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Philosophie und Wissenschaft

Philosophie ist von Anbeginn die Erarbeitung der allgemeinsten Prinzipien des Seins und des Seienden. Dieses abstrakte Sein und das Seiende werden von mir durch die einzelnen Phasen einer allgemeinen Entwicklung der hypothetisch eingeführten Grundideen E, I, N, G ausdifferenziert und konkretisiert.

Die erste Phase ist die Basis der Physik und der Natur, eine weitere Phase ist „der Mensch“, sowie die „Gesellschaftlichkeit“ und die höchst entwickelte Phase ist das, was als „objektiver Geist“ zu bezeichnen ist, wozu auch die Begriffe des Seins und des Seienden selbst gehören. Die Bereiche der Wissenschaft und der Philosophie lassen sich dann auf relativ wenige Gegenstände reduzieren – zum Beispiel Seiendes, Gott, Welt, Mensch, das Gute, das Schöne, Geschichte, Sprache. Der Gehalt dieser Begriffe und deren Zusammenfassung in Einzelwissenschaften und Eckpunkten wird weiterhin von uns in neuer Weise analysierbar und philosophisch-wissenschaftlich reflektierbar, und zwar in einer zur Systematisierung und Einheitsbildungt tendierenden methodisch-begrifflichen Art durch N,G und E, I .

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Das sei am Beispiel der Konfrontation von Platonismus und Erfahrungsphilosophien etwas deutlicher gemacht. Beide philosophischen Richtungen lassen sich mit Hilfe des Gedankens einer Entwicklung der vier Grundideen I,E,G,N ebenso auf neue Weise verstehen, wie sich überhaupt traditionelle Fragen der Philosophiegeschichte – wie zum Beispiel „ was ist das Wesen des Seienden“, „was ist der Mensch“, „was ist Gott“ – dadurch sinnvoller und vernünftiger stellen und beantworten lassen.

Die Platonischen Ideen, die in sich das Wesen und die Substanz vereinen und zugleich das Eine und das Allgemeine sein sollen, können das nur leisten und unwandelbar der Zeit enthoben sein , wenn sie den E-Charakter haben. Die platonische sprachliche Beschreibung dieser äußersten Abstraktionseinheit wird von mir für die Beschreibung von E übernommen. E ist aber nur eines unter anderen gleichberechtigten Elementen des objektiven Geistes; ein anderes Element ist die I-Funktion. Vor allem aber ist E als das Ergebnis einer Entwicklung zu sehen, die alle anderen Phasen einbezieht. Damit wird der E-Gedanke auf jeweils spezifische Weise konkretisierbar, ohne die allgemeine Charakteristik des Selbstidentischen zu verlieren

Die systematische Leere der platonischen Ideen hatte schon die Nominalisten bewogen, nur die „Erfahrung“ gelten zu lassen. In der Philosophie einer allgemeinen Entwicklung ist alles das, was man „Erfahrung“ nennen kann, jene Reihe der Entwicklungsphasen, die den Weg zum objektiven Geist bilden. Das war bereits eine zentrale Erkenntnis mittelalterlich-christlicher Philosophie.

Wir versuchen nun, diese Phasen der „Erfahrung“ als I/E-Relationen darzustellen. So ist die physikalische Natur nicht nur „Materie“ oder nur „Kraft“ – das sind zwei typische begriffliche E-Darstellungen – vielmehr geht es in der Grundlage der Physik essentiell um „gerichtete“ Kräfte, also um I/E- Erscheinungen.

Ein Beispiel aus der Phase der Gesellschaftlichkeit wäre dann die Tatsache, dass jedes Kollektiv nicht nur als eine Struktur ( E ) zu sehen ist, dass es vielmehr hauptsächlich durch seine Zielsetzungen ( Ik ) zu verstehen ist, also die I/E-Form hat. Uns ist wichtig, die platonistische und die auf „Erfahrung“ beruhende Darstellung der Realität in ihrer Wechselbeziehung zu erkennen und zu nutzen.

Neben der Ergänzung der  E-Kategorie durch die I-Kategorie geht es auch um eine systematischere Fassung der „Methoden“-Seite. Die wissenschaftlichen Methoden werden von mir durch N und G modelliert.

