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Wissenschaft

Die philosophische und die einzelwissenschaftliche Betrachtungsweise sind eng miteinander verzahnt. Eine „meta-theoretische“ Stellung der Philosophie ist nur eine abstrakte Rand-Beschreibung in der gemeinsamen Entwicklung, in welcher die Wissenschaftsbereiche einzelne „Phasen“ der philosophisch zu begründenden allgemeinen Entwicklung darstellen.

Die zur sachlichen Entwicklung „parallel“ laufende historische Entwicklung betrifft sowohl die Philosophie wie die Wissenschaften. In ihr erscheinen die Phasen der Entwicklung als philosophisch-wissenschaftliche Paradigmen, welche wir als notwendige Vorstufen der weiteren Entwicklung betrachten.

 

Theorien des endlichen Wissens – wie zum Beispiel Fichtes Wissenschaftslehre – wie auch philosophische Theorien – wie die Hegels – , in welchen der strukturelle Kern eine dynamische Spannung zwischen Sollens-Momenten, dem „Für es“, und bedingten Momenten, dem „Ansich“, sind, geben die Möglichkeit, einen Zusammenhang von Philosophie, allgemeiner Struktur des Wissens und den Einzelwissenschaften auf der Basis der Relation der  I – Sphäre mit der E-Sphäre herzustellen.

Durch eine derartige Theorie, die die Analyse der Wissenschaften durch die Grundkategorien E und I sowie deren synthetische Relationierung I/E möglich macht, kann verdeutlicht werden, dass die Philosophie nicht als fremder Anspruch an die Wissenschaften herantritt.

Die philosophische Reflexion betrifft die Entstehung der Phasen, der Bereiche und Wissenschaften, die im Laufe der „Entwicklung“ entstanden sind sowie die Analyse dieser Einzelbereiche selbst. Dazu sei hier eine Reihe von Behauptungen aufgestellt, die im weiteren Verlauf bewiesen werden sollen.

Es sind drei Phänomene zu beobachten. a ) Die Einzelwissenschaften gehen in ihrer Entwicklung in die philosophischen Disziplinen über, in Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie, Geschichtsphilosophie, aber auch in Ethik, Ästhetik und so weiter. Die Entwicklung der Wissenschaften besteht darin, “philosophisch“ zu werden. Das unmittelbare Selbstverständnis des gegenständlichen Wissens hat zum Teil bereits die Strukturen der Philosophie. Genauer gesagt, beide unterscheiden sich nur darin, dass die Philosophie einen weiteren Entwicklungsschritt der Wissenschaften vorweggenommen hat.

(b ) Die Methodik aller wissenschaftlichen und philosophischen Einzelbereiche gleichen sich an. Traditionell waren allen begrifflichen Argumentationen rationale und logische Urteile und Schlussfolgerungen eigentümlich. Die Weiterentwicklung in allen modernen Wissenschaften besteht darin, hermeneutische, transzendental-kritische, diskursive und dialektische Methodik, die primär die philosophischen Diskurse generiert hatten, zu berücksichtigen.

 c ) Die Bereiche der Wissenschaften und der Philosophie lassen sich auf relativ wenige Gegenstände reduzieren – zum Beispiel auf Seiendes, Welt, Gott, Mensch, das Gute, das Schöne, Geschichte, Sprache. Der Gehalt dieser Begriffe und deren Zusammenfassung in Einzelwissenschaften und Eckpunkten wird dann von uns in neuer Weise analysierbar und philosophisch-wissenschaftlich reflektierbar, und zwar in einer zur weiteren Systematisierung und Einheitsbildung tendierenden methodischen und begrifflichen Art durch N,G und E,I.

Die Wissenschaften insgesamt beschäftigen sich in ihrer Begrifflichkeit also mit  I/E-Konstellationen., und die methodische Arbeit der Wissenschaften kann – als Gegenstück zu I/E – durch „N-G zu N/G“ modelliert werden.

Während sich die Einzelwissenschaften nach den Inhalten der I und der E unterscheiden lassen, besteht die philosophische Arbeit darin, diese Behauptungen und Darlegungen, die die Struktur der wissenschaftlichen Bereiche in Varianten der I-Sphäre und der E-Sphäre zu erkennen meinen, zu begründen., sowie darin, den Anspruch, die methodologische Seite der Wissenschaften auf Relationen von N und G reduzieren zu können, zu belegen.

