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Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik bei Wilhelm Ostwald

Da wir von der physikalischen Welt nur Sinnesdaten haben, muss die notwendig werdende Vermittlung
zwischen uns und der Natur mit bedacht werden. Das sieht Wilhelm Ostwald in seiner „Energetik“ richtig.
Und als Kritiker der „mechanistisch-materialistischen“ Naturansicht geht Ostwald noch weiter, wenn er
meint, dass die Energieunterschiede zwischen den Sinnesorganen und der Außenwelt das dabei
Entscheidende seien. Letztlich seien die Energieverhältnisse alles, was man von der konkreten Außenwelt
wahrnehme.

Angesichts des damaligen Standes der physikalischen Erkenntnisse, die mit dem Energiephänomen ein
praktisches und theoretisches Zentrum gefunden hatte, lag eine solche philosophische Hypothesenbildung
nahe. Es ging ihr auch darum, die formale empirische Verbindung zwischen dem wahrnehmenden Auge und
der Dingwelt zu vertiefen.
Heute jedoch stellt sich die Frage, ob Energieerscheinungen – und auch die Erscheinung des
elektromagnetischen Feldes – physikalisch und philosophisch unhinterfragbar bleiben dürfen. Eine
überzeugende Theorie zum Energiephänomen, eine naturphilosophische vor allem, fehlt bis heute.
Die unklare alltagssprachliche Begrifflichkeit, mit der die Energie-Erscheinung bedacht wird, sowie das
Bedürfnis, die Zusammenhänge von Energie mit der Raumzeit und mit den physikalischen Grundkräften, mit
der Quantentheorie usw. zu klären, laden dazu ein, systematisch weiter zu forschen.
Energie wird von Ostwald nicht direkt beschrieben; er nähert sich aber einer umfassenden und
philosophischen Darstellung der Energie-Erscheinungen, wenn er sie als das einzig Wirkliche, nämlich auf
uns „wirkende“ sieht und sie so mit der Struktur der Außenwelt, mit dem Vorgang der Wahrnehmung und
auch mit der menschlichen Reflexionsarbeit verbindet.
Ich meine, für eine moderne Fundierung des physikalischen Grundphänomens „Energie“ ist ein Modell
erforderlich, das allen Erkenntnissen Ostwalds und den sich daraus ergebenden Fragen gerecht wird. Es
sollte dies eine Modellierung sein, die sowohl auf allen Gebieten der Physik Anwendung findet, wie sie
zugleich mit dem, was man als die Sinneswahrnehmung und was man als Begriffsbildung bezeichnet,
verbunden werden kann.
Ein derart umfassendes wissenschaftlich-philosophisches Programm wurde bisher stets nur
begriffstheoretisch und allein in formalisierender Absicht in Angriff genommen; zum Beispiel in der
Hegelschen Systematik, im Logischen Empirismus oder auch in der Sprachphilosophie sowie vor allem in
der Mathematik.
Mit Wilhelm Ostwald geht es mir also darum, die Grenze zwischen den Natur- und Kulturwissenschaften
allgemein und die zwischen der Physik und der Wissenschaftstheorie insbesondere, zu relativieren. Wie auch
bei Ostwald soll bei einer derartigen Erkenntnisarbeit die Naturseite eine gewisse Priorität haben. Wenn es
gelingen sollte, Begrifflichkeit, Sprache und Logik auf spezifische Weise aus den Basisphänomenen der
Physik herzuleiten, dann deshalb, weil die Erste Physik seit damals insgesamt und fundamental neu zu
bewerten ist.
Eine zentrale Frage ist hier, wie man in einem derartigen Modell physikalische mit begrifflichen
Grundgrößen in einigermaßen gleichberechtigter Weise verbinden kann. Ohne dass naturalistische oder
kulturalistische Missverständnisse stören.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Ein derart gefordertes Modellsystem muss sich an Basisstrukturen und an grundlegenden Funktionen der
Ersten Physik und zugleich an den ebenso grundlegenden Erfordernissen wissenschaftstheoretischer
Begriffs- und Methodenbildung orientieren. Es gehört mithin dazu, die physikalischen Grundkräfte, die
Raumzeit, die Quantenphasik und eben auch das Energiephänomen so zu modellieren, dass sie in diesem
Modell mit den emotionalen und rationalen Funktionen, welche beispielsweise die begriffliche Erfassung des
Energiephänomens begleiten, vereint werden können. Für beide Seiten ist eine gemeinsame abstrakte Basis
zu finden.
