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Eckpunkte

In der Geistesgeschichte hat das alltägliche und das wissenschaftliche Denken sein methodisches und begriffliches Instrumentarium von jeher so gegliedert, wie ich es mit den „Phasen“ einer allgemeinen „Entwicklung“ angedeutet habe. Die philosophiegeschichtliche Entwicklung zeugt darüber hinaus von einer Zusammenfassung aller Phasen in vier „Eckpunkten“ des philosophisch-wissenschaftlichen Denkens. Sie können als „Natur“, „Gesellschaft“, „menschliche Subjektivität“ und „objektiver Geist“ bezeichnet werden.

Für die Antike war die philosophische Kernfrage noch die nach dem Wesen des Seins und dem der Natur. Ohne diese Teilaspekte eines ontologischen Paradigmas – die ich als Vorläufer des objektiven Geistes ansehe – aufzugeben, treten später geschichtlich andere Betonungen in den Vordergrund. So wird in der Neuzeit gemeint, dass Philosophie sich vernünftigerweise mit „dem Menschen“ zu befassen habe; mit seinen Zielsetzungen, Wissens- und Handlungsmöglichkeiten. Und in noch jüngerer Zeit wird die „Gesellschaftlichkeit“ und wiederum die Natur als Grundlage der philosophisch-wissenschaftlichen Erklärungen der Realität akzentuiert

Jeden einzelnen dieser Eckpunkte kann man als spezifischen paradigmatischen Klärungsversuch ansehen. Wenn jedoch versucht wird, die Frage, was „Philosophie“ eigentlich sei, nur mit einem dieser vier Eckpunkte zu beantworten, dann kann man von einem „weltanschaulichen“ Vorgehen sprechen. Mir kommt es darauf an, diese vier philosophischen und wissenschaftlichen Sichtweisen zu vereinen.

Da die einzelwissenschaftliche Theoriebildung vielfach als noch nicht abgeschlossen gelten muss, ist die Zusammenfassung aller Erscheinungs- und Wissensformen in einer einzigen philosophischen Perspektive noch darauf angewiesen, im Wechselspiel mit den Einzelwissenschaften deren arteigene Details zu analysieren, um diese dann zu verallgemeinern.

Eine Auftrennung in weltanschauliche Eckpunkte betrifft auch die „methodische“ Seite .Wie Erkenntnis sich zu formulieren hat, wird weltanschaulich konfrontativ beantwortet. Jedenfalls solange eine verbindende Erkenntnistheorie noch nicht vorliegt; welche die Methoden der „Wahrnehmung“, des „Verstehens“, der „Erinnerung“ und „Erfahrung“, des logischen, mathematischen, des historischen und dialektischen Denkens usw. zu integrieren vermag.

Die vier Eckpunkte lassen sich in unserer allgemeinen Entwicklung voneinander ableiten. Um diesen Weg zu gehen, muss man die einzelwissenschaftlichen Strukturen der vier Eckpunkte untersuchen. Es sind scheinbar erste und unhinterfragbare Erscheinungen; zum Beispiel „das Atom, das Leben, die Monade, die Substanz, Raum und Zeit, die Unendlichkeit, die Endlichkeit, der Gott, die Materie, die Energie, die Gesellschaft, die Logik, das Sein, die menschliche Subjektivität, die Mathematik, die Geschichte, die Stringdynamik, die Sprache, das Nichts, das Ganze“. Diese Strukturen der Einzelwissenschaften und ihre Unterstrukturen, Axiome und axiomatisch vorausgesetzte Grundbegriffe und Methoden sind für mich jene Stellen, deren weitere Zergliederung philosophisch zu leisten ist, um die angestrebte Integration der Eckpunkte, beziehungsweise der Einzelwissenschaften zu erreichen.

Ein erster Ansatzpunkt einer Analyse ist die bekannte Erscheinung, dass fast alle Grundbegriffe der wissenschaftlichen und philosophischen Reflexion, als Paar- und Gegensatzbegriffe auftreten.

Es seien hier einige der historisch wichtigeren Paare genannt. Varianz ( I, N/G) und Invarianz (E,G) , Wissen (E) und Meinen (I/E), Sein (E) und Seiendes (I/E), Sein (E) und Werden (N/G), Idee und Erscheinung, Ewigkeit und Zeit, Geist und Materie, Substanz und Subjekt, Vernunft und Verstand, Theorie und Praxis, gegenständliche und selbstreflexive Einstellung des Menschen zur Welt, etc. Mein Ziel ist es, sowohl die Tatsache dieser formalen Dualität mit ihrer Gegensätzlichkeit wie auch deren Inhalte durch die vier Grundbegriffe E, I, G, N  – wie angedeutet –  zu konstituieren.