Die Gegenständlichkeit und die maßgebenden Methoden der jeweiligen Einzelwissenschaft können jedoch nicht auf die von mir vorgeschlagene Weise konstituiert werden,  wenn nicht auf einer philosophischen Ebene die Bedingungen dafür kritisch reflektiert wurden.

Sind alle Varianten der Einzelwissenschaften auf dem Boden des „endlichen“ Wissens angesiedelt, so kann das für einen Teil der sie begründenden philosophischen Überlegungen nicht mehr gesagt werden. Das was früher der „transzendental-kritische“ Anspruch der Philosophie war, wird von mir genauer geschildert und erneuert werden: Die philosophische Reflexionsdynamik führt zu Begriffen und Methoden, die den traditionellen Gegensatz von „endlich und unendlich“ aufheben. In der Philosophie wird das Wissen zwar auch methodisch affirmiert, es wird aber zugleich jeweils – beispielsweise „selbstreflektorisch“ – darüber hinausgegangen

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In der traditionellen Geistesgeschichte wurde bereits versucht, den Begriffs- und Methodenpluralismus der Wissenschaften auf wenige elementare Größen zu reduzieren. Ich setze diese Tendenz fort, wenn ich die wissenschaftlichen Methoden, wie zum Beispiel den logischen Weg der Erkenntnis, den empirisch-analytischen und den dialektischen miteinander verbinde. Das richtet sich gegen eine unverbindbare Parallelität der Methoden und gegen die abstrakte Prävalenz. einer einzigen Methode.

Durch die innere Entwicklung der Einzelwissenschaften sind diese sich ihrer Gegenstände und ihrer bisherigen Methoden nicht mehr sicher. Die gesellschaftliche Abwehr der absoluten Spezialisierung erreicht auch die Wissenschaften. Diese Verunsicherung könnte durch die hochspezialisierte einzelwissenschaftliche Leistung überwunden werden, wenn zugleich die Theoriebasis erweitert und das theoretische Instrumentarium mit anderen Einzelwissenschaften interdisziplinär verbunden würde. Um aber eine universelle philosophische Wissenschaftssystematik zu erarbeiten, müssen die einzelnen Wissenschaften so weit entwickelt sein, dass sie in der Lage sind, ihre jeweiligen Werthaltungen zu hinterfragen und ihre Methoden und die Begriffe ihrer Gegenstände auf neue Art zu rekonstruieren. Sobald eine Wissenschaft nach der Konstitution ihrer Gegenstände und nach dem Sinn ihrer Forschungsresultate sowie nach der Legitimierbarkeit ihrer Methoden fragt um nach einer Phase der Dekonstruktion diese jeweils immer wieder neu konstruieren zu können, wird sie zur Philosophie

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Mein philosophischer Ansatz kommt von einer prinzipiellen Systematik her, welcher  er die Einzelwissenschaften unterstellt. Die Gesichtspunkte der Systematisierung können (1.) bestimmt werden von den möglichen „Gegenständen“ der wissenschaftlichen Untersuchung; also zum Beispiel von der physikalischen und biologischen Natur. (2.) kann das methodische subjektive Vermögen im Vordergrund der wissenschaftlichen Erarbeitung stehen; so zum Beispiel die Erfahrung, das Handeln, die Phantasie. (3.) Schließlich sind es die traditionellen Mechanismen des objektiven Geistes, welche im Vordergrund wissenschaftlicher Ordnung der Welt stehen können, wie beispielsweise die Einheiten stiftenden rationalen Synthesen oder dialektischen Vermittlungen, die hermeneutische oder die identifikatorische Methode.

Alle diese Begriffsbildungen und Methoden – und damit die „Wissenschaftstheorie“ als solche – können auf die Entwicklungspalette der Formen von E, I, N und G reduziert werden.