Die verbindende Funktion, welche Ostwald der Energie zuschreibt, der Übergang zwischen dem Sinnesorgan
und dem Wahrgenommenen ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn das Wahrgenommene der Außenwelt
und die Struktur der Sinnesorgane sowie die beide verbindende Relation auf ein und dieselbe physikalischphilosophische
Grundlage zurückgeführt werden können. Ohne diesen Umweg einer umfassenden Analyse
und Einpassung der Energie-Vorstellung in eine philosophische Systematisierung von physikalischen,
biologischen und emotional-rationalen Strukturen und Funktionen ist eine Antwort auf jene überkommenen
und offenen Fragen kaum möglich. Diesen Umweg konzipiere ich unter den Stichwort einer „allgemeinen
Entwicklung“.
Es ist das alte Problem der Trennung und der Verbindung zwischen Geist und Materie, das in Ostwalds
„vorläufigem Ansatz“ angesprochen wird. Mein Entwicklungsansatz stützt sich auf quantentheoretische
Erkenntnisse, bei denen bekanntlich begrifflich und methodisch sowohl zugleich die Trennung als auch der
Zusammenhang gelten müssen. Jede Erscheinung der Ersten Physik, letztlich alle physikalischen Inhalte
werden wesentlich von dem dualen Denkmodell der Quantenphysik geprägt. Das betrifft beispielsweise auch
die Kräfte der starken, gravitativen und der elektro-schwachen Wechselwirkung und eben auch die Energie.
Das entscheidend Neue ist das Eingeständnis, dass auch die physikalische Welt und deren philosophische
Erfassung systematisch beschreibbar zusammenhängen und zugleich als je „Andere“ radikal voneinander
getrennt sind.
Eine derartige Widersprüchlichkeit – dass Materie und Geist zugleich getrennt wie auch zusammenhängend
sind – kann in der herkömmlichen mechanistischen Begriffsbildung nicht verstanden werden.
Es geht im Folgenden um eine Vertiefung des vereinfachenden Bildes von der Welle-Teilchen-Dualität. Dazu
werden die beiden Quanten-Phasen in ihrer Begriffsbildung analysiert und problematisiert. Unter allen
begrifflichen Dualitäten ist es vor allem die von “Sein” und “Nichtsein”, welche mit der Quantentheorie zu
verbinden ist. Das Nichtsein der einen Phase heißt, dass sie weder räumlich noch zeitlich sein kann.. Die
andere Quantenphase ist die des endlichen Seins, des Begrenzten und der Raumzeit. Wie im Begrifflichen
für das Sein und das Nichtsein, gilt zum Beispiel auch für beide Quantenphasen, dass sie „gleichzeitig“
gelten sollen.
Diese wissenschaftlich und philosophisch neue und ungewohnte Situation versuche ich in einem Modell
darzustellen. Die zu modellierenden Basisgrößen sollen die Eigenschaften haben, einerseits Ausdruck jener
Theorien zu sein, welche die Quantensituation beschreiben. Auf der anderen Seite sollen sie herkömmliche
Basisbegriffe philosophischer Reflexion vertreten und diese weiter entwickeln.
Die Einheit der Hegelschen Verbindung von Sein und Nichtsein mit der quantenmechanischen Dualität von
Ding- und Feldvorstellung zu leisten, gelingt wohl nur, wenn diesen Basisbegriffen neben ihrer radikal
abstrakten begrifflichen Seite als Sein und Nichtsein eine inhaltliche Seite zugesprochen wird.
Ich behaupte nun, das Zentrum der gesuchten grundlegenden physikalischen „Inhaltlichkeit“ bilden zwei
gerichtete Grundkräfte. Diese physikalischen Kräfte modelliere ich als “Sw” und “Sz”. Und ihre
Richtungen werden als die Zielfunktionen “Rw” und “Rz” benannt. Je zwei werden in ihrer engen
Wechselbeziehung in den Modellgrößen z und w vereint. Wichtig ist an dieser Stelle nicht die Nomenklatur,
sondern dass damit eine prinzipiell erweiterte Basis von physikalischer Inhaltlichkeit eingeführt wird, da
dem formalen Sein und dem Nichtsein noch die Kraft- und Richtungsfunktion hinzu gefügt wird und
außerdem dadurch, dass dies erste Sein als duales Sein erscheint.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Die These ist, dass mit solch einem Modell alle weiteren – oben angesprochenen – Phänomene erklärt werden
können.
