktion eine ethische Zielsetzung innewohnt. Um aber diese Erkenntnisse zu verallgemeinern und sie widerspruchsfrei zu gestalten, sollte man sie als I/E-Relation sehen. Dies spezielle ästhetische I/E-Verhältnis ist dann in einem größeren gesellschaftlichen, ökonomisch-technologischen Zusammenhang einzuordnen.

Bevor das geistesgeschichtlich möglich wurde, erweiterte die deutsche Klassik die eng konstruierten und ontologisch begrenzten teleologischen Vorstellungen des französischen Klassizismus. Herder erkennt, dass die Künste den historischen Entwicklungen unterliegen, an denen alle Völker mit ihren Wertkriterien beteiligt sind. Es geht immer noch um die „Wesensbestimmung des Menschen“, deren höchste Erscheinungsform die Kunst sei. Bei deren Erzeugung unterscheidet Goethe die „Wirklichkeit“als Grundlage, bei der die Kunst die höchsten Momente fixiert , „indem sie das Gesetzliche darin anerkennt“, also E. Aber die Kunst bleibe bei der bloßen „Nachahmung“, beim Bestehenden nicht stehen, sondern greife durch „Antizipation“ durch „Vorempfindung der Welt“ über das Gegenwärtige hinaus. Und Schiller bemüht sich vornehmlich, die objektiven Gesetze ( E ) der Kunst zu gewinnen. Es trete im Ästhetischen das „freie Spiel der schöpferischen Kräfte“ an die Stelle der „bloßen Notwendigkeiten“

Die Diskussionen über die Axiomatik von Kunsttheorie dreht sich also zunehmend um das vermittelnde Verhältnis der wichtigsten Funktion von I , der Ermittlung und Erzeugung des Zukünftigen, mit den Strukturen der Notwendigkeit ( E ).

Hegels Theorie der Künste verallgemeinert in dieser Dualität die E-Seite in tiefgreifender Weise. Die I-Seite wird vorerst an den Rand geschoben. Damit eröffnet er mit Hilfe der Philosophie wichtige Perspektiven für weite wissenschaftliche Bereiche, die nicht auf die I-Funktionen angewiesen sind. Jene Bereiche und Wissenschaften, wie die der Politik oder hier der Ästhetik werden durch die erkenntnistheoretische Vernachlässigung der I-Seite aus der prinzipiellen Gleichberechtigung mit den E -Entwicklungsphasen freilich ausgeschlossen. Da die Kunst dem „sinnlichen Scheinen“ verhaftet sei, stellt sie für Hegel eine niedere Form der Erkenntnis dar. Die sich selbst darstellende und vermittelnde absolute Idee, die nach ihrer Entäußerung in der Realität zu sich selbst kommt, vollendet den Begriff von „E“. Die historische Kunstentwicklung erklärt Hegel zwar aus dem Widerspruch zwischen sinnlichem Scheinen und sich selbst bewegender Idee ( E ), aber den „Wertmaßstab der Schönheit“ leitet er aus der „Selbstbewegung des Begriffs an sich“ ab.

Werden die in der „Sinnlichkeit“ verklausulierten I-Varianten als individuelle oder gesellschaftliche Interessen, Wünsche, Leidenschaften, Zielsetzungen, die in der deutschen ästhetischen Klassik noch sehr gegenwärtig sind, durch die hegelsche Arbeit an der E-Sphäre erst einmal zurückgestellt, so werden sie mit dem Fortschreiten der Einzelwissenschaften umso wichtiger.

War in der deutschen Klassik die systematische I-Seite der Kunst verborgen in der „Vergegenständlichung menschlichen Wesens“, der „Vermenschlichung der Welt“, so gestehen sich die Neueren deutlicher ein, eine allgemeine ästhetische Wertaxiomatik kommt ohne die I-Seite als Mittel der Gesellschaft, sich ihre eigenen Zukunftsmöglichkeiten zu vergegenwärtigen, ebenso wenig aus, wie ohne die individuell-menschlichen I- Varianten.

Aber ein größeres geschlossenes System der Kunsttheorie, das die I-Seite in abstrakter Weise berücksichtigen würde, anders als das bereits die deutsche literarische und philosophische Klassik tat, ist nicht zu sehen. Es begann dann in der folgenden historischen Entwicklungsphase und im Auf und Ab der Betonung von E und I wiederum die philosophische Ausarbeitung der E-Seite und der zu ihr gehörenden N-G-Methodik

Es gewannen die positivistisch und empirisch und logisch ausgerichtet arbeitenden Wissenschaften und Bereiche an weiterem Profil, an Vertiefung und an philosophischer Wichtigkeit. Bis in die Gegenwart hat das Auswirkungen für die ästhetische Praxis ebenso wie für kunsttheoretische Hypothesen und Aussagen. Das betrifft die methodologische wie die inhaltliche Dimension der Analyse der jüngeren Entwicklungen im Kunstbetrieb.

Und es scheint eine weitere Entwicklungsphase darin zu bestehen, dass die verschiedenen Methoden-Arten, als die Erarbeitung der Strukturen – E wird durch G-Methoden geschaffen – und der Funktionen und Inhalte – die I und I/E werden durch N/G-Methoden erreicht – immer weniger auseinanderzuhalten sind.

In der theoretischen Analyse der Künste setzt mit Nietzsches dualer Stiltypologie eine Betonung der N-G -Methoden und eine mit dieser N-G-Dualisierung verbundene Betonung von Identifikationen ( E ) ein. Der Dualismus „dionysisch“ und „apollinisch“ zum Beispiel beruht auf einem relativ abstrakten psychologischen Antagonismus. Hier und bei den bald zahlreich folgenden typisierenden Gegensatzpaaren erscheint die reduzierende Erklärung von Kunst relativ willkürlich in anderen wissenschaftlichen Bereichen verankert zu werden.

Die Dualismen sind zum Beispiel “von geschlossener und offener Form“, „linear und malerisch“, „Bewusstes und Unbewusstes“, „wissenschaftlich und musisch“. Solche Versuche zur Erklärung der Strukturen des Ästhetischen sind eher abstrakte Schemata. Während die Dualismen „apollinisch und faustisch“, „plastisch und musikalisch“, „pädagogisch und prophetisch“ eher solche sind, die auf andere wissenschaftliche Bereiche verweisen. Bedenklich wäre es, wenn bei solchen in die Verantwortung anderer Wissenschaften abgegebenen Erklärungsversuche dessen was Kunst sei, sich die N-G, E-Seite allein durchsetzte.

Die verschobenen Inhalte enthalten dann aber doch auch die I- und I/E-Konstrukte der jeweiligen wissenschaftlichen Bereiche. Zum Beispiel kommt der Verweis auf tiefenpsychologische Ursachen, die in wechselnden Modifikationen die künstlerische Vorstellungswelt prägen, ebenso wenig ohne triebbedingte I-Funktionen aus, wie etwa Nietzsches und anderer Betonung des Instinkthaften als künstlerischer Potenz.

Zugleich mit der Betonung der identifikatorischen Zusammenhänge – deren Extrem der L´art-pour-l árt-Standpunkt ist – erweitern die ästhetischen Strömungen ihre Inhaltlichkeit ständig. Dahinter steht die philosophische Funktion der I-Sphäre, die die I in unbegrenzter Anzahl erzeugen lässt und alle Inhalte ( I/E ) als gleichberechtigt ansieht. Über die I/E-Strukturiertheit der Emotionalität – die Weite der Affektbereiche ist unbestritten – finden dann auch in konsequenter Weise solche Inhalte wie das „Angstmachende“, das „Häßliche“, „Extranormale“ gleichberechtigte Aufnahme in die Kunstwerke.

Mit der wachsenden Auftrennung in die beiden Seiten, werden die Erscheinungen auf der I-Seite und zugleich die der E-Seite zahlreicher, wichtiger und stärker. Mit der Notwendigkeit rationaler Beherrschung der Wirklichkeit ( E ) in Wissenschaft, Technik und Alltag tritt die von den I bestimmte Kunst ebenfalls in den Vordergrund, da die menschlichen Gefühle dabei erweitert werden. Als beides vereinend ( I/E ), wird Technik und Wissenschaft zunehmend ästhetischen wie auch ethischen Maßstäben unterstellt, wie man andererseits das Wesen ästhetischer Werke mit wissenschaftlichen, Maßstäben und aus vorgegebenen Strukturen und Typologien des Denkens und der Vorstellung herzuleiten sucht.