Die Methodik stellt in grundsätzlicher Weise die Relationen, Beziehungen, Übergänge dar. Hier zum Beispiel die Beziehungen zwischen den I und den E . Aber auch die Übergänge zwischen den vier Haupt-Eckpunkten. So auch den Übergang zwischen menschlichem Bewusstsein und konkretem Seiendem in Gesellschaft und Natur. Und grundsätzlich zwischen allen Phasen und innerhalb dieser zwischen deren Elementen und Strukturen. Die „Methoden“ sind jene inhaltlichen Ausformungen der N und G, die zu den drei Eckpunkten des subjektiven, gesellschaftlichen und des objektiven Geistes gehören. Die Eigenarten der N und G innerhalb der Naturprozesse sind selbst nicht als Methoden zu bezeichnen, vielmehr als Prozesse, Verfahren, Vorgänge, Abläufe; sie werden allerdings in den Wissenschaften als Methoden „abgebildet“.

In der Wissenschaftsgeschichte sind methodologische Reflexionen nur zögerlich erfolgt. Es seien einige Probleme aus diesem Gebiet angeführt. Die „Erfahrung“ als eine recht ungenaue Methode wurde schon genannt. Die intuitive Erkenntnis-Methode ist nicht viel exakter, konfrontiert man sie mit Methoden wie dier empirischen oder der des klassischen logisch-rationalen Denkens .

Bei der paradigmatischen Bevorzugung der exakten Methoden war es wesentlich die Absicht, strenge Sachlichkeit dadurch zu erreichen, dass man die Wert-und Gefühlsneutralität aller beteiligten Wissenschaftler herstellte. In dieser Ausschaltung der konkreten Erfahrungen und Emotionen des erkennenden Subjekts sehe ich die Absicht, die I-Seite zu eliminieren. Es ging in diesem Abschnitt der Wissenschaftsgeschichte erst einmal darum, die E-Seite auszuarbeiten.

Im Laufe der weiteren Argumentation verbinde ich die E und I auf der einen Seite mit den N und G auf der anderen. Die Aufteilung in die E-Seite und die I-Seite hat in der methodologischen Betrachtung zur Folge, dass man alle Methoden in zwei „Typen“ einteilen kann. Die Methoden-Fülle reduziert sich mit der Orientierung an E auf den N-G-Typ, der – wie variantenreich auch immer – stets und in unendlichen Prozessen die Herstellung der „Gleichheit“ ( G ), die punktförmige Identität E anstrebt. Die andere Methoden-Art, der N/G-Typ, strebt dagegen nicht die Herstellung von Identitäten an, wie das beispielsweise die empirische Methode macht. Es geht in den N/G-Methoden – wie der hermeneutischen und der dialektischen Methode – vielmehr darum, die beiden dynamischen Prozesse der Identitätsbildung ( G ) und der Negationsbildung, als der Negierung der Identität, in einer Art „Schwebe“ zu halten. Ich werde darauf näher eingehen, wenn ich diesen Methodentyp mit der I-Grundidee verbinde.

Die platonischen E werden in der Geschichte der Philosophie und der Wissenschaft konkretisiert. Das Reich der Ideen wird zur Welt der Objekte. Wenn hierbei die Erkenntnis durch die menschlichen Sinne erfolgt und die Bildung der Begriffe und Kategorien durch rational-logisches Reflektieren, dann erzeugen die dabei allein verwandten N-G-Methoden wiederum nur eine Welt von E-Objekten.

Ein erweitertes philosophisches und wissenschaftliches Arbeiten durchbricht aber diesen geschlossenen Kreis, wenn das erkennende Subjekt ins Zentrum tritt und die Wirklichkeit sich der erarbeitenden Leistung des Menschen verdankt, der die Wirklichkeit immer wieder von neuem aus ihren Widersprüchen aufbaut. Die vielen möglichen Verfahren dieser Art  Erkenntnis werden von uns als N/G-Typ modelliert. In der wissenschaftichen Praxis liegt die Betonung immer noch bei E und noch nicht bei I und I/E.