Die S-Kräfte und R-Richtungen haben dann in der Quantenphase, welcher das vorräumliche und
vorzeitliche “Nichtseiende” zuzuordnen ist, eine neue Art der „Existenz“. Sie stellt genau das dar, was von
Hegel als notwendig zu denkende Einheit von Sein und Nichtsein gefordert wird. Eine solche Position muss
mit den Erscheinungen der “Unendlichkeit” verbunden werden. Diese Vorstellung von Unendlichkeit zeigt
sich bei der Richtungsart Rw als eine grenzenlose Zielgerichtetheit und ein Relationieren in die unendliche
„Weite“. Bei den Rz ist die Zielrichtung im Gegensatz dazu die unendlich asymptotische Gerichtetheit als
Annäherung an ein Objekt, an z und w.
Die andere ursprüngliche Phase, die der Endlichkeit, erhält ihre Eigenart durch die Relation dieser beiden
gerichteten Kräfte zueinander. Endlichkeit kommt dadurch zustande, dass die beiden Arten der Unendlichkeit
einander dadurch „neutralisieren“. Es eliminieren sich die beiden entgegen gerichteten Unendlichkeiten
gegenseitig. Die so begrenzte Endlichkeit hat dann auch eine neue Art der Kraftkonstellation, die aus der
Relation der beiden Grundkräfte abzuleiten ist.
In der ersten Quantenphase ist die Trennung, die Isoliertheit der z von den w von prinzipieller Wichtigkeit.
In der anderen, der endlichen Quantenphase dagegen gilt der enge Wechselwirkungsprozess zwischen den z
und den w als wesentlich.
In der ersteren Quantenphase werden auch die Kräfte (Sz, Rz) von den Richtungsarten (Sw, Rw) strikt
getrennt, in der anderen Phase werden sie empirisch ununterscheidbar aufeinander bezogen.
Diese Dualität, dass der Kraft-Aspekt vom Richtungs-Aspekt sowohl getrennt werden kann, wie beide auch –
in der anderen Quantenphase – als untrennbar gelten müssen, ist für die weitere Entwicklung prägend. Sie
führt von der ursprünglichen Ebene, auf der die z und w je ihren Kraft- und Richtungsaspekt haben, zu den
zwei Quantenphasen, die als die der Wellen- und Ding-Darstellung bekannt sind. Die Wellen-Quantenphase
ist eine Ausdifferenzierung der ursprünglicheren Sz-Kraft zum Gravitationsfeld und zum Gluonenfeld und
Sw wird zum Feld des Elektromagnetismus und der Schwachen Wechselwirkung. Mit diesen Schilderungen
bereite ich eine Modellierung des Energiephänomens vor.
Die stillschweigend bis hier erst einmal vorausgesetzte Begrifflichkeit – zum Beispiel als Sein, Nichts,
Relation – soll auf dem Weg der weiteren allgemeinen Entwicklung ebenfalls entstehen. Auf diesem Weg
werden in einem außerordentlich komplizierten, aber nachvollziehbaren Prozess aus den physikalischen
Grundstrukturen am Ende die formalen begrifflichen Strukturen. So kann zum Beispiel die strikte Trennung
des methodischen „Identifizierens“(G) vom „Negieren“ (N) , wie es die klassische Logik und die Empirik
vorschreibt, sowie die dialektische und die hermeneutische Methodik, welche die Identität und die
Nichtidentität eng aufeinander beziehen (N/G), auf dem Wege der Entwicklung aus der geschilderten
Struktur der zwei Quantenphasen abgeleitet werden.
Ohne das hier zu belegen, behaupte ich, aus dem anfänglichen z,w-Ansatz kann die begrifflich-methodische
Seite durch die Entwicklung der beiden Basisrichtungen Rz und Rw abgeleitet werden. Sie erscheinen als
Negations- und Identifikatiosmethoden. Und aus den Sz und Sw wird die begrifflich-inhaltliche Seite des
Denkens entwickelt; schließlich wird aus Sw und Sz das „Sein“ (hier: E) und aus Rw und Rz die
Zielfunktion (hier: I). Am Ende der allgemeinen Entwicklung erscheint dies begriffliche Verhältnis von Sein
und Ziel in den beiden grundlegenden zweifachen Relationen, in der Position der begrifflichen Trennung und
in der der engen Verbundenheit des Seins – und auch des Seienden – mit der Zielfunktion. Ich gehe davon
aus, dass jede Denkarbeit durch diese inhaltliche Dualität und durch die der Methodik fundierbar ist.