Was ist in der Kunst unter Inhalt, was unter Form zu verstehen? Welcher Art sind die Beziehungen zwischen Inhalt und Form? Um das zu beantworten, muss man zunächst sehen, dass das I/E-Modell  durch die „allgemeine Entwicklung“ auf zwei Ebenen interessant wird. Auf der weniger entwickelten stehen sich E als das materielle Medium des Kunstwerkes und die E als sinnliche Vorstellungen und abstrakte Phantasiegebilde des Künstlers gegenüber und in Beziehung zueinander. Diese Vorstellungen können nun – auf einer höheren philosophischen Entwicklungsebene – ihrerseits als E- und zusätzlich als I – Figurationen identifiziert werden. Zur E-Seite wird man zum Beispiel jenes zählen, das abstraktes Denkprodukt ist. In der Modellierung von Ästhetischem als I/E ist dann die Betonung der E-Seite dem „formalen“ Aspekt des Kunstwerkes zuzuschreiben, während die Wechselwirkung zwischen I und E das ist, was als „Inhaltlichkeit“ gilt. Derartige Überlegungen und Analysen stützen sich auf die Vorannahmen, nach denen das I/E-Modell in sich die beschriebenen Dynamiken hat und dass es in der allgemeinen Entwicklung verankert ist

Diese „Dynamik“ selber wird gleichfalls modelliert, als N/G . Sie steht in Beziehung zur N -G-Relation. Wenn jetzt gefragt wird, welche Bedeutung die Wahrheitsrelation für die Kunst hat, was künstlerische Wahrheit sei, dann kann das mit Hilfe der beiden methodischen Haupt-Modelle beantwortet werden: Im ästhetischen Bereich gilt nicht nur der traditionelle Wahrheitsbegriff der Identität in seinem Gegensatz zur Nichtidentität, also „N-G“, sondern zusätzlich dessen Beziehung zum „hermeneutischen Wahrheitsbegriff“ N/G . So kann man Unterschiede zwischen ästhetischen und empirischen, konstruktivistischen, klassisch-logischen Bereichen erarbeiten, in denen allein N-G-Methodik und E – I- Inhaltlichkeit Verwendung findet; in denen also diese strikten Trennungen die Basis der Erkenntnis bilden.

Dabei ist die modellhafte Darstellung N/G eine Zusammenfassung aller denkbaren konkreten Abläufe und methodischen Prozesse, die dadurch zustandekommen, dass in ihnen zwei entgegengesetzte Dynamiken in Relation miteinander treten. Die bekannteste ist die Modalität der „Möglichkeit“, die als Beziehung der Bewegung zum „Nichts“ ( N ) im Verhältnis zur Bewegung als Identitätsbildung ( G ) verstanden werden kann. Eine bekannte andere Variante ist die „Dialektik“. In ihr müssen die benötigten Gegensätze nicht derart extrem und abstrakt sein wie in der mathematisch-logischen Form, welche das „Nichts“, die „Identität“ und die „Möglichkeit“ darstellt.

Mit der Breite der denkbaren Varianten des Modells „N/G“ geht eine Konkretisierung und Zunahme der „Inhalte“ einher. Das wird als I/E dargestellt. Bevor aber schließlich am Ende wiederum sich in der gleichen Manier die zwei extremsten inhaltlichen Größen – nämlich E und I kontrovers gegenüber stehen, die Relation I – E bilden, kann sich in allen konkreten „Gegensätzen“ methodischer oder inhaltlicher Art diese Form der dialektischen Aufhebung bilden.

Der überkommene Grundgedanke einer „dialektischen“ Basis in allen konkreten Verhältnissen – und so auch in den wissenschaftlichen und philosophischen Methoden – wird also von uns um die Relation „ I/E“ , der spezifischen und allgemeinen Beziehungen der I-Sphäre zur E-Sphäre erweitert.

Insbesondere wenden wir das hier auf den Zusammenhang von menschlicher Emotionalität und Ästhetik an. Die menschliche Subjektivität und da vor allem der Gefühlsbereich ist methodisch durch N/G-Methoden und von seinen Inhalten durch I/E gut zu modellieren. Der Übergang und der Zusammenhang zwischen den emotionalen und ästhetischen Phänomenen ist dann durch die ihnen gemeinsamen Modelle N/G und I/E gegeben.

Wenn wir jetzt zurück zur ästhetischen Grundproblematik kommen, dann sei das durch eine historisch wichtige Erkenntnis zur Kunsttheorie belegt. Seit Aristoteles gilt die Erkenntnis, dass die Künste „sittliche Gefühle“ wachrufen. Der ethische Aspekt wird von I belegt. Die Breite der mit der Ästhetik verbundenen E als gegebene Affekte, Emotionen machen die inhaltliche Ausdifferenzierung der als I/E abgekürzten Form aus. Ob nun beider Zusammenhang als „Nachbildung“, Mimesis menschlicher Gefühle oder anders beschreibbar ist, sei dahingestellt. Uns kommt es auf die Übergänge und systematischen Zusammenhänge zwischen emotionalen, „sinnlichen“, ethischen und ästhetischen Bereichen und deren Wissenschaften an.

Wie beeinflussen die E-Entwicklungen das ästhetische I/E-Verhältnis? Die Möglichkeiten technischer Kunstreproduktion und der Handel von Kunstwerken als Waren verändern die Rezeptionsbedingungen von Kunst, indem sehr viel mehr Menschen sehr viel mehr Kunstwerke kennen lernen. Das ist eine Konsequenz aus der quantitativen Entwicklung der E-Seite. Die I- und I/E-Wirkung ist der eigentliche Kritik- und Streitpunkt hier. Durch das Übergewicht der E-Seite können die I vernachlässigt werden , die individuelle Erfahrung mit den I-Funktionen des Kunstwerks wird geringer – wie finde ich meine Ii dort wieder? Die Verschiebung von individueller Rezeption zum kollektiven Genuss von Werken hebt gemeinsame I hervor sowie die dazu passenden E-Strukturen. Es geht also nicht um einen allgemein so zu nennenden „Verfallsprozess“ der Kunst, sondern um eine von der Entwicklung der E-Seite durchaus auch unterstützte Ausdifferenzierung der I-Möglichkeiten und dadurch um eine qualitatve sich ständig vergrößernde Abstufung der durch Kunst vermittelbaren Erfahrungen und Hoffnungen.

Mit der für den ästhetischen Bereich besonders wichtigen Hervorhebung der I-Seite wird Kunst in dem Maße in Gesellschaften wichtiger wie deren E-Entwicklung erfolgreich ist.

Die daherrührende Entfaltung der I-Seite ist eine der Quantitäten und zugleich eine der qualitativen Bestimmungen. In solchen Gesellschaften gibt es daher von der I-Seite her eine prinzipiell unüberschaubare Fülle von ästhetischen Einstellungen. Die außerordentlich starke Entwicklung materieller Medien mit großen Einwirkungsmöglichkeiten als Möglichkeit der Objektivierung künstlerischer Vorstellungen wächst zudem mit der technologischen Entwicklung der E-Seite.

Es bleibt daneben die Eigenart der ästhetischen Bereiche, dass alle E-Phasen der historischen Vergangenheit als Basis künstlerischer Ideen grundsätzlich erhalten werden. Die I sind prinzipiell eher veränderlich, die E-Seite sorgt aber dafür, dass Kunstwerke jeder Art, ob volksnahe oder nicht, ob nationale oder globale, im gemeinsamen Bewusstsein und in ihrer konkreten Form erhalten bleiben.

Mit der Zunahme der Einwirkungsfreiheiten ergibt sich auch eine Zunahme kulturpolitischer Einflussnahme. Den Ii und Ik werden mögliche Ig entgegengehalten oder zur Seite gestellt. Für alle Gesellschaften sind die Künste ein unentbehrliches Mittel, politische, ideologische Ziele ( Ig ) in gesellschaftliche Diskurse einzubringen, dort wirken und bewerten zu lassen.

In welcher Weise wirken ästhetische Ansprüche hierbei verändernd auf die gesellschaftliche Realität? Hat im sachlichen und im historischen Ablauf die Entwicklung der E-Seite in der I/E-Relation ihre Spuren hinterlassen, so wirken gerade die I auf gesellschaftliche Horizonte. Selbst noch Kunstwerke untergegangener historischer Formationen wirken durch die an deren E-Seite gebundenen Zielsetzungen und Wertkriterien ( I/E ) in der Gegenwart. Wie ist die Möglichkeit und Notwendigkeit der Fortwirkung künstlerischer Produktionen vergangener Epochen zu verstehen? Die damaligen Zielsetzungen, die den Kunstwerken inhärent waren, sind verwirklicht und gesellschaftlich anerkannt worden. Sie sind als Erbe deshalb erhalten geblieben, weil es zu den Strukturzügen der I-Sphäre gehört, dass alle I erhalten bleiben, sobald sie einmal historisch verwirklicht wurden, das heißt, sobald es E-Konstellationen gab, die die Verwirklichung dieser I möglich machten, in den Kanon sozialpsychologischer Selbstverständlichkeiten aufgenommen zu werden, wie zum Beispiel die abstrakte Zielsetzung nach „Gleichheit“ der Menschen, oder sogar „materiell“ verwirklicht zu werden, wie zum Beispiel die literarisch vermittelte Hoffnung auf ausreichende Ernährung, so sie in der heutigen Industriegesellschaft erfüllt ist. Durch derartige Erfüllungen von mehr oder weniger offen in künstlerischen Werken vermittelten kollektiven Wünschen nehmen diese I und damit die Kunstwerke, also die I/E, den E-Charakter an, und das heißt, dass die Kunstwerke – beispielsweise literarische Werke – jener gesellschaftlichen Einstellung unterstellt werden, unveränderbar bleiben zu müssen, wobei es zur Entfremdung, zu Fetischisierungserscheinungen kommen kann, wenn die anfänglichen I zu wenig berücksichtigt werden oder vergessen gehen.