Wenn Hegel dem Fichteschen „Ich“ vorwirft, ein Unvermitteltes zu sein; strebt Hegel als Erarbeitung allein die begriffliche Vermittlung an, das heißt die Durchsetzung seiner spezifischen N/G-Methode, der Dialektik. Und wenn Marx sieht, dass das Feuerbachsche Bild vom Menschen noch zu naturnah und zu abstrakt ist, und verlangt, den Bezug zwischen den Eckpunkten Natur, objektiver Geist und Subjektivität mit dem der Gesellschaftlichkeit, zu berücksichtigen, so baut er erst an der Brücke zu einem genau hier möglichen und notwendigen Zusammenhang von N/G-Methoden und der I-Sphäre.

Diese philosophischen Diskurse führen zu den methodischen und inhaltlichen Grundproblemen der Einzelwissenschaften, sie verbleiben aber noch in den Abgrenzungen der vier weltanschaulichen Eckpunkte und der Einzelwissenschaften.

Beide Verfahrens – und Methodentypen, der Typ der „idealistischen“ Trennung von N und G und der der doppelt unendlichen Relationierung von N und G zu N/G, sowie die Erfahrung aus philosophischer Reflexion, dass die Trennung in die beiden Methodenarten nicht aufrecht zu erhalten ist, bilden den Korpus der philosophischen, wissenschaftlichen und auch alltäglichen Methodologie.

Der N-G-Ansatz stellt die Weltsicht der „Endlichkeit“ in den Vordergrund; die Wissenschaften des „mechanischen“ Paradigmas arbeiten bevorzugt mit Methoden, die N strikt getrennt von G halten, und deren Bestreben es ist, Identifikationen endlicher Art zu erstellen.

Die modernere Philosophie- und Wissenschaftslandschaft zeigt das doppelte Bestreben, einerseits konkrete und geistige Differenzierungen zu finden, beispielsweise in unbegrenzte Tiefen der Mikrophysik vorzudringen., und andererseits zu versuchen, unendliche Weiten zu erforschen; nicht nur die des physikalischen Makrokosmos, sondern vor allem die Zusammenhänge, Relationen zwischen den Einzelbereichen und deren Einzelwissenschaften, sowie die Relationen zwischen den Begriffen und zwischen den Methoden.

Diese beiden Unendlichkeitsbestrebungen werden in N/G erfasst und vereint. Im Kontrast zu den Methodenarten, welche Endlichkeiten durch  G-Methoden abbilden sollen, geht es hier um die Relationierung der beiden prinzipiell dynamischen Größen G und N , die – von Rz und Rw her – auf jene beiden Arten der Unendlichkeit verweisen, auf die der unbegrenzten „Tiefe“ und die der unbegrenzten „Weite“. Die Relation der beiden derart unendlichen Größen G und N kann als N/G allerdings in einem Grenzfall wiederum zu einem endlichen „Gleichgewicht“ führen.

Hier greife ich späteren Erläuterungen vor, wenn die G-Idee nicht als eine statische Größe angesehen wird, sondern als eine unbegrenzte Dynamik, deren Endpunkt E nur in asymptotischer Weise erreichbar ist. Für die N -Idee gilt das entsprechend. Wobei das Ziel der N-Dynamik nicht der endliche „Limes“ E ist, sondern als „offene Weite“ umschrieben werden kann. In beiden Fällen geht es keineswegs um eine phantasierte Begrifflichkeit. Der Bezug auf die elementaren Strukturen der Physik, Rz- und Rw-Aspekt, und auf die Mathematik wird das verdeutlichen. N/G vereint also beide unendlichen Dynamiken.

Die traditionellen Begriffe der Wissenschaften orientieren sich an E und an den N-G- Methoden. Alles was zum Beispiel jenseits der rationalen und. empirischen Methodik liegt, erscheint dann als „unvorstellbar“ und „irreal“. Teilbereiche der Wissenschaften, wie die entfaltete Mathematik, aber vor allem die moderne Physik – und damit alle Naturwissenschaften – weisen bereits erweiterte Erkenntnisstrukturen auf, welche zunächst wenig Rücksichten auf das – letztlich alltagssprachliche – Paradigma der Identitätsbildung, der Messprozesse und ähnliches. nehmen.