Die Strukturen und Funktionen der Physik, zum Beispiel die Energieerscheinungen, werden von der
begrifflichen Seite her erklärbar. Und diese wird von mir wiederum aus der Physik abgeleitet. Alle
physikalischen Erscheinungen werden zugleich aber auch direkt aus der Ersten Physik, der Quantentheorie
speziell, ableitbar. Sie können als mehrfache Relationen und Kombinationen der Anfangselemente z und w
dargestellt werden.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Beispielsweise wird das Energiequant als zweifache Relationsart verstehbar, als Mehrfaches der zwei
unterscheidbaren anfänglichen Kräfte- und Richtungsarten: z-z-z/w-w-w. Die postulierten Eigenschaften der
S- und R-Seite lassen die formalen und inhaltlichen Energie-Eigenschaften wiedergeben und alle sich aus der
Ostwaldschen Hypothetik ergebenden Fragen beantworten. Im Detail ist diese Darstellung nicht
unkompliziert, dennoch sei in aller Kürze auf das philosophische Modell eingegangen. Die zwei S-Seiten
sind die Kraftaspekte der Energie. Ihre Wechselbeziehung und die der zwei R-Aspekte stehen für die
Dynamik der Energie. Der S-Aspekt ist das inhaltlich Wirkende. Die geometrisch-topologischen
Sachverhalte, wie die Raumzeitlichkeit der Energiedynamik, können durch den R-Aspekt dargestellt
werden. Auf Grund ihrer Gegensätzlichkeit halten sich alle vier Aspekte in einem relativen Gleichgewicht,
dem Wirkungsquantum. Diese mehrfache symmetrische Gleichgewichtigkeit und die dynamische Wirkung
nach außen entsprechen der zentralen Stellung des Energiebegriffs in der Physik Die Dynamik der Energie
nach außen erhält das Wirkungsquantum durch Sw und Rw, der Richtung „in die Weite“. Die Erhöhung
des energetischen Niveaus bedeutet, dass zusätzlich weitere w je Raumeinheit hinzutreten. Was eine
Erhöhung der abweisenden Dynamik bewirkt. Die innere Stabilität und relative Abgrenzung nach außen
erhält das Energie-Quant durch Sz und Rz.
Wie kann man nun die Annahme Ostwalds verstehen, dass die Energie, „die allgemeinste Substanz“ und „das
Vorhandene in Zeit und Raum“ sei? Oder diejenige, dass „der Energiebegriff der gereinigte und verbesserte
Begriff der Materie“ ist?
Die z, w – Systematik integriert die – heute bekannte – Einheit von Energie und Materie, wenn durch Sz-
Sz als Basis der Starken Wechselbeziehung allgemein und der Quarks und Gluonen speziell und durch Sw-
Sw als Basis der elektro-schwachen Kraft, und damit insbesondere der Elektronen das Modell w-w-w/z-z-z
als ein gemeinsames Modell für Materie und Energie gebildet werden kann. Die Materieeigenschaft von
Energie kann als die Sz-Sz-Betonung in dem Modell verstanden werden. Wobei zugleich deren R-Aspekt,
Rz-Rz-Rz/Rw-Rw-Rw die Raumzeit darstellt und damit Energie mit der Grundlage von raumzeitlicher
Endlichkeit überhaupt verbindet.
Es sind das die einfachsten Grundmodelle dessen, was als endliche Quantenphase gelten kann; es ist daher
das, was Ostwald als „allgemeinste Substanz“ bezeichnet.
Sobald eine physikalische Erscheinung mehrere z und w hat, kann ihr die Energie-Eigenschaft zugeschrieben
werden. Unabhängig davon wirken weitere Relationen dieser z, w in ihren S- und R-Aspekten außerdem als
andere physikalische Strukturen und Funktionen, denen einfache oder beliebig komplexe kombinierbare
Modelle zugeschrieben werden können. Ich beschreibe die physikalischen Einzelstrukturen, wie zum
Beispiel die Elektronen und Quarks, an anderer Stelle ausführlicher.