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Literaturtheorie

Es geht um das Verhältnis von Gesamtrealität und Subjektivität. Während die Einzelwissenschaften sonst, in ihren Begriffen, Methoden und Zielsetzungen spezialisiert und auf einzelne „weltanschauliche Eckpunkte“ festgelegt sind, geht es hier um eine Vereinigung aller weltanschaulichen Eckpunkte. Philosophisch gesehen hat “Literatur“ und auch die Literaturtheorie von daher einen universellen Anspruch.

Im Selbstverständnis der Literaturwissenschaft steht weitgehend die Methodendiskussion im Mittelpunkt. In der literarischen Erfassung der Realität – also in der Produktion und in der Rezeption von Literatur – erscheinen die zwei Hauptarten der Methodologie, N-G und N/G als zwei traditionelle Hauptströmungen in der theoretischen Erfassung von Literatur.

N-G und E modellieren die eine Hauptströmung in der Geistesgeschichte und Literaturtheorie. Sie begreift sich als die wissenschaftliche Darstellung der Gestalten und Formen, der Mittel und Techniken der Literatur. Eine heterogene Vielfalt von wissenschaftlichen Aktivitäten wie die philologischer, textkritischer Art bis zu editionstechnischer Thematik ist dadurch charakterisierbar, dass diese Methoden nur den Anspruch haben, Literatur von außen her zu beurteilen. Es geht vor allem darum, Literatur als einen exakt definierten Objektbereich durch formal konsistente Theorien identifizierbar zu machen, um sie zu erklären. G und E sind dafür die philosophische Modellierung.

Diese morphologische Richtung erscheint auch zum Beispiel als „werkimmanente“ Methode, der die Ganzheit und Stimmigkeit des jeweiligen Werkes wichtig ist. Form und Inhalt werden nur formal daraufhin betrachtet, ob sie eine Einheit bilden.

Während hier das literarische Kunstwerk sich selbst genügen soll, sucht die hermeneutische, kritische, wertende und interpretierende Untersuchung die Verbindungen der Werkes zur Welt mit diesen Methoden herzustellen, die wir als N/G modellieren. N/G und I erscheinen geistesgeschichtlich als die Richtung, die sich der Literatur durch „nachvollziehende Einfühlung“ nähert. Sie ist um das „Verstehen“ des Werkes bemüht. Und sie berücksichtigt individuelle, gesellschaftliche und politische Aspekte der I-Seite in der Literatur.

Wie beeinflusst dieser umfassende Anspruch das Verhältnis der Dichtung zu anderen Künsten und zu den einzelwissenschaftlichen Bereichen? Und wie drückt sich das Wesen der Literatur in den Erscheinungsformen von Literatur aus, wie es zum Beispiel das normative Regelwerk der Metrik, Rhetorik und Poetik ist oder die Einteilung in literarische Gattungen? Und noch weiter gefasst, wie kann man die ästhetischen Merkmale und die spezifische Methodik philosophisch begreifen?

Bevor ich das beantworten kann muss gezeigt werden, wie die in der Literatur und in der Literaturwissenschaft auffindbare methodologische Pluralität vor allem aus dem Modell „N-G zu N/G“ herleitbar ist. In der literaturwissenschaftlichen Praxis sind die kritisch-emanzipatorischen Ansprüche von den technokratischen nicht leicht zu trennen. Wie in anderen Kulturwissenschaften gehen die Nachbarwissenschaften und deren philosophische Ansätze auch in der literaturwissenschaftlichen Betrachtung ineinander über. Ein exakt definierbarer Objektbereich ist durch dieses Modell zwar eingeschlossen, aber gerade der Bereich der Literatur wird von der Option der unendlichen Übergänge der G – Methoden zu den N/G-Methoden bestimmt.

Die Hermeneutik, Ästhetik, Psychologie und die Sozialwissenschaften auf der einen Seite und die mathematisch-statistischen Beschreibungsweisen, sowie die strukturalistische Linguistik und ähnliche methodische Bereiche auf der anderen Seite tragen zu der literaturwissenschaftlichen Methodik bei, sind letztlich kaum ernsthaft voneinander zu trennen

Das Zusammenspiel von N-G- und N/G-Methoden kann man in den einzelnen Bereichen und Entwicklungsphasen – hier der der Literaturtheorie – verdeutlichen. Die Wissenschaft von der Literatur ist traditionellerweise erstmal im empirischen Sinne als objektivistisches Datensammeln und der Systematisierung der Daren zum Zwecke der Stereotypisierung und der Beschreibung  angelegt. Diesen N-G-Methoden, die auf die Erzeugung von E ausgerichtet sind, stehen aber bezeichnenderweise und gerade in der „Literatur“ Methoden zur Seite, die die individuelle Kreativität wissenschaftlich erfassen sollen. Dabei stehen nicht so sehr die reproduzierbaren Konformitätsindikatoren im Vordergrund, sondern das erzeugende und rezipierende menschliche Subjekt, das als sich selbst erzeugendes und modifizierendes verstanden werden kann. Dieses autopoietisch handelnde Individuum kann dann in einem permanenten Interaktionsprozess mit anderen Individuen und der Umwelt gesehen werden.In diesem natürlichen und sozialen Umfeld tritt es evozierend, steuernd und gesteuert in Interaktion.

Diese praktische Kooperation und Kommunikation geschehen vermittels „Zeichen“. Aber im Unterschied zu Wissenschaften, in denen konsensuelles Einverständnis über rational zu erzeugende objektive Wahrheit herrscht, geht es in der Literatur primär um Wirklichkeiten wertender Art. Dieser spezifische Interaktionsmodus wird von uns in N/G modelliert. Diese methodologische Struktur macht, dass Literatur in die Dynamik aller Lebensvorgänge verflochten sein kann, nämlich als individuelle Interaktion mit sprachlich vermittelten Erfahrungen, und als Prozess der Transformation und Modifikation vom erzeugenden zum rezipierenden Subjekt, von der Intention ( I ) zum Sinn und Bedeutung Verstehenden. Als formaler hermeneutischer Vorgang hat er wieder die N/G-Form.

Solchen relativ einfachen Erwartungen an die Methodik der Wissenschaft kann in derartigen Bereichen wie dem der Literatur kaum entsprochen werden. Die Folge ist, dass jedem methodischen Versuch eine kritische Relativierung zur Seite gestellt wird. So wird die Eindeutigkeit einer objektiven Welt mit ihren behauptenden Botschaften durch kommunikative Transformationsprozesse relativiert. Darüber muss dann konsequenterweise die nächst höhere Reflexionsebene errichtet werden, indem zum Beispiel noch formalere Repräsentationen der subjektspezifischen Rezeptionsprozesse oder meta-kommunikative Regeln konzipiert werden.

Ich bemühe mich, diese für den Bereich der Literatur typische Komplizierung der Methodologie dadurch durchschaubar zu machen, dass ich alle denkbaren Relationen der N, G und der I, E , also eine kleine Anzahl von elementaren Vorstellungen, nutze.

Das geht nur, wenn beide, die N-G- und die N/G-Methoden zugleich zur Anwendung kommen,  gleichgültig ob diese beiden Formen sich als zur Abstraktion neigender Objektivismus darstellen oder als kontextuelle Prozesse subjektiver Kommunikation erscheinen. Erst wenn beide, sich traditionell konfrontativ gebende Methoden-Arten, zugleich wirken, erlaubt die Methodik eine Maximierung der literarischen Möglichkeiten sowie die Erfüllung der Aufgabe der „Wissenschaft von der Literatur“, diese „Bedingungen der Möglichkeit“ von Literatur in kontrollierbarer Weise anzugeben.

Das Verhältnis der N-G-Methoden zu den N/G-Methoden erzeugt eine komplexe Situation. Zu dieser Methodik tritt die „Inhaltsseite“ hinzu. Das heißt, das was „Literatur“ heißt und somit Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Darstellung ist, wird von fast beliebigen Bereichen her in inhaltlicher Weise bestimmbar. Es geht uns darum, jenseits der methodisch-technischen literaturwissenschaftlichen Forschung eine philosophische Systematisierung zu finden, die den inhaltlichen Seiten der literarischen Realität entspricht. Das geschieht parallel zu N, G als Relation der I-E zu den I/E .