Auffällig bei allen Einteilungen der Wissenschaften – von Aristoteles an – ist, dass die G- und E-Seite dabei allein gesehen wird. Noch in Bacons „Neuem Organon“ sind es statische und identifikatorische Vorstellungen ,wie zum Beispiel die Logik oder das „Gedächtnis“, welche als Basis der Wissenschaften gelten. Daneben sind es allerdings auch schon „die Praxis“ und „die Phantasie“. Ihre Rolle wird wohl wahrgenommen, aber noch erscheinen sie als jede Systematik störende Alltagserfahrungen.

Neben diesen statischen Grundbegriffen für die Philosophie und die Wissenschaften gibt es seit Comte und Fichte in der Betrachtung der Wissenschaften Annäherungen an den Entwicklungsaspekt.

Begreift Fichte in seiner Wissenschaftslehre die Wissenschaften als Versuch, die Geschichte des menschlichen Geistes nachzuzeichnen, so will ich das in meiner Systematik näher bestimmen. als eine Aufreihung der Einzelwissenschaften entlang einer allgemeinen Entwicklung, bei der das Kerngebiet jeder Wissenschaft darin besteht, die jeweilige Entwicklungsphase zu sein.

Die „historische“ Sicht kann hierbei deshalb mit „systematischen“ Ansätzen parallel laufen, weil beide in die entwicklungstheoretische Sicht münden.

Die so genannte Krise der Philosophie seit dem Ende des 19.Jahrhunderts ist in der Hauptsache die „Vollendung“ der E-Seite im Bereich der intelligiblen, generalisierenden Kategorien. Sie erscheint als eine Durchsetzung der Grundideen N, G, und E, wohingegen die Grundkategorien I , E/I und N/G noch weitgehend fehlen. Die Bevorzugung der Methoden als G-Varianten und der zentralen Begriffe als abstrakte und allgemeine E bewirkt die Darstellung der Natur und der kulturellen Erscheinungen in Kategorien, die allein die Identitätsbildung variieren, nicht aber deren Dynamik, Entwicklung und Freiheitsmöglichkeiten ausreichend systematisch bedenken lässt.

Da dies für die Geisteswissenschaften offensichtlich eine nicht hinreichende Methodenauswahl war, kam es zur Verschärfung der Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften.

Erst die durch die Einzelwissenschaften selbst erarbeitete genauere Kenntnis ihrer entsprechenden Bereiche wird dann später im Methodischen zeigen, dass beide, die N-G-Methoden und die N/G-Methoden, wichtig sind und sich wechselseitig erklären.

Die mit einem derartig doppelten Ansatz verbundene Relation des zeitlosen Gültigkeitsanspruches der Existenz, des Seins, welche hier als N-G, E modelliert wird, einerseits, zu den doppelten dynamischen Unendlichkeiten der N/G-Methoden andererseits, hatte Hegel bereits behandelt; jetzt geht es aber darum, dies auf die weiten Bereiche der Realität anzuwenden. Das heißt zum Beispiel, die von Hegel nicht systematisch beachteten I- und I/E-Relationen als Entwicklungsphasen zu konkretisieren

Dazu kann man in einer ersten Näherung sagen, dass die Verpflichtung der Naturwissenschaften stets noch darin bestehen muss, Erkenntnis in die Form überzeitlicher Gesetze zu bringen. Aber der damit ins Feld geführte „objektive Geist“ wird durch unsere Philosophie erweitert. Neben N, G, E treten jene I, I/E und N/G, welche die Palette des objektiven Geistes und damit auch die bisher begrenzte Vorstellung von „Überzeitlichkeit“ der Gesetze erweitert . Kurz gesagt, auch die I-Sphäre sowie I/E und N/G können als „ewige Wahrheiten“ akzeptiert werden. Derart erweiterte Begrifflichkeit wäre dann auch die Basis für jene Bereiche und Wissenschaften, die auf „Erfahrung“ und „Geltung“ beruhen.

Es geht aber nicht darum, die Wissenschaften nur auf das eine oder andere dieser beiden Erklärungsmodelle zu verpflichten. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Physik machen es deutlich, es geht darum, das traditionelle idealistisch-mechanistische Paradigma mit dem neuen, welches unter anderem der Quantentheorie gerecht wird, zu vereinen.

Beide finden ihre Fundierung in einer umfassenden philosophischen Basis, welche auch die wissenschaftstheoretischen Elemente aller anderen Einzelwissenschaften enthält.

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