Wenn Ostwald meint, Energieverhältnisse seien alles, was wir von der Außenwelt wahrnehmen, dann
stellen eben die w-w aus dem Energiemodell diese Verbindung zwischen Wahrgenommenem und Auge her.
In meinem Modell hat das elektromagnetische Feld, das den gleichen Übergang von der Außenwelt zum
wahrnehmenden Organ herstellt, die einfache w-w-Konstellation.
Eine weitere für die Ostwaldsche Theorie wichtige physikalische Erscheinung sei hier berührt. Die Zunahme
der Entropie kann als Rw-Wirkung angesehen werden. Die typische „gleichverteilende“ Bewegung in die
„Weite“, bei der sich die Sw-Seite durch diese Bewegung abschwächt, fällt mit dem Rw-Prinzip
zusammen. Die drei physikalischen Erscheinungen Energie, Elektromagnetismus und Entropie werden in
Ostwalds Argumentation genutzt. Ich zeige hier ihren möglichen Zusammenhang.
Die weitergehende Frage ist zunächst, wie kann aus der ersten Physik die Ebene der subjektiven emotionalen
und rationalen Aktivitäten entstehen. Ostwald meinte, den gesuchten Übergang hergestellt zu haben durch
die Annahme einer energetischen Beschaffenheit der Bewusstseinsvorgänge, die diese Beschaffenheit allen
äußeren Erfahrungen aufprägt. Was von Ostwald angedeutet und physikalisch betont wird, muss jedoch als
spezieller Teil der Entwicklung in eine allgemeine Systematik integrierbar sein. Speziell als Übergang von
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
den physikalischen Kräften im Gehirnorgan zu den Strukturen und Funktionen der Begrifflichkeit.
Die Verbindung der Entwicklungsphasen der Physik mit dem menschlichen Erkenntnisvermögen wird durch
die notwendige Einbeziehung der Biologie, nämlich der Gehirnfunktionen, nicht leichter.
Jetzt kommt es darauf an, die physikalische Erklärung so zu gestalten, dass kein Bruch zu einer
philosophisch einheitlichen Systematik entsteht, welche die Energie, ihre Wahrnehmung und ihre
Verbegrifflichung zugleich umfasst. Von Ostwald wird eine begrenzte wissenschaftliche Begrifflichkeit und
Methodik verwendet Auch hier gehe ich über den Reflexionsstand der damaligen Naturwissenschaften und
der Naturphilosophie hinaus. Die mechanistischen Begriffe und Methoden müssen heute sinnvoll ergänzt
werden.
Eine moderne philosophische Systematisierung, die die allgemeinen Formen des Erkennens mit den heutigen
Grundlagen der Einzelwissenschaft Physik auf eine neue Art verbinden kann, muss weitergehende
methodische und begriffliche Grundideen haben. Über den Gedanken der Identitätsbildung (G) und des
Seins (E) und den traditionell dazu ergänzenden Gedanken des „Werdens“, als Dialektik (N/G) am
abstraktesten und weitreichensten gefasst, sollte deshalb hinaus gegangen werden. Die neuen und
ergänzenden von mir konzipierten begrifflichen Grundgrößen sind die Zielsetzung (I) sowie das Verhältnis I/
E zwischen Identität (E) und der Zielfunktion. Dazu kommt die Analyse der Relationen, die E und I
verbinden. Es sind die beiden Methodenarten G und N/G, die jetzt zusätzlich aufeinander bezogen werden.
In der Anwendung auf die Einzelwissenschaften kann man den Seinsbegriff und den des Werdens
unumstritten anwenden. Das sollte aber nun auch für den Begriff der Zielfunktion gelten. Ob als subjektiver
Wille und Interesse in den Kulturwissenschaften, als Ziel der Selbsterhaltung im biologischen Bereich oder
als raumzeitliche Richtung in der mechanischen Physik und Geometrie – stets hat I parallel zur
Seinskategorie eine wichtige Funktion. Und auch in der Ersten Physik kann die objektive Zielfunktion zur
Erkenntnis beitragen, vor allem als die Gerichtetheit Rz und Rw der Basiskräfte. Von den Zielfunktionen,
die in der Ersten Physik zu postulieren sind, werden jene in den anderen Bereichen – vor allem eben im
Begrifflichen – mit bestimmt.