Die inhaltliche Seite von Literatur kann so beispielsweise auch innerhalb dessen konkretisierbar sein, was wir als „Ii zu Ig“ bezeichnet haben; und was mit dem jeweiligen Beobachter als homomorphem Subjekt und den entsprechenden konsensuellen Interaktionsbereichen übereinstimmend, formal beschrieben werden kann .Vor allem gilt hier: Der noch so variable deskriptive ( E, G ) Begriff von Literatur ist ohne eine privilegierende Wertung dieser Interaktionen ( Ii, Ig ) nicht zu verstehen.

Wenn die Literatur und die Literaturtheorie im Formalen philosophisch mit E, I, N,G analysiert werden kann, dann geht es aber auch hier, wie in den anderen Bereichen der Realität in erster Linie um die jeweiligen konkreten Inhalte von E, I, I/E in allen Lebensbereichen.

Um die mögliche inhaltliche Fülle in der „Literatur“ wissenschaftlich angemessen zu erfassen, müssen die Wissenschaften mancher anderer Bereiche – wie die Ästhetik, die Anthropologie, die Sprachwissenschaft, die historische Forschung, die Psychologie – interdisziplinär herangezogen werden, wobei klar bleibt, dass Literatur als sprachliche Vermittlung konkreter menschlicher Individualität und Kreativität jene Wissenschaften, die bloße Mittel der Erkenntnis sind, in spezifischer Weise übertrifft.

Wir versuchen dazu, alle jene Verbindungen zwischen diesen Wissenschaften in einer philosophischen Weise herzustellen, indem wir das „I,E,G,N – Schema“ verwenden.

Da Literatur aber prinzipiell alle E und I erfassen und mögliche E und I phantastisch erzeugen kann, geht sie über einen bisherigen Begriff von Wissenschaft und Philosophie in einer noch zu betrachtenden Weise hinaus.

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LHC-Experiment

Es geht mir um eine zeitgemäße naturphilosophische Stellungnahme  zu der experimentellen Erzeugung von Schwarzen Löchern. Soweit philosophisch-wissenschaftliche Basis-Reflexionen fehlen, sind Experimente im Bereich der Quantenphysik und speziell in jener Quantenphase, welche vorräumlicher und vorzeitlicher Art ist, deswegen umstritten, weil sich die Argumente, welche das Experiment verteidigen,  sich allein auf  die raumzeitliche Phase des Quantenzustandes von Materieteilchen beziehen.
Meine Einmischung kann an den Hauptargumenten, welche die Risiken des Experiments betreffen festgemacht werden.

 

Das Argument, dass der Quantenphasenwechsel bereinigend wirkt, ist richtig. Das sei hier aber genauer erklärt. Die Quantenphase, in welcher das schwarze Loch als Kompilierung der gravitativen Kräfte stattfindet ist nicht raumzeitlicher Art.Weshalb sich die gravitativen Kräfte dort sofort und schlagartig ausbreiten können, unabhängig von jeder zeitlichen und räumlichen Begrenzung. Dass diese Quantenphase zeitlich “kurz” ist, spielt für die Ausbreitung der gravitativen Anziehungskräfte keinerlei Rolle.Diese Vorstellung ist zum Beispiel als zeitlose Fernübertragung im  EPR-Experiment bekannt geworden.
Die andere Quantenphase ist von raumzeitlicher Art. In ihr findet das statt, was man als “Wirkung” bezeichnet und was man mit der beim Experiment eingesetzten Energie verbinden muss.In der physikalischen Forschung gilt bis heute keine verbindliche Theorie zu dem, was “Energie” ist, zum Beispiel ist unklar.ob diese  analysierbar ist. Es besteht jedoch die These, dass Energie aus zwei elementaren Strukturen bestehend anzusehen ist. Die eine Struktur ist die Basis der elektro-schwachen Kräfte, die andere Basisgröße des Energiephänomens seien die gravitativ-starken Kräfte. Nur weil diese Grundkäfte dort  in enger Wechselbeziehung zueinander stehen, kann überhaupt experimentell Einfluss von der das Experiment bestimmenden Energie auf die gravitativen Kräfte zur Bildung des Schwarzen Loches erfolgen. Das wäre bei dem Experiment zu berücksichtigen.
Es werden dabei zwar nur geringe Energiemengen eingesetzt. Wichtiger ist aber, dass die beiden Basiselemente zum Teil sehr fremdartige Eigenschaften haben. Das betrifft nicht nur ihre “Existenz”, die dann nicht räumlich und nicht zeitlich ist, wenn beide Elemente voneinander getrennt sind – was in der nicht-endlichen Quantenphase der Fall ist. Es betrifft die Eigenart, nach welcher die Stärke des einen Elementes  – “w” –  als Abstoßungskraft wirkt. Diese nimmt  mit der Entfernung ab. Das ist aus der Elektrodynamik bekannt. Jedoch die Stärke des andern Elementes  -“z” -, das der Gravitation und der Starken Wechselwirkung zugrunde liegt, nimmt umgekehrt mit der zunehmenden Nähe ab und mit der zunehmenden Ferne wird die Anziehungskraft immer größer.Genauer gesagt, ist es so, dass zwei dieser Elemente bei gegenseitiger asymptotischer Annäherung  sich immer schwächer, langsamer und raumloser einander nähern. Aber gleichzeitig nimmt beider Anziehungskraft auf entferntere Elemente, auf andere  z  und  w, sehr stark zu. Ohne solche Abnahme der Kraft und der Verkleinerung der Raumes bei der Zunahme der Masse wäre die Struktur eines kosmischen Schwarzen Loches nicht sinnvoll vorstellbar. Diese Dualität,  w  und  z,  bilden ein Modell, das grundlegende physikalische Strukturen und Funktionen   – über das Beispiel der Struktur des Scwarzen Loches hinaus – besser erklärt als das bisher gelang.
Dazu sei noch etwas zur Denkschwierigkeit dieser Vorgänge gesagt. So der Einwandt, dass in jener vor-räumlichen Quantenphase, in der nur die  z-Elemente unter sich sind, dennoch in dieser Erklärung von räumlicher “Nähe” und “Entfernung” gesprochen wird. Das wird dann verständlich, wenn man bedenkt, dass die moderne Physik-Philosophie nicht mehr von vorgegebener Raumzeitlichkeit spricht. Vielmehr entsteht Raum, also Entfernung mit der autonom sich ändernden Kraftkonstellation zwischen den krafttragenden Elementen. Ein weiterer Einwand, der hier wichtig wird, ist, dass  bekanntlich die gravitative Wirkung mit wachsender Entfernung abnimmt.Das ist aber nur richtig für die raumzeitliche Phase der Quantentensituation. Denn in ihr treffen die  z  und die  w   aufeinander und die “bremsende”  w-Wirkung, die der  z-Kraftrichtung entgegen gerichtet ist,  ist verantwortlich für die Abnahme der gravitativen Kraft mit der Entfernung.

Wenn die protophysikalischen Elemente  z  und  w, die sowohl die Energie konstituieren wie auch als  z  die gravitative Kraft darstellen, von einander getrennt sind  – und das ist in der Phase der Vorräumlichkeit und der Vorzeitlichkeit der Fall  – dann verstärken die  z- Elemente insgesamt ihre Anziehungskraft bei dem LHC-Experiment. Aber jene elementaren Strukturen, welche ebenfalls in der Energie stecken, die  w, schwächen die gravitative Anziehungskraft ab, wirken dieser entgegen. Das geschieht in der endlichen Quantenphase der Raumzeit. Die  z-Kräfte wirken nämlich auch anziehend auf die  w-Elemente.Und je stärker die  z – Kräfte die  w-Elemente ansich ziehen, umso stärker wird die abstoßende  w-Kraft. Dadurch werden die Gleichgewichte wieder hergestellt. Die endliche Phase wird übrigens dadurch “eröffnet”, dass die aufeinander bezogenen  z-Elemente sowie die aufeinander bezogenen  w-Elemente  auf Grund der sich verändernden Kraftbeziehung wieder als  z-w-Beziehungen entstehen. Anders gesagt die vorräumliche Phase, in der die  z-Kräfte unkontrolliert anzuwachsen drohen, wird dadurch beendet.Warum aber entstehen die kosmischen Schwarzen Löcher? Weil dort das Ungleichgewicht von  w-Kräften und   z-Kräften zugunsten der  z-Kräfte absolut sehr viel  größer ist als im hiesigen kosmischen Bereich.