Manche dieser Paarbildungen sind komplexer oder gehen ineinander über; sie sind dann als Relationen von Relationen der vier Grundideen E, I, G, N anzusehen.

So versteht sich beispielsweise die philosophische Reflexion der seit Heraklit und Platon maßgeblichen Unterscheidung von „Meinung und Wissen“ bei uns als die Relation von  I/E  zu  E.

Diese Relation kann methodisch umschrieben werden als jene Bewegung, in der sich das Verstehen des einen Begriffs nicht anders als im Verhältnis zum anderen Begriff herstellt. Es wird ein Feld erzeugt, das Differenzen ( N ) und Gemeinsamkeiten ( G ) zugleich enthält.. Mir geht es darum, die wechselseitige Bezogenheit und gleichzeitige dynamische Distanzierung der paarweisen Begriffe – das was man zusammenfassend die dialektische Logik der Begrifflichkeit nennt – weiterhin zu analysieren, sie zu vereinfachen und eine Verbindung zwischen  N/G  und  I/E  herzustellen.

Bevor wir die weltanschaulichen Eckpunkte auf E,I,G,N reduzieren, werden wir auf einzelne von ihnen näher eingehen.

Die eigentlich stabilen Ausgangspunkte allen wissenschaftlichen und alltäglichen Erkennens und Handelns, die vier Eckpunkte „Natur, Gesellschaft, Subjektivität und objektiver Geist“, werden dann als „entfremdete“ anzusehen sein, wenn sie nicht in ihrer Abhängigkeit von anderen Eckpunkten und damit auch in ihrer Veränderbarkeit gesehen werden. Eine Neubestimmung der Ideologiekritik kann von der Vorstellung des „großen.Kreises“ ausgehen, wonach die einzelnen Eckpunkte – und allgemeiner alle Phasen der Entwicklung – sich gegenseitig ständig beeinflussen.

So werden zum Beispiel in dem umfassenden Streit zwischen Hegel und Marx zur geschichtlichen Entwicklung, in welchem Hegel allein die Einflussnahme des „Geistes“ betont und Marx die gesellschaftlichen-ökonomischen und natürlich- technologischen Phasen hervor hebt, die hier zentralen Strukturen von Weltanschauung, von Ideologie und deren möglicher philosophischer Kritik angeschnitten.

Auf welche Weise die beiden philosophischen Forderungen zu erfüllen sind, die Betonung jedes einzelnen Eckpunktes sowie gleichzeitig die Verbindung aller Eckpunkte, das entscheidet der folgende Schritt. Er besteht in der Reduktion aller Eckpunkte auf die I/E-Relation und auf die N/G-Relation.

Ich werde versuchen, diese Eckpunkte – stellvertretend für alle Entwicklungsphasen – als quantitative Abstufungen in der Relation der I zu den E, beziehungsweise in der Relation der N  zu den G , zu unterscheiden. „Natur“ ist demnach die „enge“ Relation der vier Grundideen, die als „E/I/N/G“ modelliert werden kann. Der „objektive Geist“ kann diese vier Grundgrößen radikal voneinander trennen ( E-I-N-G ). Die gesellschaftliche und die individuell-menschliche Subjektivität konstituieren sich selbst dadurch, dass sie die  I  von den E auf methodologische Art mehr und/oder weniger zu trennen vermögen .

Parallel dazu gilt das gleiche Prinzip für die methodische Seite; als äußerst enge N/G-Verbindungen in Naturabläufen und in der völligen Trennung N-G im objektiven Geist sowie der Übergang zwischen beiden Extremen im menschlichen und gesellschaftlichen Denken und Handeln. Die Abläufe, Vorgänge in der Natur, die an das enge I/E-Verhältnis gebunden sind, kann man als enges N/G- Verhältnis darstellen, zum Beispiel gehören die Energiewirkungen dazu Die N-G-Methoden – zum Beispiel die empirische Methode – sind die „idealistischen“ des objektiven Geistes. Die menschliche Subjektivität ist geradezu dadurch konstituiert, dass sie die N-G-Methoden mit den N/G-Methoden relationieren kann.

Es geht nun darum, die vier Grundgrößen E, G, N, I in den Haupteckpunkten , in Natur, den zwei Subjektivitäten und im objektiven Geist nachzuweisen.

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