Zusammenfassend gilt also, dass Erscheinungen der Physik wie hier die „Energie“ immer von zwei Seiten zu
erfassen sind, der Ersten Physik und der abstrakten Begrifflichkeit. Und beide Arten der Erkenntnis sind
miteinander verbunden.
Aus der Ersten Physik, aus den getrennten z und w der einen Phase und den eng aufeinander bezogenen z
und w in der anderen Phase lässt sich ableiten, dass im abstrakt Begrifflichen die zwei Methodenarten – für
die zum Beispiel die empirische (G und N) und die hermeneutische und dialektische (N/G) stehen –
ebenfalls getrennt sind und gleichfalls aufeinander bezogen wirken können. Und weiterhin bedeutet es, dass
sich diese Argumentation auf die inhaltliche Seite der Begriffe ausweiten lässt. Eine allgemeine
Richtungsvorstellung (I) hat ihre Ursache in den zwei R-Aspekten. Und die Identitätsgrößen des Seienden
(E) sind von den S-Aspekten herleitbar. Wenn jeweils beides konfrontiert, beziehungsweise getrennt wird,
dann stützt sich das auf die geschilderten formalen Eigenschaften der zwei Quantenphasen.
Die Erweiterung des traditionellen Materialismus besteht darin, dass die Zielfunktion I und die
Wechselbeziehung zwischen der Zielfunktion und der Identitätsbildung (E), wie auch die Relation der
Methodenarten, „N-G zu N/G“, sowohl aus der Ersten Physik ableitbar ist wie andererseits und zugleich die
Physik – die Energie beispielsweise – nur durch diese Methodenrelation und die abstrakte I/E-Begrifflichkeit
erklärbar wird. Und auch die quantenphysikalische Situation der Ersten Physik wird durch die
Relationierung der vier Grundgrößen E, G, N, I begrifflich hinreichend modellierbar.
Kurz sei die Verbindung der beiden Erkenntnisarten durch die allgemeine Entwicklung angedeutet. Es ist die
Erkenntnis, welche von den quantenphysikalischen Anfängen her argumentiert und jene, die von der
abstrakten Begrifflichkeit her erklärt. In der allgemeinen Entwicklung werden die E und I dadurch erzeugt,
dass die Sz- Kräfte abnehmen, die Sz von den Sw und beide von ihren R-Aspekten getrennt werden, frei
gestellt werden. Schließlich wird erst dadurch die mögliche Trennung der E von den I und der G von den N
bewirkt. Wegen dieser formalen Befreiung aus Relationen vervielfacht sich das E als Sein zur Vielfalt der
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
seienden Dingwelt. Wie die ebenfalls dadurch frei gewordene R-Seite als I die Chance der unbegrenzten
Vervielfachung hat. Genauso wird dadurch die Relationierung-Funktion, die zwischen den S und den R
besteht, frei gesetzt. Sie wird zunächst zu den materiellen Übergängen – zum Beispiel zwischen den
Entwicklungsphasen der Anorganik und der Organik. Schließlich werden die Relationen zu den Abstrakta G
und N, das heißt, zu allen methodischen Identifikationsverfahren sowie der Negation.
Wenn Ostwald betont, dass nicht der Geist der Natur die Gesetze vorschreibe, wie Kant annahm, sondern
dass umgekehrt der Geist sich nach den Naturgesetzen forme und nur solche Kategorien enthalte, die sich
mit diesen vereinbarten, dann ist mein Vorschlag eine Antwort auf die Frage, wie man diesen Geist erfassen
kann, um die Verbindung zur Natur glaubhaft zu machen. Der Sinn dieses Unterfangens liegt im Versuch
einer Strukturierung der Begriffs- und Methodenseite, welche mit der Struktur der Ersten Physik kompatibel
ist. Das geht nur, wenn das Verhältnis zwischen Natur und Geist als ein wechselseitiges dargestellt wird. Die
Notwendigkeit, das zu wagen, besteht seit den prinzipiellen physikalischen Neuerungen des vergangenen
Jahrhunderts.
Wenn sich Ostwald gegen die Zweifel Kants an der Erkennbarkeit der Welt wendet, dann geht das in
Ansätzen bereits über die Konfrontation von mechanischem Materialismus und philosophischem Idealismus
hinaus. Sein Einbezug der einzelwissenschaftlichen physikalischen Erkenntnisse im Umkreis des
Energiephänomens wird von mir ausgeweitet, indem die Quantentheorie einbezogen wird. Wenn dadurch
deutlicher wird, wie „Energie“ mit der quantentheoretischen Basis verbunden werden kann, dann steht
Ostwald einem die Natur und den Geist auf moderne Weise umfassenden philosophischen Projekt nicht fern.