Nochmal zusammengefasst, in der raumzeitlichen Quantenphase spielt die Zunahme der gravitativen Kraft keine Rolle, weil dort die  z  und die  w  sich gegenseitig in einem dynamischen Gleichgewicht halten. In der anderen Quantenphase sind die  w  strikt von den  z  getrennt. Und es scheint normalerweise ein “Abstand” zwischen den  z  zu bestehen. Der wird durch den experimentellen Eingriff verringert. Mit der Folge, dass die davon betroffenen  z  zueinander eine schwächere Anziehung haben, aber zugleich nimmt ihre Anziehungskraft zu weiter entfernten  z  zu. Diese  z  werden in das kleine Schwarze Loch hineingezogen.Dieser Vorgang läuft wie gesagt zeitlos und daher schlagartig so ab, dass er immer neue Masse anzieht, das Schwarze Loch vergrößernd.
Jetzt stellt sich aberdie Frage, wird dieser Kumulationsprozess durch die  w  gebremst? In der Quantenphase, in der die  z  strikt von den  w  getrennt sind, ist das nicht der Fall. In dieser Quantenphase bilden sich  z-Verzerrungen, möglicherweise extremer Art, die aber für die raumzeitliche Endlichkleit keine Wirkung haben. Jetzt kommt es darauf an, wie langedie Phase dauert. Da es dort  “noch” keine Zeit gibt, wird das dadurch gelöst, dass je stärker die  z-Anziehungskraft wird, es umso eher wieder zur Bildung von  z-w-Relationen kommt.Und diese Relationen “schwächen” die zuvor erstarkten  z  wiederum. Denn je stärker eine Anziehungskraft auf  w  wirkt, umso heftiger wird deren Tendenz der Abstoßung.

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Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik bei Wilhelm Ostwald

Da wir von der physikalischen Welt nur Sinnesdaten haben, muss die notwendig werdende Vermittlung
zwischen uns und der Natur mit bedacht werden. Das sieht Wilhelm Ostwald in seiner „Energetik“ richtig.
Und als Kritiker der „mechanistisch-materialistischen“ Naturansicht geht Ostwald noch weiter, wenn er
meint, dass die Energieunterschiede zwischen den Sinnesorganen und der Außenwelt das dabei
Entscheidende seien. Letztlich seien die Energieverhältnisse alles, was man von der konkreten Außenwelt
wahrnehme.