Diese erweiterten wissenschaftlichen Methoden, einschließlich der modernen Logik und Mathematik reduzieren wir im Wesentlichen auf das methodische Verhältnis „N-G zu N/G“. Und die Erneuerung der Begriffe in den modernen Wissenschaften versuchen wir durch I, E, I/E zu fassen.

Das betrifft alle Einzelwissenschaften und Eckpunkte. Die dort verwendeten Begriffe und Methodenarten werden aber nicht konfrontiert, vielmehr in einer einheitlichen Entwicklung überformt.

Hier sei exkursiv auf die Entstehung der vier „Grundideen“ in der Entwicklung der Philosophie eingegangen. Die Grundkategorien, E, G, N sind in der Geschichte der Begrifflichkeit schon bei Aristoteles zu sehen. So sei das Wesen des Seienden im jeweils seienden Ding selbst zu finden. Wir sehen das als eine Umschreibung der selbstbezüglichen Eigentümlichkeit von „E“ an . In der systematisierten E-Seite trifft sich die platonische Auffassung, das „Wahre“ werde als „übersinnliche, ewige“ Idee durch das rationale Bewusstsein erkannt, mit der aristotelischen Vorstellung. Die Wahrnehmung und die Erinnerung sind seit Aristoteles die wichtigsten Methoden wissenschaftlicher Gegenstandserkenntnis. Wir reduzieren sie auf ihr Gemeinsames, die Identitätsbildung, als „G“ modelliert.

Beides mal wird in der ideal-geistigen und der ideal-wissenschaftlichen Auffassung der weltanschauliche Eckpunkt des objektiven Geistes zum philosophischen Ausgangspunkt gewählt. Die Natur und die menschliche und gesellschaftliche Subjektivität kommen erst im weiteren Verlauf der Geistesgeschichte hinzu.

Was aber ist der wirkliche Unterschied zur weiteren geistesgeschichtlichen Entwicklung, da sich ja Aristoteles und Platon – und ihre Nachfolger bis heute – auch auf die Natur und den denkenden Menschen beziehen? Die Bewusstseinsphilosophie, seit Descartes, beginnt sich um das zu kümmern, was bislang unwichtig schien: Das ist vor allem die Breite der subjektiven Möglichkeiten in der Erkenntnis und in der Willensbildung. Zur Subjektivität gehört auch der Zweifel an dem, was erkennbar ist. Die Hervorhebung der menschlichen Aktivitäten als philosophisches Zentrum verstehe ich als vor-systematischen Hinweis auf die I-Seite.

In den sich anschließenden philosophischen Auseinandersetzungen, die zur Fundierung der Wissenschaften beitrugen, geht es um Vernunftkritik und Sprachkritik, um die Willensleistungen und um das Verstehen. Sie verweisen auf die N/G- und die I/E-Relationalität.

Die Konstitution „vernünftiger“ Erkenntnisse ist nur möglich, wenn das individuelle Subjekt mit seiner Emotionalität, die Kollektivität mit ihren Diskursen und Zielsetzungen und schließlich der objektive Geist mit seinen logischen, mathematischen Methoden und kategorialen Begriffsbildungen – also auch wieder die vier Eckpunkte – auf irgend eine Weise vereint werden

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Und – wie gesagt – eines meiner Hauptanliegen ist es, über diesen historischen Entwicklungsstand hinaus den Gegensatz zwischen Philosophie und den vier Eckpunkten und damit den Einzelwissenschaften dadurch zu relativieren, dass ich die Grundideen E, I, G, N einführe.

Das begriffliche und methodische Instrumentarium der Wissenschaften ist ohne eine begriffliche Klärung dessen, was Philosophie heute bedeutet, nicht zu verstehen .

Wenn man aber Philosophie mit den Einzelwissenschaften verbinden will, ist man genötigt, solche philosophischen Begriffe wie das „Sein“ ( E ) nicht nur in der Existenz von Erfahrungsdaten allein zu sehen. Die „Wahrheit“ als möglichst getreue Übereinstimmung ( G ) von subjektiver Erkenntnis und Sein muss durch die „Wirklichkeit“ als die praktische Umsetzung von Ideen, durch I und N/G, ergänzt werden.

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