Ostwalds gesellschaftstheoretische Auffassungen ließen sich kaum gegen die naturtheoretische der
mechanizistischen Denkweise durchsetzen. Auch Naturalisierungen wie die Biologisierung der
gesellschaftlichen Verhältnisse als Teil jener Versuche, Naturphilosophie unmittelbar auf die Gesellschaft zu
übertragen, ohne die Besonderheiten dieser Bereiche zu bedenken, können nicht gelingen. Tatsächlich war es
jedoch in jener Lage – die gekennzeichnet war von den Umwälzungen durch die neue Physik – an der Zeit,
eine Verbindung zwischen dem mechanischen Materialismus und dem Kulturalismus herzustellen und beide
mit der neuen Physik zu verbinden. Vor allem die Quantentheorie hat dafür Anregungen geliefert, indem sie
neue philosophische Möglichkeiten aufzeigte. Letztlich für das, was Ostwald „Wissenschaft der
Wissenschaften“ nannte.
Ostwalds Versuch einer „energetischen Grundlegung der Kulturwissenschaft“ unter Anwendung der
physikalischen Energiegesetze kann nur erfolgreich sein, wenn dem ersten Schritt Ostwalds, dem
“Urphänomen allen Geschehens“, der Energieumwandlung, ein weiterer Schritt folgen würde, bei dem
sowohl diese physikalischen Erscheinungen wie die dabei verwendete Begrifflichkeit weiterhin
verallgemeinert worden wären. Was aber eben nur gelingt, wenn das Phänomen „Energie“ auf eine Basis
zurück geführt würde, die zugleich eine physikalische und eine philosophische ist und die nur so
Ausgangspunkt für gesellschafts-und kulturtheoretische Überlegungen sein kann.
Ostwalds Grundüberlegung ist, dass die Entwicklung „ein Kampf um freie Energie“ ist. Es ist ein Versuch,
von der Anorganik über die organischen Strukturen und Funktionen zur „allgemeinsten und höchsten
Synthese menschlicher Geistbetätigung“ eine allgemeine und physikalische Ursache zu finden und deren
Physikalität in philosophischer Weise einzusetzen. Der Anspruch, nicht nur alle materiellen Bereiche,
sondern auch Kultur, Sprache, Staat, Recht und deren Wissenschaften einheitlich erklären zu können, ist
wahrlich einer, der in der Tradition der Philosophie steht.
Ob eine solche Hoffnung generell einlösbar ist, lässt sich vielleicht dann besser beantworten, wenn das
Ostwaldsche „Gesetz der Verbesserung des Güteverhältnisses“ von freier Nutzenergie und begrenzter
Rohenergie genauer bestimmt wird:
Setzt man an die Stelle von „Energie“ das z-z-z/w-w-w-Verhältnis, dann kann man die „allgemeine
Entwicklung“ in ihren Phasen Anorganik, Organik und menschliche Vergeistigung und Vergesellschaftung
präziser erfassen. Die allgemeine Entwicklung des z,w-Projekts stellt eine Hierarchie der Wissenschaften
her, deren unterster Bereich der der mechanischen, elektrischen und chemischen Energietransformationen ist.
Wilhelm Bauer – Zum Verhältnis von Erkenntnis und Physik
Deren entwickelteren Bereiche die der energetischen Phänomene der organischen Strukturen und des
Stoffwechsels der Pflanzen- und Tierwelt sind. Und deren Abschluss der Übergang von den biologischphysikalischen,
energetischen Gehirnfunktionen zu den Strukturen und Funktionen des Geistigen ist.
Dabei kommt es vor allem auf den Übergang von der Physik zur Biologie und von dieser zur Begrifflichkeit
an. Mit Hilfe der Sw-Kräfte, die sowohl im Energie-Modell wie im Modell für die Elektrodynamik stecken,
sowie der Rz und Rw in beiden philosophischen Modellen, kann die „qualitative“ Differenz von Anorganik
und Lebensfunktionen erarbeitet und bestimmt werden.