Angesichts des damaligen Standes der physikalischen Erkenntnisse, die mit dem Energiephänomen ein
praktisches und theoretisches Zentrum gefunden hatte, lag eine solche philosophische Hypothesenbildung
nahe. Es ging ihr auch darum, die formale empirische Verbindung zwischen dem wahrnehmenden Auge und
der Dingwelt zu vertiefen.
Heute jedoch stellt sich die Frage, ob Energieerscheinungen – und auch die Erscheinung des
elektromagnetischen Feldes – physikalisch und philosophisch unhinterfragbar bleiben dürfen. Eine
überzeugende Theorie zum Energiephänomen, eine naturphilosophische vor allem, fehlt bis heute.
Die unklare alltagssprachliche Begrifflichkeit, mit der die Energie-Erscheinung bedacht wird, sowie das
Bedürfnis, die Zusammenhänge von Energie mit der Raumzeit und mit den physikalischen Grundkräften, mit
der Quantentheorie usw. zu klären, laden dazu ein, systematisch weiter zu forschen.
Energie wird von Ostwald nicht direkt beschrieben; er nähert sich aber einer umfassenden und
philosophischen Darstellung der Energie-Erscheinungen, wenn er sie als das einzig Wirkliche, nämlich auf
uns „wirkende“ sieht und sie so mit der Struktur der Außenwelt, mit dem Vorgang der Wahrnehmung und
auch mit der menschlichen Reflexionsarbeit verbindet.
Ich meine, für eine moderne Fundierung des physikalischen Grundphänomens „Energie“ ist ein Modell
erforderlich, das allen Erkenntnissen Ostwalds und den sich daraus ergebenden Fragen gerecht wird. Es
sollte dies eine Modellierung sein, die sowohl auf allen Gebieten der Physik Anwendung findet, wie sie
zugleich mit dem, was man als die Sinneswahrnehmung und was man als Begriffsbildung bezeichnet,
verbunden werden kann.
Ein derart umfassendes wissenschaftlich-philosophisches Programm wurde bisher stets nur
begriffstheoretisch und allein in formalisierender Absicht in Angriff genommen; zum Beispiel in der
Hegelschen Systematik, im Logischen Empirismus oder auch in der Sprachphilosophie sowie vor allem in
der Mathematik.
Mit Wilhelm Ostwald geht es mir also darum, die Grenze zwischen den Natur- und Kulturwissenschaften
allgemein und die zwischen der Physik und der Wissenschaftstheorie insbesondere, zu relativieren. Wie auch
bei Ostwald soll bei einer derartigen Erkenntnisarbeit die Naturseite eine gewisse Priorität haben. Wenn es
gelingen sollte, Begrifflichkeit, Sprache und Logik auf spezifische Weise aus den Basisphänomenen der
Physik herzuleiten, dann deshalb, weil die Erste Physik seit damals insgesamt und fundamental neu zu
bewerten ist.
Eine zentrale Frage ist hier, wie man in einem derartigen Modell physikalische mit begrifflichen
Grundgrößen in einigermaßen gleichberechtigter Weise verbinden kann. Ohne dass naturalistische oder
kulturalistische Missverständnisse stören.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Ein derart gefordertes Modellsystem muss sich an Basisstrukturen und an grundlegenden Funktionen der
Ersten Physik und zugleich an den ebenso grundlegenden Erfordernissen wissenschaftstheoretischer
Begriffs- und Methodenbildung orientieren. Es gehört mithin dazu, die physikalischen Grundkräfte, die
Raumzeit, die Quantenphasik und eben auch das Energiephänomen so zu modellieren, dass sie in diesem
Modell mit den emotionalen und rationalen Funktionen, welche beispielsweise die begriffliche Erfassung des
Energiephänomens begleiten, vereint werden können. Für beide Seiten ist eine gemeinsame abstrakte Basis
zu finden.
Die verbindende Funktion, welche Ostwald der Energie zuschreibt, der Übergang zwischen dem Sinnesorgan
und dem Wahrgenommenen ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn das Wahrgenommene der Außenwelt
und die Struktur der Sinnesorgane sowie die beide verbindende Relation auf ein und dieselbe physikalischphilosophische
Grundlage zurückgeführt werden können. Ohne diesen Umweg einer umfassenden Analyse
und Einpassung der Energie-Vorstellung in eine philosophische Systematisierung von physikalischen,
biologischen und emotional-rationalen Strukturen und Funktionen ist eine Antwort auf jene überkommenen
und offenen Fragen kaum möglich. Diesen Umweg konzipiere ich unter den Stichwort einer „allgemeinen
Entwicklung“.
Es ist das alte Problem der Trennung und der Verbindung zwischen Geist und Materie, das in Ostwalds
„vorläufigem Ansatz“ angesprochen wird. Mein Entwicklungsansatz stützt sich auf quantentheoretische
Erkenntnisse, bei denen bekanntlich begrifflich und methodisch sowohl zugleich die Trennung als auch der
Zusammenhang gelten müssen. Jede Erscheinung der Ersten Physik, letztlich alle physikalischen Inhalte
werden wesentlich von dem dualen Denkmodell der Quantenphysik geprägt. Das betrifft beispielsweise auch
die Kräfte der starken, gravitativen und der elektro-schwachen Wechselwirkung und eben auch die Energie.
Das entscheidend Neue ist das Eingeständnis, dass auch die physikalische Welt und deren philosophische
Erfassung systematisch beschreibbar zusammenhängen und zugleich als je „Andere“ radikal voneinander
getrennt sind.
Eine derartige Widersprüchlichkeit – dass Materie und Geist zugleich getrennt wie auch zusammenhängend
sind – kann in der herkömmlichen mechanistischen Begriffsbildung nicht verstanden werden.
Es geht im Folgenden um eine Vertiefung des vereinfachenden Bildes von der Welle-Teilchen-Dualität. Dazu
werden die beiden Quanten-Phasen in ihrer Begriffsbildung analysiert und problematisiert. Unter allen
begrifflichen Dualitäten ist es vor allem die von “Sein” und “Nichtsein”, welche mit der Quantentheorie zu
verbinden ist. Das Nichtsein der einen Phase heißt, dass sie weder räumlich noch zeitlich sein kann.. Die
andere Quantenphase ist die des endlichen Seins, des Begrenzten und der Raumzeit. Wie im Begrifflichen
für das Sein und das Nichtsein, gilt zum Beispiel auch für beide Quantenphasen, dass sie „gleichzeitig“
gelten sollen.
Diese wissenschaftlich und philosophisch neue und ungewohnte Situation versuche ich in einem Modell
darzustellen. Die zu modellierenden Basisgrößen sollen die Eigenschaften haben, einerseits Ausdruck jener
Theorien zu sein, welche die Quantensituation beschreiben. Auf der anderen Seite sollen sie herkömmliche
Basisbegriffe philosophischer Reflexion vertreten und diese weiter entwickeln.
Die Einheit der Hegelschen Verbindung von Sein und Nichtsein mit der quantenmechanischen Dualität von
Ding- und Feldvorstellung zu leisten, gelingt wohl nur, wenn diesen Basisbegriffen neben ihrer radikal
abstrakten begrifflichen Seite als Sein und Nichtsein eine inhaltliche Seite zugesprochen wird.
Ich behaupte nun, das Zentrum der gesuchten grundlegenden physikalischen „Inhaltlichkeit“ bilden zwei
gerichtete Grundkräfte. Diese physikalischen Kräfte modelliere ich als “Sw” und “Sz”. Und ihre
Richtungen werden als die Zielfunktionen “Rw” und “Rz” benannt. Je zwei werden in ihrer engen
Wechselbeziehung in den Modellgrößen z und w vereint. Wichtig ist an dieser Stelle nicht die Nomenklatur,
sondern dass damit eine prinzipiell erweiterte Basis von physikalischer Inhaltlichkeit eingeführt wird, da
dem formalen Sein und dem Nichtsein noch die Kraft- und Richtungsfunktion hinzu gefügt wird und
außerdem dadurch, dass dies erste Sein als duales Sein erscheint.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Die These ist, dass mit solch einem Modell alle weiteren – oben angesprochenen – Phänomene erklärt werden
können.
Die S-Kräfte und R-Richtungen haben dann in der Quantenphase, welcher das vorräumliche und
vorzeitliche “Nichtseiende” zuzuordnen ist, eine neue Art der „Existenz“. Sie stellt genau das dar, was von
Hegel als notwendig zu denkende Einheit von Sein und Nichtsein gefordert wird. Eine solche Position muss
mit den Erscheinungen der “Unendlichkeit” verbunden werden. Diese Vorstellung von Unendlichkeit zeigt
sich bei der Richtungsart Rw als eine grenzenlose Zielgerichtetheit und ein Relationieren in die unendliche
„Weite“. Bei den Rz ist die Zielrichtung im Gegensatz dazu die unendlich asymptotische Gerichtetheit als
Annäherung an ein Objekt, an z und w.
Die andere ursprüngliche Phase, die der Endlichkeit, erhält ihre Eigenart durch die Relation dieser beiden
gerichteten Kräfte zueinander. Endlichkeit kommt dadurch zustande, dass die beiden Arten der Unendlichkeit
einander dadurch „neutralisieren“. Es eliminieren sich die beiden entgegen gerichteten Unendlichkeiten
gegenseitig. Die so begrenzte Endlichkeit hat dann auch eine neue Art der Kraftkonstellation, die aus der
Relation der beiden Grundkräfte abzuleiten ist.
In der ersten Quantenphase ist die Trennung, die Isoliertheit der z von den w von prinzipieller Wichtigkeit.
In der anderen, der endlichen Quantenphase dagegen gilt der enge Wechselwirkungsprozess zwischen den z
und den w als wesentlich.
In der ersteren Quantenphase werden auch die Kräfte (Sz, Rz) von den Richtungsarten (Sw, Rw) strikt
getrennt, in der anderen Phase werden sie empirisch ununterscheidbar aufeinander bezogen.
Diese Dualität, dass der Kraft-Aspekt vom Richtungs-Aspekt sowohl getrennt werden kann, wie beide auch –
in der anderen Quantenphase – als untrennbar gelten müssen, ist für die weitere Entwicklung prägend. Sie
führt von der ursprünglichen Ebene, auf der die z und w je ihren Kraft- und Richtungsaspekt haben, zu den
zwei Quantenphasen, die als die der Wellen- und Ding-Darstellung bekannt sind. Die Wellen-Quantenphase
ist eine Ausdifferenzierung der ursprünglicheren Sz-Kraft zum Gravitationsfeld und zum Gluonenfeld und
Sw wird zum Feld des Elektromagnetismus und der Schwachen Wechselwirkung. Mit diesen Schilderungen
bereite ich eine Modellierung des Energiephänomens vor.
Die stillschweigend bis hier erst einmal vorausgesetzte Begrifflichkeit – zum Beispiel als Sein, Nichts,
Relation – soll auf dem Weg der weiteren allgemeinen Entwicklung ebenfalls entstehen. Auf diesem Weg
werden in einem außerordentlich komplizierten, aber nachvollziehbaren Prozess aus den physikalischen
Grundstrukturen am Ende die formalen begrifflichen Strukturen. So kann zum Beispiel die strikte Trennung
des methodischen „Identifizierens“(G) vom „Negieren“ (N) , wie es die klassische Logik und die Empirik
vorschreibt, sowie die dialektische und die hermeneutische Methodik, welche die Identität und die
Nichtidentität eng aufeinander beziehen (N/G), auf dem Wege der Entwicklung aus der geschilderten
Struktur der zwei Quantenphasen abgeleitet werden.
Ohne das hier zu belegen, behaupte ich, aus dem anfänglichen z,w-Ansatz kann die begrifflich-methodische
Seite durch die Entwicklung der beiden Basisrichtungen Rz und Rw abgeleitet werden. Sie erscheinen als
Negations- und Identifikatiosmethoden. Und aus den Sz und Sw wird die begrifflich-inhaltliche Seite des
Denkens entwickelt; schließlich wird aus Sw und Sz das „Sein“ (hier: E) und aus Rw und Rz die
Zielfunktion (hier: I). Am Ende der allgemeinen Entwicklung erscheint dies begriffliche Verhältnis von Sein
und Ziel in den beiden grundlegenden zweifachen Relationen, in der Position der begrifflichen Trennung und
in der der engen Verbundenheit des Seins – und auch des Seienden – mit der Zielfunktion. Ich gehe davon
aus, dass jede Denkarbeit durch diese inhaltliche Dualität und durch die der Methodik fundierbar ist.
Die Strukturen und Funktionen der Physik, zum Beispiel die Energieerscheinungen, werden von der
begrifflichen Seite her erklärbar. Und diese wird von mir wiederum aus der Physik abgeleitet. Alle
physikalischen Erscheinungen werden zugleich aber auch direkt aus der Ersten Physik, der Quantentheorie
speziell, ableitbar. Sie können als mehrfache Relationen und Kombinationen der Anfangselemente z und w
dargestellt werden.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Beispielsweise wird das Energiequant als zweifache Relationsart verstehbar, als Mehrfaches der zwei
unterscheidbaren anfänglichen Kräfte- und Richtungsarten: z-z-z/w-w-w. Die postulierten Eigenschaften der
S- und R-Seite lassen die formalen und inhaltlichen Energie-Eigenschaften wiedergeben und alle sich aus der
Ostwaldschen Hypothetik ergebenden Fragen beantworten. Im Detail ist diese Darstellung nicht
unkompliziert, dennoch sei in aller Kürze auf das philosophische Modell eingegangen. Die zwei S-Seiten
sind die Kraftaspekte der Energie. Ihre Wechselbeziehung und die der zwei R-Aspekte stehen für die
Dynamik der Energie. Der S-Aspekt ist das inhaltlich Wirkende. Die geometrisch-topologischen
Sachverhalte, wie die Raumzeitlichkeit der Energiedynamik, können durch den R-Aspekt dargestellt
werden. Auf Grund ihrer Gegensätzlichkeit halten sich alle vier Aspekte in einem relativen Gleichgewicht,
dem Wirkungsquantum. Diese mehrfache symmetrische Gleichgewichtigkeit und die dynamische Wirkung
nach außen entsprechen der zentralen Stellung des Energiebegriffs in der Physik Die Dynamik der Energie
nach außen erhält das Wirkungsquantum durch Sw und Rw, der Richtung „in die Weite“. Die Erhöhung
des energetischen Niveaus bedeutet, dass zusätzlich weitere w je Raumeinheit hinzutreten. Was eine
Erhöhung der abweisenden Dynamik bewirkt. Die innere Stabilität und relative Abgrenzung nach außen
erhält das Energie-Quant durch Sz und Rz.
Wie kann man nun die Annahme Ostwalds verstehen, dass die Energie, „die allgemeinste Substanz“ und „das
Vorhandene in Zeit und Raum“ sei? Oder diejenige, dass „der Energiebegriff der gereinigte und verbesserte
Begriff der Materie“ ist?
Die z, w – Systematik integriert die – heute bekannte – Einheit von Energie und Materie, wenn durch Sz-
Sz als Basis der Starken Wechselbeziehung allgemein und der Quarks und Gluonen speziell und durch Sw-
Sw als Basis der elektro-schwachen Kraft, und damit insbesondere der Elektronen das Modell w-w-w/z-z-z
als ein gemeinsames Modell für Materie und Energie gebildet werden kann. Die Materieeigenschaft von
Energie kann als die Sz-Sz-Betonung in dem Modell verstanden werden. Wobei zugleich deren R-Aspekt,
Rz-Rz-Rz/Rw-Rw-Rw die Raumzeit darstellt und damit Energie mit der Grundlage von raumzeitlicher
Endlichkeit überhaupt verbindet.
Es sind das die einfachsten Grundmodelle dessen, was als endliche Quantenphase gelten kann; es ist daher
das, was Ostwald als „allgemeinste Substanz“ bezeichnet.
Sobald eine physikalische Erscheinung mehrere z und w hat, kann ihr die Energie-Eigenschaft zugeschrieben
werden. Unabhängig davon wirken weitere Relationen dieser z, w in ihren S- und R-Aspekten außerdem als
andere physikalische Strukturen und Funktionen, denen einfache oder beliebig komplexe kombinierbare
Modelle zugeschrieben werden können. Ich beschreibe die physikalischen Einzelstrukturen, wie zum
Beispiel die Elektronen und Quarks, an anderer Stelle ausführlicher.
Wenn Ostwald meint, Energieverhältnisse seien alles, was wir von der Außenwelt wahrnehmen, dann
stellen eben die w-w aus dem Energiemodell diese Verbindung zwischen Wahrgenommenem und Auge her.
In meinem Modell hat das elektromagnetische Feld, das den gleichen Übergang von der Außenwelt zum
wahrnehmenden Organ herstellt, die einfache w-w-Konstellation.
Eine weitere für die Ostwaldsche Theorie wichtige physikalische Erscheinung sei hier berührt. Die Zunahme
der Entropie kann als Rw-Wirkung angesehen werden. Die typische „gleichverteilende“ Bewegung in die
„Weite“, bei der sich die Sw-Seite durch diese Bewegung abschwächt, fällt mit dem Rw-Prinzip
zusammen. Die drei physikalischen Erscheinungen Energie, Elektromagnetismus und Entropie werden in
Ostwalds Argumentation genutzt. Ich zeige hier ihren möglichen Zusammenhang.
Die weitergehende Frage ist zunächst, wie kann aus der ersten Physik die Ebene der subjektiven emotionalen
und rationalen Aktivitäten entstehen. Ostwald meinte, den gesuchten Übergang hergestellt zu haben durch
die Annahme einer energetischen Beschaffenheit der Bewusstseinsvorgänge, die diese Beschaffenheit allen
äußeren Erfahrungen aufprägt. Was von Ostwald angedeutet und physikalisch betont wird, muss jedoch als
spezieller Teil der Entwicklung in eine allgemeine Systematik integrierbar sein. Speziell als Übergang von
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
den physikalischen Kräften im Gehirnorgan zu den Strukturen und Funktionen der Begrifflichkeit.
Die Verbindung der Entwicklungsphasen der Physik mit dem menschlichen Erkenntnisvermögen wird durch
die notwendige Einbeziehung der Biologie, nämlich der Gehirnfunktionen, nicht leichter.
Jetzt kommt es darauf an, die physikalische Erklärung so zu gestalten, dass kein Bruch zu einer
philosophisch einheitlichen Systematik entsteht, welche die Energie, ihre Wahrnehmung und ihre
Verbegrifflichung zugleich umfasst. Von Ostwald wird eine begrenzte wissenschaftliche Begrifflichkeit und
Methodik verwendet Auch hier gehe ich über den Reflexionsstand der damaligen Naturwissenschaften und
der Naturphilosophie hinaus. Die mechanistischen Begriffe und Methoden müssen heute sinnvoll ergänzt
werden.
Eine moderne philosophische Systematisierung, die die allgemeinen Formen des Erkennens mit den heutigen
Grundlagen der Einzelwissenschaft Physik auf eine neue Art verbinden kann, muss weitergehende
methodische und begriffliche Grundideen haben. Über den Gedanken der Identitätsbildung (G) und des
Seins (E) und den traditionell dazu ergänzenden Gedanken des „Werdens“, als Dialektik (N/G) am
abstraktesten und weitreichensten gefasst, sollte deshalb hinaus gegangen werden. Die neuen und
ergänzenden von mir konzipierten begrifflichen Grundgrößen sind die Zielsetzung (I) sowie das Verhältnis I/
E zwischen Identität (E) und der Zielfunktion. Dazu kommt die Analyse der Relationen, die E und I
verbinden. Es sind die beiden Methodenarten G und N/G, die jetzt zusätzlich aufeinander bezogen werden.
In der Anwendung auf die Einzelwissenschaften kann man den Seinsbegriff und den des Werdens
unumstritten anwenden. Das sollte aber nun auch für den Begriff der Zielfunktion gelten. Ob als subjektiver
Wille und Interesse in den Kulturwissenschaften, als Ziel der Selbsterhaltung im biologischen Bereich oder
als raumzeitliche Richtung in der mechanischen Physik und Geometrie – stets hat I parallel zur
Seinskategorie eine wichtige Funktion. Und auch in der Ersten Physik kann die objektive Zielfunktion zur
Erkenntnis beitragen, vor allem als die Gerichtetheit Rz und Rw der Basiskräfte. Von den Zielfunktionen,
die in der Ersten Physik zu postulieren sind, werden jene in den anderen Bereichen – vor allem eben im
Begrifflichen – mit bestimmt.
Zusammenfassend gilt also, dass Erscheinungen der Physik wie hier die „Energie“ immer von zwei Seiten zu
erfassen sind, der Ersten Physik und der abstrakten Begrifflichkeit. Und beide Arten der Erkenntnis sind
miteinander verbunden.
Aus der Ersten Physik, aus den getrennten z und w der einen Phase und den eng aufeinander bezogenen z
und w in der anderen Phase lässt sich ableiten, dass im abstrakt Begrifflichen die zwei Methodenarten – für
die zum Beispiel die empirische (G und N) und die hermeneutische und dialektische (N/G) stehen –
ebenfalls getrennt sind und gleichfalls aufeinander bezogen wirken können. Und weiterhin bedeutet es, dass
sich diese Argumentation auf die inhaltliche Seite der Begriffe ausweiten lässt. Eine allgemeine
Richtungsvorstellung (I) hat ihre Ursache in den zwei R-Aspekten. Und die Identitätsgrößen des Seienden
(E) sind von den S-Aspekten herleitbar. Wenn jeweils beides konfrontiert, beziehungsweise getrennt wird,
dann stützt sich das auf die geschilderten formalen Eigenschaften der zwei Quantenphasen.
Die Erweiterung des traditionellen Materialismus besteht darin, dass die Zielfunktion I und die
Wechselbeziehung zwischen der Zielfunktion und der Identitätsbildung (E), wie auch die Relation der
Methodenarten, „N-G zu N/G“, sowohl aus der Ersten Physik ableitbar ist wie andererseits und zugleich die
Physik – die Energie beispielsweise – nur durch diese Methodenrelation und die abstrakte I/E-Begrifflichkeit