Das sei an dem hier wichtigeren Übergang, der sich im Gehirnorgan abspielt, gezeigt. Es wird dies von
Ostwald als „Energieorganisation“ beschrieben, unter Beachtung des Zweiten Hauptsatzes der
Thermodynamik. Es ginge darum, die Abnahme der Energie, also die Zunahme der Entropie, zu verzögern
und diese zum Aufbau kultureller und idealer Tätigkeiten zu verwenden.
Ich verbinde die Entropie durch die Sw und Rw mit dem Energiemodell.Die Entropie-Zunahme ist dann jene
Sw-Erfüllung, die auch als Sw-Abschwächung und daher als Rw-Verselbständigung interpretiert werden
kann. Beides kennzeichnet einerseits die physikalischen Vorgänge im Gehirnorgan und zugleich sind die Sw
und die Rw die Basis für die Entwicklung der Begrifflichkeit. Aus den Sw-Kräften wird E; aus der Rw-
Richtung wird I. Und aus beider Relation werden die N, G, N/G-Modelle für die Methodik. Was hier nicht
viel mehr als Behauptung bleiben muss, wird an anderer Stelle im Einzelnen behandelt.
Zur Inhaltlichkeit, dem Qualia-Problem der Gehirnfunktion, soll folgendes auch nur angedeutet werden: Die
Darstellung der Zusammenhänge im Gehirnorgan muss von den typischen biologischen Abläufen ausgehen.
Diese bestehen hauptsächlich darin, in sehr vielen Netzen und Ebenen die aufeinander bezogenen S-und RFunktionen
in E/I und N/G umzuwandeln. Das geht deshalb, weil die Phasen – also zum Beispiel die
Dingwelt und deren Begrifflichkeit – über die S- und R-Aspekte verbindbar sind. Eben eine solche
Verbindung hatte auch Ostwald mit Hilfe des Energie-Phänomens hergestellt. Aber das entscheidend Neue ist
die eigentliche „Entwicklung“ mit ihren prinzipiell unendlich vielen und unendlich kleinen Schritten.
Die„qualitativen“ Veränderungen bei diesen Übergängen sind für die wissenschaftstheoretischen
Überlegungen heute ein zentrales Problem.
Man kann dazu das vorgestellte Denkmodell nutzen, das von den Funktionen der Quantenphysik ausgeht und
die physikalischen Grundkräfte damit kombiniert. Zugleich aber wird diese Relation philosophisch gestaltet,
wenn die wichtigsten Grundbegriffe des Denkens durch die Entwicklung eng damit verbunden werden. Das
sind – wie gesagt – die Begriffe des Seins, der Unendlichkeit, des Werdens, des Nichts, und des Ziels sowie
ihre komplizierten Relationen. Jede physikalische Erscheinung – wie die Energie zum Beispiel – kann mit
Hilfe dieser grundlegenden Begriffe analysiert werden.
Die Entwicklung besteht nun weiterhin in der schrittweisen Eliminierung der physikalischen Seite dieser
beiden Größen. Das heißt, die Sz und Sw erfüllen ihre Aufgabe und beseitigen sich dank ihres Wirkens
tendenziell selbst. Und zwar in diesen unendlich asymptotischen Schritten. Diese Übergänge sind mit den
Schwierigkeiten der Unendlichkeitsproblematik verbunden und entsprechend zu behandeln. Es entstehen
also phasenweise neue Gebilde, die durch Sz und Sw gestaltet sind, und zwar so, dass die physikalischen
Kraftfunktionen abnehmen und an ihre Stelle Schritt für Schritt biologische, emotionale und begriffliche
Strukturen und Funktionen treten. Grundzüge dieser Gestaltung bestehen zum Beispiel in der Übernahme der
Dualitäten. Die formale Erscheinung der Dualität zeigt sich in allen Phasen der Entwicklung. Am Ende der
Entwicklung strukturiert sie Begrifflichkeit inhaltlich und Methodik formal.
Die wahrgenommene Welt, das Hirnorgan, die Wahrnehmungsvorgänge, die Begrifflichkeit und auch die
einzelnen Begriffe sind Phasen der allgemeinen Entwicklung. Diese allgemeine naturhistorische
Entwicklung wird als Gehirnfunktion zeitlich verkürzt und konkretisiert. Philosophisch beschrieben, besteht
diese Entwicklung in der Umwandlung der zwei quantenphysikalischen Grundfunktionen, der S-Aspekte
und der R-Aspekte in die gleichen Funktionen, welche die Begrifflichkeit in ihrer formalsten Abstraktion
hat.

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