erklärbar wird. Und auch die quantenphysikalische Situation der Ersten Physik wird durch die
Relationierung der vier Grundgrößen E, G, N, I begrifflich hinreichend modellierbar.
Kurz sei die Verbindung der beiden Erkenntnisarten durch die allgemeine Entwicklung angedeutet. Es ist die
Erkenntnis, welche von den quantenphysikalischen Anfängen her argumentiert und jene, die von der
abstrakten Begrifflichkeit her erklärt. In der allgemeinen Entwicklung werden die E und I dadurch erzeugt,
dass die Sz- Kräfte abnehmen, die Sz von den Sw und beide von ihren R-Aspekten getrennt werden, frei
gestellt werden. Schließlich wird erst dadurch die mögliche Trennung der E von den I und der G von den N
bewirkt. Wegen dieser formalen Befreiung aus Relationen vervielfacht sich das E als Sein zur Vielfalt der
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
seienden Dingwelt. Wie die ebenfalls dadurch frei gewordene R-Seite als I die Chance der unbegrenzten
Vervielfachung hat. Genauso wird dadurch die Relationierung-Funktion, die zwischen den S und den R
besteht, frei gesetzt. Sie wird zunächst zu den materiellen Übergängen – zum Beispiel zwischen den
Entwicklungsphasen der Anorganik und der Organik. Schließlich werden die Relationen zu den Abstrakta G
und N, das heißt, zu allen methodischen Identifikationsverfahren sowie der Negation.
Wenn Ostwald betont, dass nicht der Geist der Natur die Gesetze vorschreibe, wie Kant annahm, sondern
dass umgekehrt der Geist sich nach den Naturgesetzen forme und nur solche Kategorien enthalte, die sich
mit diesen vereinbarten, dann ist mein Vorschlag eine Antwort auf die Frage, wie man diesen Geist erfassen
kann, um die Verbindung zur Natur glaubhaft zu machen. Der Sinn dieses Unterfangens liegt im Versuch
einer Strukturierung der Begriffs- und Methodenseite, welche mit der Struktur der Ersten Physik kompatibel
ist. Das geht nur, wenn das Verhältnis zwischen Natur und Geist als ein wechselseitiges dargestellt wird. Die
Notwendigkeit, das zu wagen, besteht seit den prinzipiellen physikalischen Neuerungen des vergangenen
Jahrhunderts.
Wenn sich Ostwald gegen die Zweifel Kants an der Erkennbarkeit der Welt wendet, dann geht das in
Ansätzen bereits über die Konfrontation von mechanischem Materialismus und philosophischem Idealismus
hinaus. Sein Einbezug der einzelwissenschaftlichen physikalischen Erkenntnisse im Umkreis des
Energiephänomens wird von mir ausgeweitet, indem die Quantentheorie einbezogen wird. Wenn dadurch
deutlicher wird, wie „Energie“ mit der quantentheoretischen Basis verbunden werden kann, dann steht
Ostwald einem die Natur und den Geist auf moderne Weise umfassenden philosophischen Projekt nicht fern.
Ostwalds gesellschaftstheoretische Auffassungen ließen sich kaum gegen die naturtheoretische der
mechanizistischen Denkweise durchsetzen. Auch Naturalisierungen wie die Biologisierung der
gesellschaftlichen Verhältnisse als Teil jener Versuche, Naturphilosophie unmittelbar auf die Gesellschaft zu
übertragen, ohne die Besonderheiten dieser Bereiche zu bedenken, können nicht gelingen. Tatsächlich war es
jedoch in jener Lage – die gekennzeichnet war von den Umwälzungen durch die neue Physik – an der Zeit,
eine Verbindung zwischen dem mechanischen Materialismus und dem Kulturalismus herzustellen und beide
mit der neuen Physik zu verbinden. Vor allem die Quantentheorie hat dafür Anregungen geliefert, indem sie
neue philosophische Möglichkeiten aufzeigte. Letztlich für das, was Ostwald „Wissenschaft der
Wissenschaften“ nannte.
Ostwalds Versuch einer „energetischen Grundlegung der Kulturwissenschaft“ unter Anwendung der
physikalischen Energiegesetze kann nur erfolgreich sein, wenn dem ersten Schritt Ostwalds, dem
“Urphänomen allen Geschehens“, der Energieumwandlung, ein weiterer Schritt folgen würde, bei dem
sowohl diese physikalischen Erscheinungen wie die dabei verwendete Begrifflichkeit weiterhin
verallgemeinert worden wären. Was aber eben nur gelingt, wenn das Phänomen „Energie“ auf eine Basis
zurück geführt würde, die zugleich eine physikalische und eine philosophische ist und die nur so
Ausgangspunkt für gesellschafts-und kulturtheoretische Überlegungen sein kann.
Ostwalds Grundüberlegung ist, dass die Entwicklung „ein Kampf um freie Energie“ ist. Es ist ein Versuch,
von der Anorganik über die organischen Strukturen und Funktionen zur „allgemeinsten und höchsten
Synthese menschlicher Geistbetätigung“ eine allgemeine und physikalische Ursache zu finden und deren
Physikalität in philosophischer Weise einzusetzen. Der Anspruch, nicht nur alle materiellen Bereiche,
sondern auch Kultur, Sprache, Staat, Recht und deren Wissenschaften einheitlich erklären zu können, ist
wahrlich einer, der in der Tradition der Philosophie steht.
Ob eine solche Hoffnung generell einlösbar ist, lässt sich vielleicht dann besser beantworten, wenn das
Ostwaldsche „Gesetz der Verbesserung des Güteverhältnisses“ von freier Nutzenergie und begrenzter
Rohenergie genauer bestimmt wird:
Setzt man an die Stelle von „Energie“ das z-z-z/w-w-w-Verhältnis, dann kann man die „allgemeine
Entwicklung“ in ihren Phasen Anorganik, Organik und menschliche Vergeistigung und Vergesellschaftung
präziser erfassen. Die allgemeine Entwicklung des z,w-Projekts stellt eine Hierarchie der Wissenschaften
her, deren unterster Bereich der der mechanischen, elektrischen und chemischen Energietransformationen ist.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Deren entwickelteren Bereiche die der energetischen Phänomene der organischen Strukturen und des
Stoffwechsels der Pflanzen- und Tierwelt sind. Und deren Abschluss der Übergang von den biologischphysikalischen,
energetischen Gehirnfunktionen zu den Strukturen und Funktionen des Geistigen ist.
Dabei kommt es vor allem auf den Übergang von der Physik zur Biologie und von dieser zur Begrifflichkeit
an. Mit Hilfe der Sw-Kräfte, die sowohl im Energie-Modell wie im Modell für die Elektrodynamik stecken,
sowie der Rz und Rw in beiden philosophischen Modellen, kann die „qualitative“ Differenz von Anorganik
und Lebensfunktionen erarbeitet und bestimmt werden.
Das sei an dem hier wichtigeren Übergang, der sich im Gehirnorgan abspielt, gezeigt. Es wird dies von
Ostwald als „Energieorganisation“ beschrieben, unter Beachtung des Zweiten Hauptsatzes der
Thermodynamik. Es ginge darum, die Abnahme der Energie, also die Zunahme der Entropie, zu verzögern
und diese zum Aufbau kultureller und idealer Tätigkeiten zu verwenden.
Ich verbinde die Entropie durch die Sw und Rw mit dem Energiemodell.Die Entropie-Zunahme ist dann jene
Sw-Erfüllung, die auch als Sw-Abschwächung und daher als Rw-Verselbständigung interpretiert werden
kann. Beides kennzeichnet einerseits die physikalischen Vorgänge im Gehirnorgan und zugleich sind die Sw
und die Rw die Basis für die Entwicklung der Begrifflichkeit. Aus den Sw-Kräften wird E; aus der Rw-
Richtung wird I. Und aus beider Relation werden die N, G, N/G-Modelle für die Methodik. Was hier nicht
viel mehr als Behauptung bleiben muss, wird an anderer Stelle im Einzelnen behandelt.
Zur Inhaltlichkeit, dem Qualia-Problem der Gehirnfunktion, soll folgendes auch nur angedeutet werden: Die
Darstellung der Zusammenhänge im Gehirnorgan muss von den typischen biologischen Abläufen ausgehen.
Diese bestehen hauptsächlich darin, in sehr vielen Netzen und Ebenen die aufeinander bezogenen S-und RFunktionen
in E/I und N/G umzuwandeln. Das geht deshalb, weil die Phasen – also zum Beispiel die
Dingwelt und deren Begrifflichkeit – über die S- und R-Aspekte verbindbar sind. Eben eine solche
Verbindung hatte auch Ostwald mit Hilfe des Energie-Phänomens hergestellt. Aber das entscheidend Neue ist
die eigentliche „Entwicklung“ mit ihren prinzipiell unendlich vielen und unendlich kleinen Schritten.
Die„qualitativen“ Veränderungen bei diesen Übergängen sind für die wissenschaftstheoretischen
Überlegungen heute ein zentrales Problem.
Man kann dazu das vorgestellte Denkmodell nutzen, das von den Funktionen der Quantenphysik ausgeht und
die physikalischen Grundkräfte damit kombiniert. Zugleich aber wird diese Relation philosophisch gestaltet,
wenn die wichtigsten Grundbegriffe des Denkens durch die Entwicklung eng damit verbunden werden. Das
sind – wie gesagt – die Begriffe des Seins, der Unendlichkeit, des Werdens, des Nichts, und des Ziels sowie
ihre komplizierten Relationen. Jede physikalische Erscheinung – wie die Energie zum Beispiel – kann mit
Hilfe dieser grundlegenden Begriffe analysiert werden.
Die Entwicklung besteht nun weiterhin in der schrittweisen Eliminierung der physikalischen Seite dieser
beiden Größen. Das heißt, die Sz und Sw erfüllen ihre Aufgabe und beseitigen sich dank ihres Wirkens
tendenziell selbst. Und zwar in diesen unendlich asymptotischen Schritten. Diese Übergänge sind mit den
Schwierigkeiten der Unendlichkeitsproblematik verbunden und entsprechend zu behandeln. Es entstehen
also phasenweise neue Gebilde, die durch Sz und Sw gestaltet sind, und zwar so, dass die physikalischen
Kraftfunktionen abnehmen und an ihre Stelle Schritt für Schritt biologische, emotionale und begriffliche
Strukturen und Funktionen treten. Grundzüge dieser Gestaltung bestehen zum Beispiel in der Übernahme der
Dualitäten. Die formale Erscheinung der Dualität zeigt sich in allen Phasen der Entwicklung. Am Ende der
Entwicklung strukturiert sie Begrifflichkeit inhaltlich und Methodik formal.
Die wahrgenommene Welt, das Hirnorgan, die Wahrnehmungsvorgänge, die Begrifflichkeit und auch die
einzelnen Begriffe sind Phasen der allgemeinen Entwicklung. Diese allgemeine naturhistorische
Entwicklung wird als Gehirnfunktion zeitlich verkürzt und konkretisiert. Philosophisch beschrieben, besteht
diese Entwicklung in der Umwandlung der zwei quantenphysikalischen Grundfunktionen, der S-Aspekte
und der R-Aspekte in die gleichen Funktionen, welche die Begrifflichkeit in ihrer formalsten Abstraktion
hat.